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... Wie Gespenster in der Nacht

... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht
Autoren: Emilie Richards
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den Hügeln aufsteigen sah. Erst dachte ich, da brennt jemand Moorstreifen ab – jetzt ist die genau richtige Zeit dafür. Manche hier tun das, um das Wachstum des Unterholzes zu fördern, damit sich mehr Wild ansiedelt. Ich dachte noch, dass es interessant sein könnte, sich das anzusehen.“
    „Ich wünschte, es wäre so harmlos gewesen“, sagte Fiona, und an seiner Miene erkannte sie, dass er den gleichen Wunsch hatte.
    „Als ich um die Biegung kam, wurde der Rauch dichter. Vor mir konnte ich die Autos sehen, ich dachte, sie wären ebenfalls stehen geblieben, um sich das Feuer anzusehen. Dann jedoch wurde mir jäh klar, dass das Feuer von den Autos kam. Es war ein Auffahrunfall, aber was genau passiert ist, weiß ich nicht. Ich kann nicht sagen, wer auf wen aufgeprallt ist oder wer aus welcher Richtung gekommen ist. Die Straße ist dort sehr steil. Vielleicht haben an einem Wagen die Bremsen versagt. Vielleicht hat jemand überreagiert. Ich weiß nur, dass die drei Autos quer auf der Straße standen, zwei davon so eng zusammen wie auf dem Fabrikfließband. Ich bin so nahe herangefahren, wie ich es wagte. Mit jeder Sekunde stieg mehr und mehr Rauch auf, ich hatte Angst, jeden Moment könnte es eine Explosion geben. Ich stellte meinen Wagen am Straßenrand ab und rannte los …“
    Fiona saß schweigend da. Andrew war ein viel zu guter Geschichtenerzähler. Sie konnte sich die Szene genauestens vorstellen. Sie drängte ihn nicht, weiterzureden, sie wusste, dass er mit seinen Gefühlen kämpfte. Er versuchte, sie zu zügeln, weil er ihr sein Entsetzen ersparen wollte.
    Doch das Entsetzen ließ sich nicht beschönigen. Er sprach jetzt hastiger, so als wollte er es schnell hinter sich bringen. „Im ersten Wagen saß ein Mann im Anzug, über dem Lenkrad zusammengesunken. Er hatte am wenigsten abbekommen. Als ich hineinschaute, hob der Mann den Kopf und winkte mich weiter. Er öffnete dann die Tür und schaffte es, auszusteigen und von dem Feuer wegzustolpern. Im nächsten Auto lehnte eine ältere Frau an der Tür. Tür konnte man das eigentlich nicht mehr nennen, sie ließ sich auch nicht mehr öffnen. Ich konnte aber von der anderen Seite ins Innere gelangen und die Frau aus dem Wagen ziehen. Ich trug sie zum Straßenrand, dort, wo schon der andere Mann saß. Als ich sie niederlegte, kam sie wieder zu Bewusstsein.“
    „Du hast ihr wahrscheinlich das Leben gerettet.“
    Andrew achtete nicht auf Fionas Einwurf, so als wäre es zu unwichtig, darauf einzugehen. „Inzwischen war ein weiteres Auto dazugekommen, voll mit Halbwüchsigen. Einer der Jungs rannte mit mir zusammen zum Wrack zurück. Der Rauch war dichter geworden. Ich konnte die Flammen im Inneren lodern sehen, aber ansonsten saß niemand mehr darin. Also sind wir zum dritten Auto weitergelaufen. Ein Mann saß hinter dem Steuer, eine Frau auf dem Beifahrersitz. Die beiden waren tot.“ Er schlug mit den Handflächen auf das Lenkrad. „Ich hoffe wirklich, dass sie schon tot waren, Fiona.“
    Einen Moment lang ruhte ihre Hand auf seiner Schulter. Tränen standen in ihren Augen.
    „Die Flammen breiteten sich rasend schnell aus. Mir war klar, dass es nur Sekunden dauern konnte, bevor sie den Benzintank erreichten. Ich rief dem Jungen noch zu, er solle zusehen, dass er wegkommt, als ich ein Kind weinen hörte. Ich schützte mein Gesicht mit den Händen so gut wie möglich und beugte mich vor, und erst da sah ich, was ich vorher nicht gesehen hatte: Mitten in den Flammen und dem Rauch saß ein Mädchen auf der Rückbank. Es war angeschnallt und …“
    „Nicht!“ Fiona schnappte nach Luft. Einen Moment lang wollte die Welt um sie herum schwarz werden. Sie atmete tief durch, einmal, zweimal, dann noch einmal, bis die Dunkelheit zurückwich. „Tut mir leid, ich …“
    „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“
    Minuten vergingen, bevor sie wieder sprechen konnte. „Du hast sie herausgeholt.“
    „Aye. Gerade rechtzeitig, bevor der Tank explodierte.“
    „Oh, Andrew.“
    „Ein Bauer muss die Flammen gesehen haben, denn wenig später kam schon der Rettungswagen. Bis sie das Mädchen mitnahmen, haben wir für die Kleine getan, was uns möglich war. Aber sie war schwer verletzt.“
    Seiner Stimme entnahm sie die Wahrheit, nicht seinen Worten: Er ging nicht davon aus, dass das Mädchen überleben würde. „Die Medizin hat Fortschritte gemacht. Es gibt heute viel mehr Möglichkeiten für … Kinder mit Verbrennungen. Es ist vielleicht gar nicht so
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