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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Autoren: Berte Bratt
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Der achtzehnte Geburtstag
    Es war ganz früh am Morgen.
    Die ersten Strahlen der Junisonne spielten auf dem Wasser des Silberfjords, vergoldeten den frischen Firnis eines kleinen Segelbootes, das an der alten Anlegebrücke vertaut lag, und glitten über die zierlichen Buchstaben des Wortes „Seeschwalbe“ am Bug des Bootes. Jetzt leuchteten die Rosen vor einem kleinen weißen Haus auf, und ein Sonnenstrahl schlich durch ein offenes Fenster -dort traf er ein frisches junges Mädchengesicht. Das Gesicht von Katrin, die an diesem Tage achtzehn wurde.
    Der Sonnenstrahl weckte sie. Sie blinzelte einen Augenblick gegen das Licht, dann war sie hellwach und sprang aus dem Bett.
    Heute war der Tag! Der Tag, an dem sie achtzehn wurde. Der Tag, an dem sie mit ihren Brüdern in die Stadt fahren sollte, mit ihnen auswärts essen, der Tag, an dem sie nachher Geburtstagsgesellschaft haben sollte, hier zu Hause in Eschenheim.
    Und vor allem: es war der Tag, an dem sie ihren Führerschein machen sollte!
    Leider war es auch der Tag, an dem die Küche voll ungespülten Geschirrs stand, der Tag, an dem noch vor dem Frühstück Staub gewischt und das Haus einigermaßen aufgeräumt werden mußte. So geht es, wenn die Hausfrau einen halben Tag die Jungfernfahrt eines neuen Segelbootes mitmacht und dabei auf ihre häuslichen Pflichten pfeift!
    Wie ein Blitz war Katrin in Pullover und Niethosen und packte die Arbeit an, schnell und leise, um die schlafenden Brüder nicht zu stören. Oh, es ging alles so leicht heut. Die unbändige Freude in ihrem Herzen war die allerbeste Triebfeder.
    Voll Dankbarkeit dachte sie an ihre Brüder, während sie abwusch und aufräumte. Sie waren aber zwei feine Kerle! Daß sie sich so was Schönes ausgedacht hatten, ihr die Fahrstunden und den Führerschein zum Geburtstag zu schenken!
    Und keine Vorwürfe, kein einziges Wort darüber, daß sie gestern die Hausarbeit vernachlässigt hatte und ihnen nur ein schnell zusammengeschmurgeltes Essen vorgesetzt hatte. Immer hatten sie Verständnis. Klar, daß Katrin mitmachen mußte, wenn ihre besten Freunde, Klaus und Albert vom Nachbarn, ein Boot gebaut hatten und die erste Fahrt mit ihm unternahmen!
    So waren die Brüder immer gewesen. Immer hieß es: „Katrin ist doch so jung, sie ist noch halb ein Kind“, dann nickten Paul und Andreas sich zu und waren sich darüber einig, daß das Schwesterchen großartig sei, wenn auch das eine und das andere, leider oft auch das dritte, vierte und zehnte im Haus versäumt wurde. Katrin war ja erst fünfzehn gewesen, als sie freiwillig den Haushalt übernahm. Mit zwölf hatte sie ihre Mutter verloren, ihre reizende Mutter, die für Andreas, Paul und die älteste Schwester Lena eine liebevolle Stiefmutter gewesen war. Drei Jahre später starb der Vater. Dann saßen sie da, die drei Geschwister: Andreas, der eine gute Anstellung in einer Bank hatte, Paul, der gerade in seinem juristischen Staatsexamen stand - und die kleine Katrin. Lena hatte vor einigen Jahren geheiratet und wohnte in Bergen.
    Katrin wollte nur eines: Zu Hause bleiben, in dem lieben Eschenheim, für die Brüder sorgen, das Leben weiterführen, so wie es war: Spiel und Sport mit den Nachbarskindern, segeln, schwimmen und angeln. Dafür nahm sie herzlich gern die Hausarbeit auf sich! An etwas dachte Katrin nie: Daß „Eschenheim“ ihren Geschwistern gehörte. Sie hatten das Haus von ihrer Mutter geerbt.
    Jeden Morgen fuhren die Brüder die zwanzig Kilometer in die
    Stadt in Andreas’ Wagen. Katrin kochte und wusch, oder sie half Klaus und Albert beim Bootbauen und Streichen, und dann kochte und wusch sie eben nicht!
    Aber heut - heut, an diesem herrlichen Junimorgen, sollte sie mit in die Stadt - heut war der Tag, an dem Katrin Rössler achtzehn Jahre war!
    Es war soweit.
    Katrin hatte die Prüfung bestanden und kam vom Polizeiamt mit ihrem funkelnagelneuen Führerschein in der Hand. Nie war ihr das Leben so schön vorgekommen.
    Sie ging schnurstracks zur Bank, wo Andreas so beschäftigt war, daß er ihr nur schnell den Autoschlüssel zu stecken konnte. Ganz feierlich ließ sie den Motor an, und dann fuhr sie, zum ersten Mal allein im Wagen, in die Stadt, um Besorgungen zu machen.
    „Kauf alles fertig, Kleines“, hatte Andreas gesagt. Ja, Andreas war in der letzten Zeit großzügiger denn je. „Du kannst nicht gleichzeitig in die Stadt fahren, Führerschein machen und Geburtstagskuchen backen!“
    Also kaufte Katrin ein. Sie fuhr sicher und ruhig im
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