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The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

Titel: The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume
Autoren: O'Brien Caragh
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1 Das Ödland
    Sie packte den Griff ihres Messers fester und taumelte zurück ins Dunkel. Jenseits des Feuers lag das nächtliche Ödland so still, als würden selbst der Wind und die Steine innehalten und in die Nacht hinaus lauschen. Da war es wieder – ein leises Knirschen wie von Schritten auf Kies. Jemand oder etwas dort draußen beobachtete sie.
    Gaia drehte das Messer in der Hand und spähte dorthin, wo der Feuerschein auf die Felsen und die knorrigen, windschiefen Bäume der Schlucht fiel. Ohne den Blick abzuwenden, tastete sie mit der Hand nach dem Baby, das sicher in der Schlinge um ihre Brust lag, warm und kaum schwerer als ein Brotlaib. Sie hatte sein Fläschchen abseits des Feuers auf einem Felsvorsprung gelassen und hoffte, wer immer sie beobachtete, würde das Fläschchen nicht antasten.
    Abermals hörte sie das Knirschen und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die andere Seite des Feuers. Ein Kopf erschien am Rand des Feuerscheins und schaute sie an. Es war ein großer Tierkopf – wie von einer Kuh, aber länglicher. Ein Pferd? , dachte sie überrascht, denn sie hatte immer gedacht, diese Tiere wären ausgestorben. Sie schaute, ob es einen Reiter trug, doch da war keiner.
    Unvorsichtigerweise senkte sie das Messer. In diesem Moment schloss sich eine kräftige Hand um ihr Handgelenk und eine zweite um ihre Kehle.
    »Fallen lassen«, sagte eine leise Stimme von hinten in ihr rechtes Ohr.
    Schweiß rann ihr über den Körper, doch sie hielt das Messer unbeirrt fest. Der Druck der Hand blieb derselbe, nahm weder ab noch zu und kündete von der Zuversicht ihres Besitzers, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Gaia ihm gehorchen würde. So gekonnt, wie er sich angeschlichen hatte, blieb ihr kaum eine Chance zur Gegenwehr. Sie konnte das Pochen ihres Pulses unter dem bedrohlichen Druck seines Daumens am Hals spüren.
    »Tu mir nichts«, sagte sie und erkannte im selben Moment, dass er sie längst hätte umbringen können, wenn das seine Absicht wäre. Einen Sekundenbruchteil lang erwog sie, sich mit einem Tritt von ihm loszureißen, doch dabei könnte sie vielleicht das Baby verletzen. Das durfte sie nicht riskieren.
    »Lass einfach das Messer fallen«, sagte er. »Dann können wir uns unterhalten.«
    Mit einem Gefühl der Verzweiflung ließ sie das Messer fallen.
    »Trägst du sonst noch irgendwelche Waffen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Keine hastigen Bewegungen«, sagte er und gab sie frei.
    Einen Moment war ihr schwindlig von all dem Adrenalin, das noch durch ihre Adern strömte. Er hob das Messer auf und machte einen Schritt zum Feuer hin. Er war breitschultrig und trug einen Bart, und seine Kleidung und sein Hut waren genauso abgewetzt und staubig wie das Ödland.
    »Komm näher, dass ich dich besser sehen kann«, sagte er und streckte die Hand aus. »Wo ist der Rest deiner Gruppe?«
    »Wir sind ganz allein«, sagte sie.
    Gaia trat ans Feuer. Jetzt, da mit der ersten Angst auch ihre letzte Kraft verflogen war, bezweifelte sie, dass sie sich noch lange auf den Beinen würde halten können. Sie war sich vollkommen dessen bewusst, dass ihr kümmerliches Lager ihre Verfassung nur zu deutlich verriet: abgezehrt bis an die Grenzen nackten Überlebens. Er nahm das Babyfläschchen in die Hand. Sein Blick fiel auf die Schlinge vor ihrer Brust und die Hand, die sie schützend davorhielt. Offenkundig überrascht schob er sich mit dem Daumen den Hut hoch.
    »Du hast ein Kind?«
    Gaia stützte sich mit einer Hand am nächsten kahlen Baumstamm ab. »Du hast kein Milchpulver bei dir, nehme ich an?«
    »Normalerweise brauche ich keins, bedaure. Was ist da drin?« Sachte schüttelte er das Fläschchen und hielt es ans Feuer, sodass die helle Flüssigkeit darin golden strahlte.
    »Kaninchenbrühe. Aber sie trinkt nicht mehr. Sie ist schon zu schwach.«
    »Ein Mädchen auch noch! Lass mich mal sehen.«
    Sie hielt die Schlinge so, dass er das schlafende Kind sehen konnte, und vergewisserte sich – wie bestimmt schon tausendmal, seit sie die Enklave verlassen hatte –, dass ihre kleine Schwester noch atmete. Feuerschein tanzte auf dem winzigen, erschöpften Gesicht und verlieh ihm kurz Farbe. Eine zarte Vene spannte sich über Mayas rechte Schläfe, und die kleine Brust hob sich, um Atem zu schöpfen.
    Der Mann streckte einen Finger nach dem Baby aus, hob ein Augenlid an und ließ es wieder sinken.
    Dann stieß er einen lauten Pfiff aus, und das Pferd kam heran. »Dann los, Mylady«, sagte er zu Gaia und hob sie
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