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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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Prolog
    Der Mann sprang auf die Füße, zog unbeholfen seine Pistole, spannte den Hahn und zielte. Dabei stieß er mit seinen stämmigen Oberschenkeln gegen die Tischkante und brachte die gefüllten Gläser zum Schwingen. Eines kippte um. Eine Zigarre rollte vom Aschenbecher und brannte ein kleines Loch in die grüne Filzoberfläche.
    Jake Langston seufzte müde. In ein paar Stunden fuhr sein Zug. Er war hierhergekommen, um sich die Zeit bis dahin zu vertreiben. Mit einem oder zwei Spielchen Poker, einem oder zwei Whisky, vielleicht einer oder zwei zufriedenstellenden Nummern in einem der Betten oben. Stattdessen war er in einen Streit mit einem Rübenbauern namens Kermit geraten, dem er nur wünschen konnte, dass er mit dem Pflug geschickter umging als mit der Waffe.
    »Sie nennen mich einen Betrüger?«, fragte der Farmer. Er war nicht mehr allzu nüchtern, da er es nicht gewohnt war, mehr als ein Bier zu trinken. Er schwankte wie ein Matrose bei rauer See hin und her, obwohl seine Füße fest auf der Erde standen. Sein bulliges Gesicht war schweißüberströmt und erhitzt. Die Pistole, die direkt auf Jakes Brust zielte, zitterte in seiner unsicheren Hand.
    »Ich habe nur gesagt, dass ich lieber die ganzen Asse, die Sie im Ärmel haben, auf einmal sehen würde, als sie bei jedem zweiten Spiel auftauchen zu sehen.« Mit aufreizender Lässigkeit griff Jake mit seiner Rechten, seiner Schusshand, nach dem Whiskyglas und nahm genüsslich einen Schluck.
    Der Farmer blickte sich nervös in der Bar um. Plötzlich war ihm bewusst geworden, welches Schauspiel er bot. Niemand sonst in dem höhlenartigen Raum bewegte sich. Die Musik war beim ersten Anzeichen von Krawall verstummt. Die anderen Spieler am Pokertisch hatten sich vorsichtig zurückgezogen wie die Wellen, die entstehen, wenn ein Stein in einen ruhigen See geworfen wird.
    Der Mann gab sich alle Mühe, einschüchternd zu wirken. »Sie sind ein Lügner! Ich habe nicht betrogen. Ziehen Sie doch.«
    »In Ordnung.«
    Es ging alles so schnell, dass hinterher nur diejenigen, die direkt danebengestanden hatten, bezeugen konnten, was tatsächlich passiert war. In einer einzigen geschmeidigen Bewegung erhob Jake sich von seinem Stuhl, zog seine Waffe, holte mit der anderen Hand weit aus und lenkte den Arm des Farmers ab, sodass dessen Pistole nutzlos zu Boden knallte.
    Kermits Adamsapfel zog sich in die Länge, ein Kloß schieren Entsetzens saß ihm im Hals. Er blickte in Augen, die so kalt und hart waren wie Eiszapfen, die nach einem eisigen Nordwind im Januar an der Dachrinne hängen. Sie waren viel Furcht einflößender als die Mündung der Pistole, die auf seine Nasenspitze zielte. Er stand jemandem gegenüber, der zwanzig Kilo leichter war als er selbst, aber durch seine eiserne Selbstbeherrschung trotzdem bedrohlich wirkte.
    »Nehmen Sie sich die Hälfte des Gewinns, den Sie dort aufgehäuft haben. Ich nehme an, so viel haben Sie ehrlich gewonnen.«
    Zitternd stopfte sich der Farmer die Münzen und Geldscheine in seine Hosentaschen. Er verfiel in die hektische Raserei eines Fuchses, der bereit ist, sich die Pfoten abzubeißen, um einer Falle zu entrinnen.
    »Und jetzt heben Sie Ihre Waffe ganz vorsichtig auf und verschwinden von hier.«
    Kermit gehorchte. Nur durch ein Wunder ging seine Pistole nicht los, als er mit zitternden Händen den Abzugshahn entspannte und sie wieder ins Pistolenhalfter steckte.
    »Und ich rate Ihnen, nicht wiederzukommen, bis Sie betrügen können, ohne erwischt zu werden.«
    Der Farmer fühlte sich erniedrigt, aber er war erleichtert, dass sein Herz noch schlug, dass er nicht aus einer Schusswunde blutete und dass er nicht ohne einen Cent zu seiner ewig nörgelnden Frau zurückkehren musste. Er ging und schwor sich, nie wiederzukommen.
    Kaum hatte er den Raum verlassen, fuhr der Klavierspieler fort mit seinem fröhlichen Geklimper. Die übrigen Kunden der Spielhalle kehrten an ihre Tische zurück und schüttelten amüsiert den Kopf. Zigarren, die in Aschenbechern liegen gelassen worden waren, wurden wieder angezündet. Der Barmann machte sich sofort daran, die Gläser wieder zu füllen.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung«, sagte Jake freundlich zu den anderen Spielern, während er seinen eigenen Gewinn einstrich. Er deutete auf den Geldhaufen, den der Farmer auf dem Tisch liegen gelassen hatte, und sagte: »Das könnt ihr euch teilen.«
    »Danke, Jake.«
    »Bis bald.«
    »Weil er auf dich angelegt hat, hättest du ihn umbringen
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