Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
der anderen wird der Ekel stehen. Was wird der Lohn all dieser Plagen sein? Nach diesen drei Jahren werde ich noch immer keine Lider haben, ich werde noch immer eine pulvergesprenkelte Haut haben, nur gerade und ohne zu hinken werde ich gehen können. Lohnt sich das?
    »Ich werde es mir überlegen, Herr Professor«, sagte er zu Thoritz. »Ich danke Ihnen.«
    Und zu Anne sagte er am gleichen Abend: »Shirley hat sich in mir verewigt. Ich werde alles so lassen, wie es ist. Es war mein erster Sieg über ihn, und ich habe ihn für dich errungen. Andere Menschen tragen gestanzte Blechdinger am Körper, weil sie Menschen getötet haben, nennen es Orden, und alle bewundern sie. Ich habe meinen eigenen Orden: mein Gesicht. Verdammt, Anne – ich bin stolz darauf. Ich lasse nichts daran operieren! Und Paul werde ich alles erzählen, wenn er größer ist: von meinem Schiffbruch, deinem Flugzeugunglück, deiner Landung auf der Insel, von Shirley, von Yuls Ermordung und von diesen Monaten auf Viktoria-Eiland, als es auf der Welt nur dich und mich gab. Anne, es war eine herrliche Welt!« Er umklammerte mit beiden Händen seinen Kopf und lachte Anne an. »Er bleibt so, wie er ist, dieser Kopf. Es sei denn, du sagst zu mir: Verflucht, wie häßlich bist du – dann lege ich mich sofort auf den Operationstisch.«
    »Du bist der herrlichste Mann, Liebling«, sagte sie. »Bleib so – ich liebe dich so, wie du bist.«
    Es war nicht gelogen.
    Es ist nicht wichtig, wie ein Mann aussieht – es ist nur wichtig, daß er ein Mann ist.

V
    Am zwanzigsten Tag nach seiner Ankunft in Deutschland fuhr Bäcker nach Norderney.
    Er besuchte Lars Lüders, den Strandwärter, der damals die Flaschenpost gefunden hatte. Er blieb bis zum letzten Schiff, das zurück nach Norddeich fuhr, in Lüders' kleinem Haus und erzählte stundenlang von der Südsee, dem großen Traum des einsamen alten Mannes.
    Als Lüders dann vom Hafen zurückkam und seine Buddel wegräumte, lag unter der Flasche ein Scheck.
    5.000, – DM.
    »Nein, so was!« sagte Lüders, fiel auf einen Stuhl und streckte die Beine weit von sich. »So was. Jeden Tag fünf Köm … das hält drei Jahre! Der Postverkehr mittels Flaschenpost sollte wiederaufgenommen werden –«
    Zweiundvierzig Tage nach ihrer Rückkehr ging Hellersen zu Bäcker, um ihn zu fragen, wie er sich eingelebt habe und ob er wieder eine Stellung als Architekt annehmen wolle.
    Er fand eine leere Wohnung vor. Die drei kleinen Zimmer, die Bäcker gemietet hatte, waren zwar noch eingerichtet, aber es waren billige Möbel und gerade so viele, daß man darin notdürftig wohnen konnte. Die Wohnungstür war unverschlossen, die Schränke waren ausgeräumt. Von Nachbarn erfuhr Hellersen, daß die Bäckers vorgestern mit vier Koffern das Haus verlassen hatten.
    Hellersen gab Alarm. Im ›Globus‹ brüllte der Chefredakteur, bis man ihn mit einigen Kognaks beruhigen konnte. Dann ergaben die sofort eingeleiteten Nachforschungen, daß Bäcker heimlich mit aller Gründlichkeit gearbeitet hatte: Er hatte sich mit seiner Familie ordnungsgemäß abgemeldet. Alle Bankkonten waren aufgelöst. Das Auto war verkauft. Flugtickets wiesen den weiteren Weg: zuerst nach Frankfurt, von dort nach Sydney. Man brauchte keine gedankliche Anstrengung, um das Ziel der Flucht zu erkennen.
    »Ich habe es geahnt«, sagte Hellersen zu seinem Chef, als Bäckers Route feststand. »Ich habe es seit Tagen in seinen Augen gelesen, in Vickys Blick und vor allem in den Augen des Jungen … Im Hintergrund ihrer Augen rauschte der Pazifik und bogen sich die Palmen im Wind. Bäcker ist in sein Paradies zurückgekehrt. Er konnte gar nicht anders.« Hellersen steckte die Hände in die Taschen seiner Jacke. »Sollen wir wieder hinterherfliegen, Chef?«
    »Sind Sie verrückt, Hellersen?« Der Chefredakteur des ›Globus‹ winkte ab. »Das könnte Ihnen so passen, auf Kosten der Redaktion noch einmal Südseeurlaub zu machen! Nee, unseren Knüller haben wir gehabt … Was Bäcker jetzt macht, dieser neue, dickköpfige Robinson, ist allein seine Sache. Sagen Sie mal, Hellersen« – er zog das Kinn an –, »würden Sie gerne auf so einem Spuckfleck von Insel leben?«
    »Mit einer Frau wie Anne – ja.«
    »Vicky heißt sie!«
    »Anne.« Hellersen lächelte breit. »Anne Perkins. Das ist mein zweiter Kracher, Chef! Sie haben morgen die erste Folge des neuen Berichtes. Jetzt, wo sie alle weg sind, kann die Rakete hochgehen, ich habe es Bäcker schwören müssen. Es war sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher