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Wie eine Rose im Morgentau

Wie eine Rose im Morgentau

Titel: Wie eine Rose im Morgentau
Autoren: Daphne Clair
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angenommen, dass Bryn Donovan sich in den vergangenen zehn Jahren verändert haben musste. Vielleicht hatte sich sein dichtes, dunkles Haar ein wenig gelichtet, und er hatte einen Bauch angesetzt von den vielen Geschäftsessen. Sollte er nach seinem Vater geraten, wäre seine Nase vermutlich gerötet von all dem Wein, der bei diesen Gelegenheiten getrunken wurde. Allerdings hatte Sir Malcolm auch hart gearbeitet und war sehr großzügig mit den Früchten seiner Arbeit umgegangen. Seinen Adelstitel hatte er nicht nur seinem Verdienst um die Wirtschaft des Landes zu verdanken, sondern auch seinem sozialen Engagement.
    Sein einziger Sohn und Erbe sah jedoch so gut aus wie eh und je.
    Kaum war sie in Auckland aus dem Bus gestiegen, entdeckte sie ihn sofort unter all den Menschen, die Fahrgäste begrüßten oder selbst hier auf die Abfahrt ihres Busses warteten.
    Jeans umschmeichelten Bryns lange Beine, und unter seinem schwarzen Hemd zeichneten sich breite Schultern und schmale Hüften ab. Eine eindrucksvolle Erscheinung, die es gewohnt war, Befehle zu erteilen.
    Ein seltsames Gefühl breitete sich in Rachels Magen aus, und sie zögerte, ehe sie die letzte Stufe nahm und auf den Vorplatz trat.
    Bryns Augen schienen im Nachmittagslicht silbern zu schimmern, als sein Blick über die Menge schweifte. Schließlich entdeckte er sie, und seine Miene zeigte, dass er sie erkannt hatte.
    Reglos blieb er stehen, als sie auf ihn zukam. Anerkennend schweifte sein Blick über ihre jadegrüne Leinenjacke, die weiße Batistbluse, den dazu passenden Rock und die geflochtenen Lederschuhe. Ihr dunkles Haar hatte sie zu einem Knoten zusammengefasst, der sie wohl größer wirken lassen und ihr ein geschäftsmäßiges Aussehen verleihen sollte.
    Erst als sie vor ihm stehen blieb, bemerkte sie die feinen Linien um seine Augen und die leichte Falte auf seiner Stirn.
    „Rachel.“ Seine Stimme klang tiefer, als sie sie in Erinnerung hatte. „Du siehst sehr … elegant aus.“
    Womit er wohl andeuten wollte, dass sie nicht mehr der ungestüme Teenager war, den er gekannt hatte. „Es ist viel Zeit vergangen.“ Sie war froh, dass ihre Stimme fest klang, so wie es sich für eine erfolgreiche Frau ziemte. „Ich bin inzwischen erwachsen.“
    „Das sehe ich“, bemerkte er vielsagend.
    Ein Schauer durchlief Rachel, der sie zutiefst beunruhigte. Zehn Jahre waren vergangen, und Bryn hatte immer noch die gleiche Wirkung auf sie wie damals. Das war doch lächerlich!
    Nachdem sie ihr Gepäck in dem glänzend polierten BMW verstaut hatten und sich auf dem Weg hinaus aus der Stadt befanden, wandte Rachel ihren Blick von dem glitzernden Wasser des Waitemata-Hafens ab. „Danke, dass du mich abgeholt hast. Ich hoffe, es war kein Umstand für dich.“
    „Überhaupt nicht“, entgegnete er höflich.
    „Aber du wohnst nicht mehr zu Hause auf Rivermeadows, oder?“, fragte sie, darum bemüht, sich ihre Beklemmung nicht anmerken zu lassen. Hatte ihre Mutter nicht erzählt, dass Pearl allein in dem riesigen Haus leben würde?
    „Ich habe ein Apartment in der Innenstadt“, erklärte er. „Aber seit mein Vater tot ist, bin ich am Wochenende meist bei meiner Mutter, manchmal auch unter der Woche. Eigentlich hatte ich gedacht, dass sie wegziehen würde, aber sie scheint sehr an diesem Haus zu hängen.“
    Das Anwesen der Donovans war früher der Mittelpunkt einer kleinen ländlichen Gemeinschaft gewesen. Als Rachel und ihre Eltern wegzogen, hatte es sich bereits zu einer grünen Insel inmitten der Vororte entwickelt, die sich am Rande der Hauptstadt immer weiter ausdehnten.
    „Aber es ist ja nur eine halbe Stunde von der Stadt entfernt“, meinte sie. „Fährt deine Mutter denn noch mit dem Wagen?“ Sie erinnerte sich, dass Lady Donovan mit ihrem geliebten kleinen Sportwagen manchmal eine Fahrweise an den Tag gelegt hatte, gegen die ihr Mann und ihr Sohn heftig protestierten. Pearl hatte gelacht und gemeint, dass die beiden nur etwas gegen Frauen am Steuer hätten.
    Bryn runzelte die Stirn. „Seit mein Vater tot ist, hat sie das Haus kaum mehr verlassen.“ Er stockte und fuhr dann mit unbewusster Abwehr fort: „Vielleicht tut es ihr gut, wenn du bei ihr bist.“
    Die Aussicht schien ihm nicht besonders zu gefallen, und auch Rachel hätte eine andere Lösung vorgezogen. Doch weil ihr keine passende Ausrede eingefallen war, als ihre Mutter ihr mitteilte, auf Rivermeadows warte der perfekte Teilzeitjob auf sie, hatte sie akzeptiert. Zudem lag der
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