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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt
Autoren: Patrícia Melo
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Cidade Universitária, ich und meine Wasserschlange und Fúlvia und ihre Albinopython aus Burma. Wir ließen die beiden auf dem Rasen frei und blieben händchenhaltend sitzen, küßten uns und sahen zu, wie unsere Schlangen sich in der Sonne wärmten. Wir wiederholten unseren Ausflug noch ein paarmal, bis eines Tages eine sportliche Studentin, eine dumme Ziege, die dort joggte, unsere Schlangen erblickte und schreiend vom Campus lief, diese blöde Kuh. Wir mußten unsere Reptilien Hals über Kopf verstecken, und Schlangen sind sehr sensibel, sie geraten leicht in einen Mordsstreß, meine Sucuri fraß nach diesem Ereignis fast drei Wochen lang nicht.
    Ich habe vor meiner Sucuri niemals Angst gehabt, aber in den ersten Tagen, wenn wir, meine Sucuri und ich, zusammen schliefen, habe ich geträumt, daß sie mich von Kopf bis Fuß einwickelte, ganz langsam, und meine Knochen mit unglaublicher Kraft zermalmte. Ich erwachte jedesmal mit dem gleichen Gefühl, gelähmt vor Schrecken, und eine eisige Flüssigkeit lief meinen Leib hinunter.
    Ich erzählte Fúlvia davon, prima, meinte sie, verwende dieses Angstgefühl, um deine Verbrechen und deine Figuren zu beschreiben. Mach was draus, sagte sie.

5
    Von Anfang an bestimmte ich, wo’s lang ging. In Wirklichkeit gibt es in der Liebe keinen Zufall. Wir sind es, die die Liebe erfinden. Sicher, wir haben einen instinktiven Riecher für die Richtung, unsere Hormone sind der Wegweiser, wir malen uns den Ort aus, wo sie, die Liebe, sein könnte, und wir legen unsere Hand hinein, um zu sehen, was passiert. Normalerweise ist da nur ein Hohlraum und weiter nichts. Ich begegnete Fúlvia Melissa. Sie erzählte mir, daß ihr in erster Linie meine manischen Augen gefallen hätten, als wir uns zum ersten Mal im Schlangenzuchtinstitut sahen. Es war, als würde dein Blick in mein Fleisch eindringen, sagte sie, als ob er mein Fleisch durchbohren wollte. Du sahst wie ein Fleischbeschauer aus, wie ein Marketender, ein Pferdehändler. Sie sagte außerdem, daß ich Stärke besäße, Männlichkeit, und daß ich den Gang eines Affen hätte und daß sie das von Anfang an gemocht hätte. Frauen vergöttern Männer, die sich wie Affen bewegen. Noch bevor du mich ausgesucht hast, hatte ich mir bereits dich ausgesucht. Gleich am selben Tag kam sie mit dieser Geschichte, die mir die Haare zu Berge stehen ließ. Ich hatte noch niemals darüber nachgedacht. Wirklich noch nie. Es war Fúlvia, die damit anfing. Sie fragte, ob ich an meine Theorie von den drei grundlegenden Faktoren für das perfekte Verbrechen glaubte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, das geschrieben zu haben. Willst du’s hören? fragte sie. Das steht in deinem Buch Eisenbahn in den Tod. Sie zog es aus dem Regal und fing an zu lesen: »Sie überlegen, ob Sie Ihren Ehemann im Swimmingpool ertränken sollen? In zwei Tagen fliegt alles auf. Das ist dilettantisch. Wollen Sie’s richtig machen? Regel Nummer eins: suchen Sie sich einen Komplizen. Jeder Mensch braucht Hilfe, niemand zieht sich ohne Komplizen aus der Affäre, es sei denn natürlich, daß Sie alles gestehen und Notwehr geltend machen. Regel Nummer zwei: Sie, die Mörderin, müssen gut informiert sein, alles über das Opfer wissen, und zwar alles, absolut alles. Regel Nummer drei, die goldene Regel: seien Sie kühn, wenn Sie Ihren Mann umbringen wollen. Schauen Sie, wie die Profis es machen. Zuerst bereiten sie den ganzen Zirkus vor. Die Freundin von dem Typ, das ist wichtig, muß zu der Mörderbande dazugehören. Gegen Abend ruft die Frau bei den Mördern an und erzählt haarklein, was sie vorhaben, daß sie ins Kino gehen werden, in die und die Vorstellung um soundsoviel Uhr. So weit, so gut. Irgendwann kommt das Paar im Auto angefahren. Europa-Kino. Direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist eine Lücke frei, genau dort parkt das Opfer. Die beiden steigen aus dem Auto aus, und er steckt die Schlüssel in seine Tasche. Und dann, die ganze Welt schaut zu, dort, vor aller Augen, kommen die Typen angerückt. Die Killer. Haufenweise Leute sind da, die gucken, Paare, Popcorn-Verkäufer, Kassierer, alle da, und sie, die Mörder, zögern keine Sekunde, schießen ihre Kugeln ab, erbarmungslos. Das Opfer wird von oben bis unten durchsiebt, zwanzig, dreißig Kugeln. Es bricht zusammen. Die Kerle hauen ab, zu ihrem Plan gehört auch ein Auto mit Fahrer. Natürlich haben sie alle schon ein fix und fertiges Alibi. Die Polizei kennt die Täter. Sie nimmt alle fest, schlägt alle
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