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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Autoren: Berte Bratt
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Blick war scharf und zugleich enttäuscht.
    „Könntest du es nicht mir überlassen, zu bestimmen, welche Gäste ich an meinem Geburtstag haben möchte?“ fauchte sie ihn über den Tisch an. „Soll diese Anja denn ewig bei uns kleben bleiben?“
    „Aber Katrin, was hast du denn, Anja ist doch reizend.“
    „Ja, daß du das findest, merke ich.“
    „Ich finde es aber auch“, sagte Paul vermittelnd. „Das ist doch sonst gar nicht deine Art, Karin.“
    „Was meinst du mit ,meine Art’?“
    „Ich meine, daß du so - so - empfindlich bist - , du bist doch sonst immer mit allem einverstanden, was Andreas und ich vorschlagen.“
    „Ja, solange ihr nicht die Gäste für meinen Geburtstag bestimmt.“
    „Na, na, Katrin“, beschwichtigte Andreas sie mit seiner guten, leisen Stimme. „Es tut mir leid, daß du nicht derselben Meinung bist wie wir, aber laß dir den Tag dadurch nicht verderben. Los, Kleines, mach wieder ein freundliches Gesicht, wir werden uns einen gemütlichen Nachmittag machen, nicht wahr?“
    Da kam Anja zurück, und kurz danach brachen sie auf. Anja kam zum ersten Mal nach Haus Eschenheim, in dem die drei Geschwister wohnten.
    Katrin warf sich im Bett herum. Die Brüder schliefen längst. Aber Katrin lag wach und sah, wie es draußen anfing, hell zu werden.
    Das war also ihr achtzehnter Geburtstag gewesen!
    Sie wurde rot, und sie biß sich auf die Lippe, und kaum hatte sie den Klumpen im Hals endlich heruntergeschluckt, da mußte sie wieder an dies und jenes denken, was sich an diesem Tage ereignet hatte, und schon war der Klumpen wieder da.
    Anja, die helfen sollte. Anja, die sich erbot, ihr den Tisch zu decken...
    „Du, Katrin, auf diesem Tischtuch ist ein Fleck - wo finde ich ein anderes?“
    Es gab kein anderes.
    „Wo hast du das Silberputzzeug, Katrin? Dieser Tortenheber ist so gelb -.“
    „Spendierst du Stoffservietten, Katrin, oder hast du Papierservietten?“
    Katrin besaß weder das eine noch das andere. Servietten, so was Albernes. Alltags waren sie das längst nicht mehr gewöhnt. Die Brüder hatten sich stillschweigend in diese Vereinfachung der Haushaltsführung gefügt.
    Anja schickte Andreas zum Dorfkaufmann, um Papierservietten zu holen, und Katrin war ratlos und hilflos vor lauter Wut.
    „Hast du ein sauberes Handtuch, Katrin? Ich kann dir die Gläser auswischen.“
    Katrin öffnete den Wäscheschrank, Anja stand neben ihr. Und zum ersten Mal sah Katrin den Schrank, wie er wirklich war - ohne Ordnung und System, ein paar Küchentücher achtlos oben auf die Bettwäsche geschleudert, einige ungemangelte Handtücher neben einen Stapel kleine Tellerdeckchen gestopft, die nie benutzt wurden...
    Katrin schlug die Tür schleunigst wieder zu und drehte den Schlüssel um. Anja begann schweigend Gläser zu polieren.
    Der Tisch, den sie deckte, sah hübsch aus. Katrin wußte nicht, woher das kam, aber er wirkte irgendwie appetitlich und frisch. Das Silber blitzte, wie seit Jahr und Tag nicht mehr, die Gläser funkelten, und mitten auf dem Tisch standen blaßrosa Rosen in einer niedrigen Schale.
    Da drehte Katrin sich jäh um. „Hast du Rosen aus dem Garten genommen?“
    „Ja. Ist das so schlimm? Da sind ja so furchtbar viele, ich dachte...“
    „Hier wird keine einzige Rose abgeschnitten. Ich töte meine Rosen nicht. Und ich liebe es nicht, eine Schale voller Leichen auf dem Tisch stehen zu haben.“
    „Na, na, nicht so heftig, Katrin“, sagte Andreas begütigend.
    Er wandte sich an Anja: „Du mußt wissen, die Rosen sind Katrins Lieblinge, das hat sie als Erbe von ihrer Mutter übernommen
    - sie bleiben immer am Strauch, bis sie von selbst welk werden.“ „Ach, das habe ich nicht gewußt, Katrin, du mußt vielmals entschuldigen“, sagte Anja mit ihrer leisen, ruhigen Stimme, aber auf ihren Backenknochen brannten zwei kleine rote Flecke. „Ich kann dich im Grunde verstehen - aber mir ist trotzdem nicht ganz klar, was du mit einer Schale voller Leichen meinst.“
    „Sie sind doch aber nichts anderes. In dem Augenblick, wo du eine Rose brichst oder abschneidest, tötest du sie. Wenn du sie dann auf den Tisch stellst, ist sie eine wunderbare Leiche, die du dir gern ansiehst, bis sie zu faulen beginnt. Dann wirfst du sie einfach in den Mülleimer.“
    Katrins Stimme klang scharf. Aber Anja ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und sagte leise:
    „Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber, Katrin, so ist es doch mit allen Blumen - pflückst du denn auch nie eine Feldblume
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