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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt
Autoren: Christopher Brookmyre
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alten Sacks tanzte. Manchmal musste man eben mitspielen, damit alle glücklich waren, aber der kleine Wichser genoss das Ganze einfach zu sehr. Der Drecksack sollte lieber mal aufpassen, dass er nicht den gleichen Fehler machte wie sein Exkumpel da auf dem Boden. Er meinte wohl, dass er zum Hochadel der Straße gehörte, weil er schon eine Zeit lang dabei war und einen auf ehrbar und alte Garde machte. Er sollte bloß nicht vergessen, wer die größte Gang der Stadt war. Bloß weil sie ihm hier aus Eigeninteresse halfen, durfte er sich noch lange nicht groß aufspielen und erst recht nicht die Natur der Beziehung falsch verstehen. Wee Sacks glaubte, dass Big Fall sich an ihn gewandt hatte, weil er in Gallowhaugh die Fäden zog. Das konnte er aber nur, weil Fall es ihm erlaubte.
    Dass die kleine Ratte heute Nacht unbedingt dabei sein musste, sagte ja schon alles. Purer Napoleonkomplex. Das hätte er nicht nötig haben dürfen; er hätte einfach zufrieden sein sollen, dass das Problem erledigt wurde, und zwar diskret, ohne unliebsame Konsequenzen. Aber nicht mit Wee Sacks. Er ging unnötige Risiken ein, weil er Jai noch unbedingt zeigen musste, dass er das letzte Wort hatte, dass Jai sein eigenes Schicksal besiegelt hatte, als er versuchte, den allmächtigen Paten zu hintergehen.
    Er wollte seinen Triumph voll auskosten.
    Jai hob den Kopf, als er den unerwarteten Neuankömmling hörte. Sein blutverschmiertes Gesicht zeigte die gewünschte Reaktion, als er sich fragte, wie das sein konnte und was das für seine Chancen hieß: eine Mischung aus Verwirrung und Verzweiflung. Er schwieg, während er die Enthüllung dieser unheiligen Allianz langsam verarbeitete und sich mit der unausweichlichen Lage der Dinge abfand. Jai hatte sich für clever gehalten und geheime Deals mit den Feinden seines Bosses gemacht, doch jetzt erkannte er, wer hier wirklich der Clevere war und warum sein Boss der Boss war.
    Jai hatte voll und ganz verstanden, was Sache war, und das hätte reichen müssen. Aber Wee Sacks bekam den Hals nicht voll. Er zog eine Pistole, obwohl den Part Big Falls Leute übernehmen sollten. Er nahm die Waffe als Requisite, er wollte Jais Angst voll auskosten, während er ihm eine vorgefertigte Geschichte ihrer gemeinsamen Vergangenheit vortrug und auf seine bittere Enttäuschung über Jais Treuebruch hinarbeitete.
    Er setzte Jai die Pistole an die Stirn. Jai schloss die Augen, als könnte er das Unausweichliche dann ignorieren. Er presste sie immer stärker zu, während der Moment sich hinzog,aber der Schuss nicht kam, bis er zusammenbrach und die Tränen flossen. Dann senkte der kleine Wichser die Waffe und fing wieder an, seiner Empörung wortreich Ausdruck zu verleihen. Er genoss den Moment zu sehr, um ihn einfach zu beenden, wenn auch nicht aus rein sadistischen Gründen. Jais Unverschämtheit brachte ihn zum Kochen. Dieser Moment reichte einfach nicht als Wiedergutmachung, ihn einfach zu töten, war keine angemessene Rache. Am liebsten würde er ihn immer und immer wieder töten, und so konnte er diesem Wunsch am nächsten kommen. Er war ein wütender kleiner Hund, der seine mangelnde Größe mit umso größerer Lautstärke übertönen wollte.
    Fall hatte die Schnauze voll. Der Große hatte genug gehört. Er zog selbst seine Pistole und rempelte den kläffenden Terrier zur Seite.
    »Jetzt ist aber mal gut«, knurrte er und gab Jai einen Kopfschuss.
    Jai kippte nach hinten, und um seinen Kopf bildete sich eine Blutlache, während der Knall von den Wänden des Steinbruchs widerhallte. Das Echo wurde noch lange hin und her geworfen wie bei einer Rückkopplung; dann, als der Schuss schließlich langsam verklang, merkte Wullie, dass darunter noch ein anderes Geräusch lag: ein Schrei.
    Es war wohl kein gutes Zeichen, dass ihm erst nach einem Augenblick der Überraschung klar wurde, dass die meisten Leute von so einer Szene wohl schockiert waren.

Jasmine verbockt’s
    »Das Zielfahrzeug biegt rechts, rechts, rechts auf die Byres Road ab. Aufschließen, Foxtrot Five. Ich lasse ihn an der Ampel aus den Augen, bevor er mein Gesicht noch aus dem Gedächtnis zeichnen kann.«
    »Okay, okay«, antwortete sie, und ihr Herz raste, dass ihr kleiner Renault kaum mithalten konnte.
    Jetzt hatte sie Sichtkontakt.
    Diesmal verbock ich’s nicht, schwor Jasmine Sharp sich.
    Sie sah, wie Onkel Jims – nein, Delta Sevens – Wagen vor der Kreuzung nach links schwenkte und auf der Dumbarton Road nach Westen fuhr, und plötzlich war sie
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