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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin
Autoren: Kelly Medling
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1. Kapitel
    Freitag, 05:56 Uhr
    K urz vor Tagesanbruch sickerte über dem ehemaligen Altmühl-Naturpark sattes Blutrot in den Morgenhimmel, und ich wollte nicht mehr dort sein, wenn die Sonne über die Baumwipfel auf den Bergen ringsum kletterte. Denn wenn die Sonne erst einmal auf die Unmengen toter Blutsauger und Halbvampire fiel, die auf dem Betonsee rund um das Besucherzentrum des Geheges verstreut lagen, wäre das Spiel zu Ende. Dann würde der schwere und säuerliche Gestank brennender Vampirleichen, der an den Geruch versengter Autoreifen erinnerte, die Luft erfüllen. Der Parkplatz war übersät mit mehr als vierzig toten Blutsaugern, allesamt Opfer der beinahe epischen Schlacht der letzten Nacht.
    Selbst in der Stadt würde man es den ganzen Tag über riechen.
    Ich wandte mich von dem grausigen Bild ab und schlenderte zu den in einer Reihe geparkten Jeeps zurück, die eine Art Mauer zwischen dem Wald und dem Tatort des Blutbads bildeten. Dabei kam ich an den Jägern vorbei, die die Koboldleichen einsammelten und damit einen Scheiterhaufen errichteten. Bevor sie den anzündeten, wollte ich weg sein. Obwohl sie tot waren und bereits verfielen, lief es mir beim Anblick der buckligen, ölig glänzenden Koboldkrieger eiskalt über den Rücken.
    Von der anderen Seite der Jeeps drangen Stimmen zu mir herüber.
    »… hast du gesehen, wie sie mit ihm ins Besucherzentrum gekommen ist?«
    »Menschen können sich nicht teleportieren. Das ist unmöglich.«
    »Sie können auch nicht von den Toten wiederauferstehen, und sie hat’s trotzdem gemacht.«
    »Wie ein verdammter Zombie oder so was.«
    »Für einen Zombie bewegt sie sich zu schnell.«
    Sie sprachen über mich, was mich nicht überraschte. Wie oft geschah es schon, dass eine Dreg-Jägerin von den Toten zurückkehrte, einen Angriff gegen einen besessenen Elf anzettelte, feststellte, dass sie sich teleportieren konnte, und sich ständig von Wunden erholte, die jeden anderen Menschen umgebracht hätten? Wir lebten in einer Stadt, in der Magie real existierte und in der Teenager angeheuert wurden, um Alptraumgeschöpfe zu töten – und trotzdem fiel diesen Typen nicht mehr zu mir ein, als mich mit den Untoten aus Romero-Filmen zu vergleichen?
    Na toll.
    Die beiden Tratschtanten schleppten eine Koboldleiche auf meine Seite der Jeeps. Als sie mich sahen, erstarrten sie. Ihre Gesichter hatte ich schon einmal gesehen, aber ich kannte ihre Namen nicht. Jede Triade bestand aus drei Jägern, wurde von einem speziell ausgebildeten Handler angeführt und arbeitete unabhängig von den anderen. Nur die Handler blieben untereinander in Kontakt, während die Jäger selbst nichts voneinander wussten, um sie vor Verfolgung durch Feinde zu schützen.
    Bei der Massenschlacht in den Bergen in der vergangenen Nacht hatte ich zum ersten Mal mehr als drei Triaden an einem Ort versammelt gesehen.
    Ich kniff die Augen zusammen und knurrte die beiden mit tiefer, kehliger Stimme an: »Mhm, Gehirne.«
    Der Größere der beiden stieß ein Grunzen aus und riss die von langen Wimpern beschatteten Augen weit auf, während sein Gefährte, der einige Zentimeter kleiner war und kaffeebraune Haut hatte, verächtlich schnaubte. Er kam mir bekannt vor, und da fiel mir plötzlich ein, wo ich ihn gesehen hatte – beim Burger Palace. Er gehörte zu einem Handler namens Rhys Willemy und hatte vor zwei Tagen geholfen, meinen eigenen Handler gefangen zu nehmen.
    Ach was.
    Die beiden setzten ihren Weg fort, um dem Scheiterhaufen mit ihrer Last noch mehr organischen Brennstoff beizugeben. Das Feuer würde einfach nur widerlich werden, und als sie sich wieder aufmachten, um den nächsten Leichnam herbeizuschaffen, war ich froh, dass man mich nicht für die Aufräumarbeiten abgestellt hatte.
    Wahrscheinlich blieb mir das erspart, weil man mich dafür belohnen wollte, dass ich, na ja, den Bösewicht aufgehalten und den Amoklauf eines Dämons verhindert hatte.
    Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Leichen, die überall herumlagen. Mein Opfer hatte man noch nicht eingesammelt. Aufgrund des Blutverlusts waren Kelsas sterbliche Überreste verschrumpelt, und um die Koboldkönigin herum war die purpurrote Flüssigkeit auf dem Beton zu einer Art Paste getrocknet. Wenn ich mit meinen ohnehin schon mit Blut und Dreck verschmierten Sneakers hineintrat, machte es ein schmatzendes Geräusch. Ich atmete durch den Mund, doch das half nichts, denn den widerlichen Meerwassergestank konnte man sogar auf der Zunge
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