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Siras Toten-Zauber

Siras Toten-Zauber

Titel: Siras Toten-Zauber
Autoren: Jason Dark
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Vorwort
    Liebe Grusel-Freunde,
    in diesem Roman wird von einer Bibliothek die Rede sein, die tatsächlich in der Nähe von Bangalore, im südlichen Teil Indiens, existiert. Es ist die älteste Bibliothek der Welt. Sie enthält keine Bücher, sondern unzählige Palmenblätter, auf denen das Schicksal der Menschen verzeichnet ist, die der Bibliothek einen Besuch abstatten.
    Wer weiß, vielleicht führt den einen oder anderen Leser der Weg einmal dorthin. Sollte das der Fall sein, wünsche ich ihm nicht das Schicksal wie unserem Helden John Sinclair.
    Ansonsten viel Spaß und angenehmes Gruseln bei ›Siras Totenzauber‹.
    Herzlichst Jason Dark
    Daß Craig Munro mir den Rücken zudrehte, geschah bestimmt nicht aus Absicht. Möglicherweise hätte ich das gleiche getan, denn die Aussicht vom neunzehnten Stockwerk war faszinierend.
    Ein Teil der Riesenstadt London lag ihm zu Füßen. Bei regenklarem Wetter — so wie jetzt — kannte er über das graue Band der Themse hinwegschauen, bis hin nach Wimbledon, das seine große Zeit für dieses Jahr bereits hinter sich hatte. Es war wirklich ein gigantischer Ausblick, einer, der zum Träumen einlud oder das Gefühl der Macht in einem Menschen hochschießen ließ, denn hier stand er über allem. Ich saß, sah nur den Himmel, spürte unter mir das weiche Nappaleder des Besucherstuhls. Das weite Firmament erinnerte mich an eine hellblau lackierte Fläche, in die hin und wieder zerfasernde Wolkenstreifen ein Muster zeichneten.
    Munro wippte auf den Ballen. »Eine phantastische Sicht, Mr. Sinclair. Ich liebe sie, denn nirgendwo bekomme ich den Wechsel der Jahreszeiten so direkt mit wie hier.«
    »Das glaube ich Ihnen gern.«
    Der Mann im rehbraunen Blazer seufzte. »Nur schade, daß ich sienichtmehrlange genießen kann…«
    Er ließ die Worte ausklingen und wartete auf meine Antwort, mit der ich auch nicht zurückhielt, wobei ich sie in eine Frage hineinpackte. »Wie kommen Sie darauf, Mr. Munro?«
    Er drehte sich um. »Heute ist mein Todestag, Mr. Sinclair!«
    Ich schaute ihn an. Munro war nicht groß, aber drahtig. Das schwarze Haar trug er zum Scheitel gekämmt. Die Haut zeigte noch die Urlaubsbräune, und seine dunklen Augen blickten prüfend. Vom Aussehen her ähnelte er Filmstar Robert de Niro.
    »Woher wissen Sie das, Mr. Munro?«
    Er schob seine Hände in die Taschen der schwarzen Hose, schaute auf die Plastik auf der rechten Schreibtischhälfte und lächelte der hochaufgerichteten Frau mit dem Stierkopf zu, als wollte er sie um Verzeihung bitten.
    »Bitte, Mr. Munro.«
    »Deshalb habe ich Sie kommen lassen. Das heißt, ich bat Ihren Chef darum.«
    »Die Antwort reicht mir nicht, wie Sie sich sicherlich denken können.«
    »Das glaube ich.«
    »Also?«
    Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Kein Standardmöbel, sondern das Unikat eines Designers, bestehend aus zwei Lederwürfeln als Träger für die schwarze Holzplatte. »Ich habe meinen Tod vorausgesehen. Ich war in Indien, in Bangalore, und mir ist es gelungen, in die geheimnisvolle Palmblattbibliothek zu gelangen. Dort war meine Vergangenheit ebenso niedergeschrieben worden wie meine Zukunft und die Stunde meines Todes. Und die, Mr. Sinclair, ist heute.«
    Ich erwiderte nichts. Zwischen uns lastete das Schweigen. Am Himmel zog ein Flugzeug seine Bahn. Es war nichts von ihm zu hören, das Doppelglas der Scheiben schluckte die Geräusche.
    »Das glauben Sie, Mr. Munro?«
    »So wahr ich hier sitze.«
    Ich nickte. »Ja, gehört habe ich von dieser ungewöhnlichen Bibliothek in Bangalore. Aber ich war nie dort. Fragen Sie mich nicht nach den Gründen. Es mochte an der Zeit liegen, aber auch daran, daß es einfach keinen Fall gab, der mich dorthin führte.«
    »Es gibt sie, Mr. Sinclair.«
    »Das bestreite ich nicht.«
    »Und ich möchte, daß Sie erleben, wie sich mein dort vorgezeichnetes Schicksal erfüllt. Heute, am 28. September 1990. Das ist der Tag meines Todes.«
    Ich schlug die Beine übereinander. »Wissen Sie denn, wie Sie umkommen werden?«
    »Nein.«
    »Dann könnten Sie durchaus einen Herzschlag erleiden.«
    »Natürlich.«
    Ich legte die Stirn in Falten. »Wie sieht es mit einem Mordanschlag aus?«
    »Auch das wäre möglich, Mr. Sinclair.«
    »Dann haben Sie Feinde?«
    Er lächelte und lehnte sich zurück. »Sehen sie, Mr. Sinclair. Ein Mann in meiner Position hat immer Feinde. Ich bin Industrieller, ich habe Kontakte zu den arabischen Ländern, die jetzt einem Pulverfaß gleichen. Es gibt Neider,
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