Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
wieder zu verlassen. Später muß ich sie dann umbringen, mit dem Speer, oder ich muß sie mit einem Pfeil durchbohren.
    Er spürte, wie ihm der kalte Schweiß auf die Stirn trat.
    »Sie haben recht, Fritz.« Bäcker trat einen Schritt nach vorn. Groß, breit, ein behaartes Ungeheuer, so wirkte er gegen die Wand des Waldes und unter der glühenden, fast weißen Sonne. Seine Stimme war heiser vor Erregung. »Das, was Sie gerade sagten, zwingt mich, Sie und Ihren Kollegen zu töten. Ich lehne Gewalt ab, ich habe hier auf meiner Insel gelernt, aus eigener Kraft und durch die Liebe zu leben. Aber um mir dieses Paradies nicht zerstören zu lassen, muß ich Sie nun töten! Es ist immer dasselbe, wo Menschen aufeinandertreffen: Sie müssen töten! Sie haben immer einen Grund dazu. Oder sie schaffen sich immer wieder einen Grund. Warum eigentlich? Sehen Sie uns an: Das hier ist meine Welt, dort hinter dem Meer ist die ihre. Beide können bestehen! Warum also muß die eine Welt die andere aufsaugen? Sie sagen: Es muß so sein. Ich sage, es muß nicht so sein. Aus solchen Grundsätzlichkeiten entstehen Völkerkriege. Hier aber geht es nur um Sie und Ihren Kollegen. Hellersen, ich muß Sie einfach töten, um mein neues Paradies zu behalten.«
    Hellersen blickte in die große runde Öffnung des Pistolenlaufes. Welch ein Kaliber, dachte er. Wenn mich so ein Brummer trifft, falle ich glatt auseinander.
    »Gut, schießen Sie!« sagte er gepreßt. »Aber im Flugzeug sitzt der dritte Mann, Bäcker. Der Pilot Marcel Pourie aus Papeete. Ihn können Sie nicht erschießen. Er hat den Finger am Startknopf. Wenn er einen Schuß hört, wird er starten. Was dann? In ein, zwei Tagen wird eine Kompanie Soldaten hier landen und Sie wegen Mordes festnehmen. Bäcker, niemand will Ihnen Ihre Freiheit nehmen, aber Sie haben die Welt mit Ihrer Flaschenpost um Hilfe gerufen – nun ist diese Hilfe da, und Sie müssen sich retten lassen! Glauben Sie wirklich, Sie können darauf mit einer Pistolenkugel antworten? Es gibt keine Robinsons mehr. Und selbst der echte Robinson kehrte einmal nach Hause zurück. Bäcker, machen Sie bloß keinen Blödsinn, der nicht mehr zu reparieren ist. Bitte –«
    »Er hat recht«, sagte Anne. Es waren ihre ersten Worte. Hellersen starrte sie fasziniert an. Eine Stimme, als singe sie. »Sie haben uns eingeholt, Liebling. Vergiß nicht, daß wir sechs wundervolle Jahre miteinander gelebt haben. Die kann uns niemand mehr nehmen.« Sie lehnte sich an ihn, legte den Arm um seine Hüfte und küßte ihn, indem sie das Tuch vor seinem Gesicht etwas anhob. »Wir wollen packen. Wehr dich nicht mehr dagegen, Liebling. Sie werden immer wieder kommen. Sie sind wie Geier.«
    »Was sind Geier, Mami?« fragte der Junge.
    »Eine Art von Tieren, denen Menschen manchmal ähnlich sehen«, sagte Bäcker bitter. »Wenn du älter bist, wirst auch du sie kennenlernen. Sie sind überall. Manchmal gibst du ihnen freundlich die Hand und merkst gar nicht, daß sie dich zerhacken wollen. Ich erkläre dir das alles, wenn wir da draußen in der Welt sind.« Er senkte die Pistole und winkte dann Hellersen damit zu. »Kommen Sie herauf, Fritz. Sie sollen Ihre Reportagen haben. Bevor ich Architekt wurde, wollte ich auch einmal Journalist werden. Es wurde nichts draus, weil in der Nachkriegszeit das Häuserbauen mehr einbrachte, als über Häuser zu schreiben.« Er lachte bitter. »Wenn Sie wüßten, wie's jetzt in mir aussieht, Hellersen.«
    Er riß das Tuch von seinem Gesicht. Hellersen spürte, wie es ihn eiskalt durchrann. Diese Augen ohne Lider, dieses zerstörte Gesicht in dem Wald von Haaren, dieses Monstrum von einem Menschen … welch ein Mann!
    Er stieg langsam den Weg hinauf, als habe er Blei in den Knien.
    »Du bist Viktoria«, sagte Bäcker zu Anne im Innern des Hauses. »Sie müssen es glauben in Papeete. Sind wir erst in Auckland und später in Deutschland, werden wir weitersehen.«
    »Du willst nach Deutschland?« fragte Anne. Ihre großen braunen Augen zitterten. »Wirklich nach Deutschland?«
    »Ja. Nach Lübeck. Wenn schon weg aus dem Paradies, dann völlig. In Deutschland sind wir sicherer. In Auckland war Viktoria zu bekannt. Es wird in Lübeck dann mein viertes Leben sein. Kennst du Lübeck?«
    »Ich war als Kind einmal in Timmendorf und Grömitz. Aber in Lübeck, nein. Nur Bilder kenne ich. Das Holstentor –«
    Sie lehnte sich an ihn und weinte plötzlich. Paul lief draußen vor dem Haus herum und zeigte Buddke und Hellersen, was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher