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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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Ungeschicklichkeit des anderen gespottet. Stattdessen trafen sich ihre Blicke verlegen. Lee hatte ein schlechtes Gewissen, weil er mit seinem Freund nicht über die Reise gesprochen hatte, aber Lydia hatte ihn Geheimhaltung schwören lassen. Micah fühlte sich zurückgewiesen und betrogen.
    Aber als sie einander jetzt anschauten, war ihre Freundschaft wiederhergestellt. Micah schlug Lee auf den Rücken und sagte: »Du gibst uns Bescheid, wo du bist und was du vorhast, hörst du? In Tennessee soll es ja mächtig hübsche Mädchen geben. Vielleicht bringst du mir eine mit, hm?« Sie schlangen einander freundschaftlich die Arme um die Schultern und gingen zur Hintertür hinaus.
    »Jake, sobald du fertig bist mit essen, möchte ich mit dir einige Dinge im Büro durchgehen«, sagte Lydia und stand auf. »Ich will sicher sein, dass alles in Ordnung ist, wenn ich abreise.«
    »Ich bin fertig.« Er stieß seinen Stuhl zurück und warf seine Serviette neben den Teller.
    Seine Hand lag auf Lydias Rücken, als sie die Küche verließen und die Diele entlang zum Büro gingen, in dem Ross gestorben war.
    Mit schmerzendem Herzen beobachtete Banner, wie sie hinausgingen. Sie nippte an ihrem Tee, der lauwarm und schal geworden war. Lustlos schob sie die Tasse beiseite. Sie starrte ausdruckslos aus dem Fenster und war sich nur ihres eigenen Elends bewusst, bis Ma ihren stattlichen Körper auf den Stuhl neben ihr fallen ließ.
    »Was fehlt dir denn, Mädchen?«
    »Ich vermisse Papa.«
    »Was noch?«
    »Nichts.«
    »Man hat schon Pferde kotzen sehen.« Ma stützte ihre fleischigen Hände auf die Knie auf und beugte sich vor. »Erinnerst du dich noch, wie ich dich auf diesem Stuhl angebunden habe, bis du deinen Kohl aufgegessen hattest? Also, ich könnte das ja noch mal versuchen, wenn du mir nicht augenblicklich erzählst, was mit dir los ist.«
    Hochmütig hob Banner den Kopf. »Vor zwei Wochen habe ich meinen Vater verloren. Er ist vor meinen eigenen Augen niedergeschossen worden.«
    »Frechheiten kannst du dir mit mir nicht erlauben, junge Dame. Ich weiß, dass der Tod deines Pas grauenvoll ist. Das versteht sich von selbst. Aber du bist auch noch eine Braut, wenn du dich auch nicht so benimmst. Zumindest nicht wie eine glückliche Braut. Irgendetwas stimmt nicht, und du wirst mir jetzt erzählen, was es ist. Was ist los mit dir und Jake?«
    »Nichts«, beharrte Banner. Sie hatte nicht vor, mit irgendjemandem über Jakes Gefühle zu reden. Es war schlimm genug, selbst damit fertigwerden zu müssen.
    »Hast du ihm von dem Baby erzählt?«
    Mit kugelrunden Augen starrte Banner Ma an. »Woher weißt du das?«
    Ma schnaubte. »Ich hab das selbst oft genug mitgemacht, um die Anzeichen zu erkennen. Wenn deine Ma in der letzten Zeit nicht so furchtbar durcheinander wäre, hätte sie es auch bemerkt. Weiß Jake davon?«
    »Ja«, antwortete Banner leise. Sie zwirbelte die Ecke ihrer Serviette, bis sie eine dünne Spitze bildete, dann drückte sie sie mit dem Zeigefinger platt. »Deshalb hat er mich ja geheiratet.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Es ist wahr! Er liebt mich nicht. Er liebt …« Sie schluckte die Worte herunter, die seit dem Tod ihres Vaters wie Kriegstrommeln in ihrem Kopf dröhnten: Er liebt meine Mutter.
    »Wen liebt er?«
    »Ach, ich weiß es nicht«, sagte Banner gereizt. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und ging rasch zum Fenster, ehe Ma ihre Tränen sehen konnte. »Mich jedenfalls nicht. Wir gehen wie Hund und Katze aufeinander los.«
    »Das haben deine Ma und dein Pa auch getan, als sie frisch verheiratet waren.«
    »Das war etwas anderes.«
    »Was war daran anders? Die einzigen beiden Menschen, die ich kenne, die noch dickköpfiger und störrischer sind als diese beiden, seid du und Jake.«
    Sie trat hinter Banner und wirbelte sie nicht allzu sanft zu sich herum. »Heute gehst du mal aus dem Haus, damit du rosige Wangen bekommst. Und bürste dir dein Haar mal ordentlich. Außerdem könntest du Jake hin und wieder anlächeln. Du schleichst ja hier herum wie ein Gespenst. Hast du vor, deiner Ma von dem Baby zu erzählen?«
    Banner schüttelte den Kopf. Jake hatte ihr gesagt, dass er Ross kurz vor seinem Tod von dem Baby erzählt hatte und dass er sich darüber freute. Gemeinsam hatten sie beschlossen, dass sie die Neuigkeit für Lydia noch eine Weile aufsparen wollten.
    »Ich wollte es Mama nicht gerade jetzt sagen. Möglicherweise würde sie ihre Reise absagen, und ich weiß, wie wichtig sie für Mama und Lee ist.«
    Ma
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