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... Wie Gespenster in der Nacht

... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht
Autoren: Emilie Richards
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hielt sich eng neben ihm, so als wäre sie froh um seine reine maskuline Präsenz, und saugte jedes Detail des Flughafens in sich ein.
    „Das ist es.“ Er ließ ihren Ellbogen los und zog die Tür auf. „Hier drinnen ist es ruhig und gemütlich. Du isst einen Happen und ruhst dich ein wenig aus, bevor wir zurückfahren.“
    In der Nähe der Tür stand ein freier Tisch, den Andrew wählte. So konnte Fiona durch die Glasscheibe das vorbeiziehende Geschehen mitverfolgen. Sie setzte sich mit einem inbrünstigen Seufzer, so als hätte sie auf dem Stuhl ihr festes Zuhause gefunden. Ihre Augen blickten dankbar drein, doch die Lippen hielt sie zu einer angestrengten schmalen Linie zusammengepresst. Zum ersten Mal ahnte Andrew, welche Kraft die Entscheidung, nach Schottland zurückzukehren, ihr abverlangt hatte.
    „Wenn du erst etwas im Magen hast, kannst du dich der Welt stellen.“ Er winkte der grauhaarigen Frau mit der weißen Schürze zu, die vorn an den Tresen gelehnt stand. Nachdem sie sich erst Millimeter um Millimeter aufgerichtet hatte, schlurfte sie auf den Tisch mit den neuen Gästen zu. Service wurde hier offensichtlich nicht besonders großgeschrieben. Andrew fragte sich, wie viele Flüge wohl verpasst worden waren, weil jemand hier auf eine Tasse Kaffee gewartet hatte. „Weißt du schon, was du möchtest? Sieht aus, als hättest du genügend Zeit, um dich zu entscheiden.“
    „Eine Suppe, wenn sie so etwas hier anbieten.“
    Sie einigten sich auf Rindfleischsuppe mit Graupen und bestellten eine große Kanne Tee dazu. Andrew plante ernsthaft, mindestens sechs Stücke Zucker in Fionas Tasse zu schmuggeln. Am liebsten hätte er auch noch einen kräftigen Schuss Whisky hinzugefügt.
    Fiona sprach erst, als die Bedienung wieder davongeschlurft war. „Weißt du eigentlich, dass deine Hand blutet?“
    Er sah hinunter auf seine Hände. Sie brannten, er konnte den Puls pochen fühlen, aber das war kein Wunder. Den Schmerz hatte er bisher ignoriert – ein unvergleichlich geringer Preis angesichts der menschlichen Tragödie, deren Zeuge er geworden war. Jetzt erst sah er, dass die Haut an seinem rechten Handballen komplett abgeschürft und die Hand geschwollen war. Und er sah das Blut.
    „Tut mir leid. Hast du was abbekommen?“
    „Keine Ahnung, aber darum geht es doch auch gar nicht, oder?“ Sie nahm ihre Serviette und tunkte sie in die Wasserkaraffe, die man auf den Tisch gestellt hatte. Dann tupfte sie damit vorsichtig über seine Hand. Sanft. Sanfter, als je jemand ihn berührt hatte.
    Bis zu dieser schlichten Geste war es ihm gut gegangen. Es war ihm gut gegangen, aber jetzt plötzlich tat es das nicht mehr, alles hatte sich geändert.
    Er stand auf und wusste nicht, wie er es erklären sollte. Was er erklären sollte. „Ich rufe eben Duncan an. Kommst du zurecht?“
    „Ja, natürlich, geh nur.“ Sie wirkte, als wolle sie noch etwas hinzufügen, doch glücklicherweise tat sie es nicht.
    Er musste ein ganzes Stück laufen, bevor er einen Münzfernsprecher fand. Das war ihm eigentlich ganz recht; Fiona brauchte nicht zu hören, was er Duncan zu sagen hatte. Mit dem Rücken zu den vorbeieilenden Passagieren wartete er auf die Verbindung, den Telefonhörer an das eine Ohr gepresst, die freie Hand auf dem anderen. Als Duncan sich meldete, verschwendete er keine Zeit.
    „Fiona geht es gut, Dunc. Wir essen noch einen Happen, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Wir sind bald zu Hause.“
    Er lauschte den ärgerlichen Vorwürfen am anderen Ende der Leitung und wartete, bis Duncans Wut sich entladen hatte. Nachdem Duncan sich beruhigt hatte, setzte Andrew wieder an. „Es gab eine Karambolage auf der A82. Drei Autos haben sich ineinander verkeilt. Ich war als Erster am Unfallort. Einer der Wagen ist in Flammen aufgegangen. Es saßen noch Menschen darin, Duncan.“
    Er konnte plötzlich nicht mehr weitersprechen. Bis zu dem Moment, da Fiona seine Hand versorgt hatte, war es ihm gelungen, die schrecklichsten Bilder des Unfalls irgendwie auszublenden. Jetzt, da er nicht mehr in ihrer Nähe war, liefen sie wieder vor ihm ab, das ganze Horrorszenario. Er schluckte. Einmal, zweimal. Und konnte noch immer nicht reden.
    „Andrew, das tut mir ehrlich leid.“ In Duncans Stimme schwang echtes Bedauern und auch das schlechte Gewissen mit. „Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich hätte wissen sollen, dass es einen guten Grund geben muss, wenn du dich verspätest und Fiona warten lässt.“
    „Ich wäre überhaupt
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