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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt
Autoren: Christopher Brookmyre
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bin, daran kann ich nichts ändern. Totaler Hirnfick. Hab’s im Kopf schon tausendmal durchgekaut, komm aber zu keinem Schluss.«
    »Die Staatsanwaltschaft denn?«
    »Ach, er kommt da auf jeden Fall ungeschoren raus. Ich hab damit aber nichts zu tun, bin ja befangen. Ich überleg, ob ich mir selber Urlaub nehmen soll. Bin ehrlich gesagt froh, dass ich mich damit nicht befassen muss. Irgendwann kann mal wer seine Doktorarbeit über den Kuhhandel schreiben, den die da gerade damit treiben, wem sie was genau vorwerfen.«
    »Undurchschaubar verschachtelte Deals und Kompromisse?«, fragte Catherine.
    »Und wie. Die Kunst, einen angemessenen Abschluss zu erreichen, ohne in gewisse Wespennester zu stechen. Jeder hat seine Eigeninteressen im Auge. Ihr habt die Drogen nie gefunden, oder?«
    »Keine Chance«, gab Catherine zu. »Auf Nimmerwiedersehen in Tony McGills Labyrinth verschwunden, wahrscheinlich schon Stunden nach der Sache im Bahnhof.«
    »Ja. Cairns, Raeside und McDade geben uns auch nichts über ihn, was mich wundert. Ich hätte gedacht, sie tun alles, damit so wenig wie möglich an ihnen kleben bleibt.«
    »Man hat’s nicht leicht als Polizist im Gefängnis«, erklärte Catherine. »Die werden da drinnen ’ne Menge Feinde haben, also brauchen sie dringend Verbündete. Für die ist es wichtiger als je zuvor, dass Tony McGills Gangsterkarriere einen goldenen Herbst erlebt.«
    Laura hielt vor dem Haus der Ramsays. Catherine spürteförmlich, wie Dominic einen neuen Panikschub bekam, als der Motor endgültig abgeschaltet wurde. Er hatte es nicht gerade eilig auszusteigen.
    »Ich bin schrecklich aufgeregt«, sagte er, was ganz offensichtlich war.
    »Keine Angst. Ich hab sie vor ein paar Tagen kennengelernt. Sie ist sehr sympathisch.«
    »Ich kenn sie doch auch«, erwiderte er. »Hab sie bestimmt schon zehnmal getroffen. Als sie noch Strafverteidigerin war, hab ich ihre Klienten angeklagt. Das ist ja so komisch. Jetzt ist alles anders.«
    »Sie haben doch schon mit ihr telefoniert, oder?«
    »’Ne gute Stunde.«
    »Dann ist doch alles klar.«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber jetzt persönlich … ich bin einfach aufgeregt. Es wird bestimmt toll«, versicherte er sich. »Ich hab ’ne Nichte und ’nen Neffen, wussten Sie das? Tanten und Onkel auch; Cousins und Cousinen. Bisher war meine Familie immer so klein und abgeschlossen.«
    Er griff nach dem Türöffner. Endlich fasst er sich ein Herz, dachte Catherine, aber dann hielt er inne und drehte sich wieder zu ihr um.
    »Hab ich Ihnen schon gesagt, dass ich in Wirklichkeit katholisch bin?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich bin wohl mit drei Wochen getauft worden. In einer Ironie des Schicksals hab ich sogar ’ne Dauerkarte vom Celtic Park.«
    »Wieso Ironie?«
    »Ich hab so mit zwölf beschlossen, dass ich Celtic-Fan bin, um meinen Vater zu ärgern. Der ist schließlich vornehmer Rangers-Anhänger mit braunen Handschuhen und allem. Und jetzt kommt raus, dass ich sowieso die ganze Zeit katholisch war.«

    »Genug geredet«, sagte Catherine. »Jetzt mal rein mit Ihnen.«
    Als sie den Gartenweg entlanggingen, machte Jasmine Sharp die Haustür auf, die die Rolle der Anstandsdame für ihre Auftraggeberin übernommen hatte.
    Jasmine führte Catherine und Dominic ins Wohnzimmer, wo Anne Ramsay stand und händeringend wartete. Sie sah genauso aufgeregt aus wie Dominic, aber eher erwartungsvoll als ängstlich. Catherine bemerkte, dass der Boden voller Spielzeug lag, aber keine Kinder da waren. Waren wohl zu Oma abgeschoben worden, damit dieser Moment der Zusammenführung sie nicht zu sehr verwirrte.
    Anne schwieg. Sie wollte wohl etwas sagen, öffnete den Mund ein, zwei Sekunden, bekam aber kein Wort heraus; Worte reichten nicht. Dann trat sie zwei Schritte vor und drückte Dominic an sich. Die Tränen flossen schon, bevor sie sich berührten. Sein Körper bebte von ihrem Schluchzen, und auch seine Arme schlossen sich eng um sie, als er nachgab.
    Catherine schaute still Jasmine an und nickte in Richtung Tür. Auch Annes Mann, Neil Caldwell, verstand und ging mit ihnen in den Flur, wo Laura wartete.
    »Kommt sie klar da drinnen?«, fragte Jasmine.
    »Auf jeden Fall«, erwiderte Neil, dessen Augen selbst feucht geworden waren. »Schon seit Tagen ist sie wie ein Kind an Heiligabend, voller freudiger Erwartung. Jetzt hat sie Seelenfrieden.«
    Er zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich die Augen und die Nase.
    »Wir sind Ihnen so dankbar«, sagte er zu Jasmine.
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