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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt
Autoren: Christopher Brookmyre
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kleine Entschädigung auszahlen. Ein paar mehr tote Verbrecher machen auch keinen Unterschied.«
    »Und wie sieht’s mit toten Expolizisten aus?«, fragte Jasmine. »Jim Sharp hat genauso lange gearbeitet wie ihr, seine Ehe ist gescheitert, und er hat seine Kinder kaum gesehen, weil er so engagiert war. Wo ist sein Anteil an dem Heroindeal?«
    McDade brachte den Wagen sanft zum Stehen. Jasmine konnte im Scheinwerferlicht in gut fünfzig Metern Entfernung eine senkrechte Felswand sehen. An den Rändern standen vereinzelte Bäume und Büsche, wo vor siebenundzwanzig Jahren wohl noch lose Erde und Sträucher gewesenwaren. Sie fragte sich, um welche vergrabenen Sünden sich ihre Wurzeln wohl geschlungen hatten.
    »Jim hat alles wieder hochgeholt«, sagte McDade jetzt eher verbittert als zerknirscht. »Gerade wollten wir unsere Zukunft sichern, als er unbedingt die Vergangenheit ausgraben muss. Wir hatten gebüßt, unsere Strafe abgesessen. Wir haben ein Vierteljahrhundert für die Sache mit den Ramsays bezahlt.«
    »Dann gehen wir mal fragen, ob sie euch vergeben«, sagte Fallan.
    McDade stieg langsam aus dem Wagen, öffnete die Fahrertür übertrieben vorsichtig, fast widerwillig, während Fallan ihn beobachtete. Als er auf den Beinen war, hechtete McDade plötzlich nach rechts, sodass er hinter der Seitenwand des Wagens verschwand.
    Im gleichen Augenblick wurde die Hintertür aufgerissen, und ein Mann zielte mit einer einläufigen Pumpgun auf Jasmine. Er hatte die Augen weit aufgerissen und wirkte nervös, weshalb sie doppelt eingeschüchtert war und umso bereitwilliger gehorchte, als er ihr befahl auszusteigen. Raeside, nahm sie an – nie selbst den Finger am Abzug, hatte Fallan gesagt, aber umso gefährlicher als jemand, der mit so einer Waffe vertraut war.
    Sie stieg langsam aus und Raeside ging ein paar Schritte zurück, hielt aber die ganze Zeit Augenkontakt. Es war Vollmond und fast wolkenlos, und das Scheinwerferlicht wurde von den Felswänden zurückgeworfen.
    Als sie ein paar Schritte auf dem staubigen Boden gegangen war, sah sie Fallan. Ein Mann, der alle anderen überragte, hielt ihm eine Pistole an den Kopf. Cairns. Der war wohl am Beifahrerfenster aufgetaucht, als Fallan McDade beim Aussteigen beobachtet hatte.
    Jetzt sah sie auch ein Auto hinter den Bäumen versteckt. Sie waren als Erste hier angekommen und hatten sich aufdie Lauer gelegt, weil sie wussten, wohin die Fahrt ging. Jetzt wusste sie auch, warum McDade so langsam in den Steinbruch gefahren war – seine Kollegen sollten Zeit haben, sich in Position zu bringen.
    »Wir sind jetzt seit dreißig Jahren Polizisten«, beantwortete Cairns ihre unausgesprochene Frage. »Versteh mich nicht falsch, du bist nicht die schlechteste Schauspielerin, die uns je untergekommen ist, aber habt ihr echt gemeint, wir wissen nicht, wie eine Falle aussieht?«
    Sie erinnerte sich daran, wie McDade die Hand an seine Tasche gehalten hatte, und fragte sich, ob dort sein Handy gesteckt hatte und Cairns und Raeside über eine offene Leitung auf dem Laufenden hielt. Vielleicht hatten sie außer Sichtweite gewartet, als McDade ins Büro gegangen war, und waren dem Wagen dann diskret gefolgt. Vielleicht war es von vornherein abgemacht gewesen, dass McDade sie hierherführte.
    McDade zeigte sich mit einem Klarsichtbeutel über der Hand vor dem Wagen. Er ging vorsichtig auf Fallan zu, nahm ihm die Beretta ab und krempelte die Tüte um, als hätte er einen Hundehaufen eingesammelt.
    Fallan grunzte ernüchtert.
    McDade gab Raeside die eingetütete Beretta, übernahm die Schrotflinte und zielte auf Jasmine.
    »Ich nehme an, mit der Waffe habt ihr Frankie Callahan, Gary Fleeting und Tommy Miller erschossen?«, sagte Fallan.
    »Genau«, erwiderte Cairns. »Und jetzt sind nur noch deine Fingerabdrücke drauf.«
    »Erstklassige Beweisfälschung. Mein Vater wäre stolz.«
    »Nimm’s mir nicht persönlich, Junge. Hat sich bloß so ergeben.«
    »Alles klar. Fletcher hat mir auf der Fahrt alles erklärt. Ich war zu Tränen gerührt. Ist ja ’ne richtige Ehre, dabei sein zu dürfen.«

    »Spiel du dich hier noch als Moralapostel auf!«, zischte Cairns. »Wir müssten noch ganz schön tief fallen, bis wir auf deiner Stufe wären.«
    »Dann beweist es«, forderte Fallan. »Lasst das Mädchen laufen. Die weiß nichts über euch. Die Leichen könnt ihr verlegen. Sie hat doch sowieso viel zu viel Angst, um etwas zu sagen. Zahlt ihr ein kleines Schweigegeld, dann habt ihr sie in der
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