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Wie eine Rose im Morgentau

Wie eine Rose im Morgentau

Titel: Wie eine Rose im Morgentau
Autoren: Daphne Clair
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finden, der auch nur etwas halbwegs Vernünftiges aus ihren wilden Locken hätte machen können.
    Statt zu seinem Sessel zurückzugehen, ließ er sich neben sie auf das Sofa fallen, legte einen Arm über die Rücklehne und sah Rachel an. „Und wie geht es deinem Zeh?“
    „Gut. Ich habe ja gesagt, dass es nicht schlimm ist.“
    „Du warst schon immer hart im Nehmen.“ Sein Mund verzog sich. „Kaum zu glauben, dass du mal ein dürres kleines Mädchen mit wildem Haarschopf warst, das immer barfuß herumgelaufen ist und ständig aufgeschlagene Knie oder Ellbogen hatte.“
    „Kinder werden eben irgendwann erwachsen.“
    „Ja. Das ist mir auch schon aufgefallen …“ Abrupt brach er ab und starrte missgelaunt zum Kamin. Als er weitersprach, klang er ein wenig angespannt. „Das, was passiert ist, ehe du deine Familie verlassen hast … es tut mir leid, wenn ich dich verletzt oder geängstigt habe, Rachel. Ich war …“ Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar und sah sie eindringlich an. „Ich war nicht mehr ich selbst. Das soll jedoch keine Ausrede sein. Jedenfalls möchte ich mich dafür entschuldigen.“
    Rachel senkte den Kopf. „Nicht nötig. Du warst ja nicht allein verantwortlich.“
    „Aber du hattest gerade erst die Highschool abgeschlossen. Ich hätte … es wirklich besser wissen sollen.“
    Sie sah hoch und bemühte sich um einen sorglosen Ton. „Nun, das ist schon Jahre her. Und ich bin sicher, dass wir beide es längst vergessen haben.“ Noch während sie sprach, wandte sie schnell den Blick ab.
    Sein schlanker Finger unter ihrem Kinn brachte sie dazu, Bryn wieder anzusehen. „Stimmt das? Hast du es wirklich vergessen?“
    In den vergangenen zehn Jahren hatte Rachel sich eine gewisse Gelassenheit angeeignet und konnte ihm daher jetzt ein Lächeln schenken, das Überraschung, aber auch Herablassung zeigte. „Männer glauben doch tatsächlich immer, dass man sie nie vergisst“, meinte sie neckisch. „Natürlich habe ich mich daran erinnert, als ich dich wiedergesehen habe. Ganz so, als ob ich wieder das siebzehnjährige Schulmädchen wäre, das in einen älteren Mann verliebt ist.“ Ohne auf seine gerunzelten Brauen zu achten, lachte sie hell auf. „Was für ein Klischee. Es ist ja schon peinlich.“
    Ein Muskel zuckte in seinem Kiefer, und ein seltsamer Glanz erschien in seinen Augen, als er sie forschend ansah, ehe er selbst auflachte. „Na schön“, meinte Bryn. „Ich vermute, dass ich in diesem Fall noch einmal glimpflich davongekommen bin.“
    Rachel hätte gerne das Gleiche von sich selbst behauptet.
    Beim Abendessen erkundigte Bryn sich interessiert nach Rachels Arbeit und wie viel Erfahrung sie auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung und beim Schreiben hatte.
    „Die Aufgabe, die hier auf dich wartet, ist ein bisschen anders, nicht wahr? Was meinst du, wie lange du brauchen wirst?“
    „Ich hoffe, dass ich den ersten Entwurf in drei bis vier Monaten fertig habe“, antwortete sie zuversichtlich. „Es gibt ja genügend
    Rohmaterial, sodass ich nicht erst alle Informationen zusammensuchen muss.“
    Bryn sah seine Mutter an. „Hast du einen genauen Überblick, was alles da ist?“
    Pearl schüttelte den Kopf. „Vielleicht stoßen wir ja auf einen alten Familienskandal. Wäre das nicht lustig?“
    „Du findest es vielleicht nicht mehr so lustig, sollte es tatsächlich so sein“, mahnte Bryn.
    Seine Mutter wirkte kaum beeindruckt. „Ach, sei doch nicht so spießig, mein Lieber! Diese Chronik soll doch keine langweilige Aufzählung von Geburten, Todestagen, Hochzeiten und Erfolgsrechnungen werden.“
    „Sicherlich gibt es viele interessante Ereignisse, mit denen man die nackten Fakten lebendig gestalten kann“, warf Rachel ein. „Gibt es hier übrigens einen Scanner und einen Drucker? Ich möchte die alten Dokumente nicht öfter als nötig anfassen.“
    „Wann brauchst du die Geräte?“, wollte Bryn wissen.
    „Vermutlich in ein paar Tagen, wenn ich mir einen Überblick verschafft habe.“
    „Ich kümmere mich darum. Im Raucherzimmer gibt es im Übrigen einen Internetanschluss, den ich selbst nutze, wenn ich hier bin.“
    Kurz nach dem Abendessen verabschiedete sich Bryn. Er küsste seine Mutter, ehe er sich an Rachel wandte. „Hast du noch einen Augenblick Zeit?“
    Sie folgte ihm durch die weite, dämmrige Eingangshalle zur Tür. Dort blieb er stehen und sah sie einen Moment schweigend an.
    „Du brauchst dir wirklich keine Sorgen wegen des Buches zu
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