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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schon nach der ersten Operation jubeln Sie Ihrem Spiegelbild zu.«
    »Es gibt keine Methode, neue Lider einzusetzen.«
    »Doch! In England. Aber es ist verdammt schwer.«
    »Sehen Sie. Wozu also diese Qual? Am Tag macht es mir nichts mehr aus, und nachts schlafe ich mit einer Augenbinde. Was ist da so dramatisch? Ich habe mich daran gewöhnt. Aber bitte, wenn es alle wollen: Ich lasse mich verschönern. Aber ich stelle eine Bedingung, Hellersen, sonst fliege ich gar nicht mit nach Deutschland: Alle Bilder von Viktoria muß ich genehmigen. Es darf kein Bild von ihr ohne meine Erlaubnis erscheinen!«
    »Einverstanden.« Hellersen blickte Anne an. »Warum bloß? Sie ist doch in jeder Situation schön!«
    »Gerade deshalb. Ich bin eifersüchtig!«
    Bäcker stand auf und ging zum Fenster.
    Draußen auf dem Rasen spielte Paul mit anderen Kindern.
    »Ich bin verrückt, ich weiß es, aber ich gönne keinem anderen den vollen Anblick von Vicky …«
    In Wahrheit aber dachte er: In Lübeck könnte man sich erinnern, wie die wirkliche Viktoria Bäcker ausgesehen hat. Dann wird die Rückkehr zu den Menschen eine Rückkehr zu tausend Teufeln sein …

IV
    In der Nacht vor dem Abflug nach Sydney und dann weiter nach Deutschland lagen Anne und Bäcker umschlungen in der hellen Monddämmerung. Sie konnte nicht schlafen, aber sie sprachen auch kaum. Nur ab und zu küßten sie sich und streichelten ihre Körper.
    »Freust du dich auf Deutschland?« fragte Anne.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ob meine Mutter noch lebt?«
    »Wir werden es erfahren, Anne.«
    »Woran denkst du, Liebling?«
    »An unsere Insel …«
    »Ich auch. Sie war schön.«
    »Der Strand, die Palmen, das Meer, die Sonne und der Wind – wir werden vor Sehnsucht umkommen, Anne, wo wir auch sein werden.«
    Sie krochen ineinander, spürten das Zittern ihrer Körper und lagen da, verurteilt zur Zivilisation, und fühlten sich wie Mörder, die das Morgenrot abwarteten, da sie zum Galgen geführt wurden.
    Um sieben Uhr zwölf donnerte der Düsenriese in die Luft. Hinter einer dicken Sonnenbrille blickte Bäcker hinunter auf das Meer. Anne und Paul saßen neben ihm, angeschnallt wie er.
    »Nach Deutschland –«, sagte Bäcker seltsam gepreßt, als sich Hellersen von hinten zu ihm beugte. »Es ist wirklich ein verdammt flaues Gefühl, wenn ein Mann in seine Heimat zurückkehrt. Es mag blöd sein – aber es gibt wirklich so etwas wie eine Heimat.«
    Nach achtzehn Stunden landeten sie in Hamburg.
    Es schneite. Der erste Schnee in Pauls Leben … er begriff gar nicht, was das war. Er starrte aus großen, verwunderten Kinderaugen auf die lautlos vom Himmel schwebenden weißen Flocken. Und auch Bäcker streckte beide Hände aus und ließ die Handflächen vollschneien.
    Er benahm sich wie ein Kind, rieb den Schnee über sein zerstörtes Gesicht und lachte … lachte … lachte …
    Das, was man Publicity nennt, überlebte Bäcker mit der Ruhe eines Menschen, der mehr vom Leben kennengelernt hatte, als Gläser zu heben, zu trinken, Fragen zu beantworten, in Kameras zu lächeln und Fernsehrechte zu verkaufen.
    Er stand zehn Tage lang einen Wirbel von weltweiter Anteilnahme durch. An seiner Seite stand stets sein kleiner Sohn Paul, während sich Anne im Hintergrund hielt und nur von der Seite oder im Halbprofil fotografiert werden durfte. Ihr langes Haar verdeckte dann fast ihr Gesicht. Hellersen und Buddke hielten sich an diese Abmachung, daß Anne nie voll ins Bild kam, denn Bäcker hatte unmißverständlich gesagt: »Wenn ich ein Foto von Vicky im Ganzprofil sehe, können Sie mich am nächsten Tag wieder sechs Jahre lang suchen! Verstehen wir uns?«
    Die Mannschaft des ›Globus‹ verstand das sofort. Chefredakteur Otto Otto gab die Parole heraus: Alles auf Bäcker konzentrieren, die Frau elegant überspielen! Und den Jungen voll auf die Schleuder legen! Menschenskind, das ist ein Knüller. Ein Mann und eine Frau überleben einen Taifun und einen Schiffsuntergang. Ein Kind wird geboren auf einer Insel ohne Wasser, mitten im Stillen Ozean. Auf einer Toteninsel, wo die Polynesier ihre verseuchten Leichen ablegen! Wenn das nicht alle Hüte vom Kopf reißt, weiß ich nicht, was man noch lesen will! So etwas hat es noch nicht gegeben!
    Zehn Tage lang lief Werner Bäckers Bild durch die Weltpresse und über die Bildschirme … dieses zerstörte, lidlose, von Pulvereinsprengseln gescheckte Gesicht, jetzt glattrasiert und dadurch in einer schrecklichen Nacktheit, die jede Narbe
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