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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt
Autoren: Christopher Brookmyre
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Hand.«
    »Ich will gar kein Geld«, flehte Jasmine. »Ich halt dicht, ich vergess sofort alles. Bitte, ich will nicht sterben.«
    Die Stille war bis zum Zerreißen gespannt. Zumindest dachten sie darüber nach.
    »Er hat recht«, sagte McDade. »Wenn sie verschwindet, gibt’s noch ’ne Vermisste, die mit den Ramsays in Verbindung gebracht werden kann.«
    »Was?«, fragte Cairns. »Du meinst ›kann mit den Ramsays in Verbindung gebracht werden‹ ist schlimmer als jemand, der alles weiß und frei rumläuft?«
    »Bringt sie wenigstens erst um, wenn sie euch von Campbell de Morgan erzählt hat«, bat Fallan. »Das könnte nämlich Auswirkungen auf eure Entscheidung haben.«
    »Von wem?«, hakte Cairns nach.
    »Campbell de Morgan«, wiederholte Jasmine laut, damit sie alle hörten, »war ein Chirurg, nach dem diese kleinen, roten Flecken auf der Haut benannt sind. Wisst ihr, was die bedeuten?«
    »Nein, was?«, fragte Cairns ungeduldig. »Krebs?«
    »Überhaupt nichts«, erwiderte sie. »Ganz anders als die winzigen roten Punkte, die ihr alle auf der Stirn habt. Die bedeuten nämlich, dass ein Team von Polizeischarfschützen euch im Visier hat, seit ihr hier seid.«
    Die drei sahen einander an und erkannten die roten Punkte, die von weniger auffälligen Stellen auf die Stirnen gewandert waren, als Fallan das Codewort gegeben hatte.

    Von der Kante aus, wo die Scharfschützen lagen, erschallte eine Megafonstimme.
    »Legen Sie die Waffen langsam ab, die Hände hinter den Kopf und gehen Sie auf die Knie.«
    Cairns und McDade keuchten in ungläubiger Verzweiflung, doch alle drei gehorchten sofort und ohne hektische Bewegungen. Sie wussten, dass Polizeischarfschützen sich im Zweifel für die Sicherheit der Zivilisten entscheiden würden. Ein unwillkürliches Zucken, und das war’s. Es war vorbei.
    »Was hatten Sie noch gesagt? Sie wissen, wie ’ne Falle aussieht?«, fragte Jasmine Cairns, als sie von den drei knienden Männern zurücktrat.
    Cairns reagierte nicht. Er starrte nur Fallan an.
    »Mal was Neues«, sagte Fallan. »Ich schick die Bösen in den Knast, genau wie mein Vater es nie gemacht hat.«
    »Dein Vater?«, fragte Cairns und spuckte auf den Boden. »So wie’s aussieht, kann ich’s jetzt ja sagen. Ich hab ihn umgebracht.«
    Seine Stimme war voller Hass, voller Überzeugung.
    Fallan sah mitleidig auf ihn hinab.
    »Ich gehör nicht zu denen, die immer wissen, wenn jemand lügt«, sagte er. »Aber ich weiß, dass du jetzt lügst. Du warst schon damals ’ne feige, kleine Ratte, und du hast dich nicht geändert. Na ja, ich muss dann mal los, und gleich kommt einer, der mit dir reden will. Es geht um Sümpfe und Moskitos oder so, glaub ich.«

Familie (I)
    Catherine ließ normalerweise niemanden im Auto rauchen, aber diesmal machte sie eine Ausnahme. Dominic Wilson war so aufgeregt, dass sie Angst hatte, er könnte die Tür aufreißen und nach draußen hechten, wenn er sich nicht mit einer Zigarette beruhigte. Catherine saß mit ihm hinten und Laura fuhr. Ihre kleine schwarze Wolke hatte sich in den letzten Tagen etwas aufgehellt. Laura war etwas ruhiger geworden, besonnener, und wenn sie etwas sagte, wirkte sie selbstbewusster. Irgendwie fand sie Glen Fallan wohl faszinierend, worüber Catherine sich weniger freute, aber wenn das die Polizistin zum Vorschein brachte, von der ihre Kollegen an der Ostküste so geschwärmt hatten, sollte es ihr recht sein.
    »Wie geht’s Ruaraidh?«, fragte Catherine. Eine heikle Frage, das wusste sie, aber auch ein gutes Thema, um Dominic von dem bevorstehenden Treffen abzulenken. Sie hatte bewusst die Worte »Dad« und »Vater« vermieden, weil die mittlerweile ziemlich fragwürdig waren.
    »Der ist verreist«, erwiderte Dominic. »Mit seiner Freundin nach Malaysia gejettet. Alle meinen, er ist vor der Presse geflohen, aber ich glaub eher vor mir. Komischerweise bin ich ihm gar nicht böse. Aus irgendeinem Grund bin ich sogar weniger sauer auf ihn als je zuvor. Vielleicht steh ich immer noch unter Schock, aber mir kommt’s nicht so vor.«
    »Ich war dabei, als er zum ersten Mal damit konfrontiertwurde«, erklärte sie. »Und an einer Sache gibt es keine Zweifel – an seinen aufrichtigen Gefühlen für Sie.«
    »Ja. Ich glaub, ich bin nicht böse auf ihn, weil er mir irgendwie leidtut. Ich weiß nicht, ob er aus schlechten Gründen was Gutes getan hat oder andersrum. Und ohne hier allzu anthropisch werden zu wollen: Seine Entscheidungen haben mich zu dem gemacht, was ich
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