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0771 - Der Knochen-Sessel

0771 - Der Knochen-Sessel

Titel: 0771 - Der Knochen-Sessel
Autoren: Jason Dark
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Nach dem Mahl schien der Abbé eine Erklärung abgeben zu wollen.
    Mit einem lauten Scheppern legte er den Löffel zur Seite. Acht Augenpaare richteten sich auf sein Gesicht, dessen Augen hinter einer dunklen Brille verborgen lagen. Der Templer-Führer wusste genau, wie seine Freunde reagierten. Er wartete, bis das Echo verklungen war, und nickte ihnen zu. Da er am Kopfende des Tisches saß, wurde diese Bewegung von jedem gesehen.
    Auch das letzte Flüstern verstummte. Schweigen breitete sich aus.
    Erwartung und Spannung traten in die Augen der Männer. Sie kannten ähnliche Ankündigungen und wussten, das ihnen ihr Anführer etwas Besonderes mitzuteilen hatte.
    Abbé Bloch seufzte. Mit einer müde anmutenden Bewegung hob er den Arm, stemmte den Ellbogen auf das Holz und wischte über seine Stirn. »Was ich euch zu sagen habe, kann ich nicht beweisen, da muss ich mich schon auf mein Gefühl verlassen, aber dieses hat mich, wie ihr wisst, meine Brüder, bei entscheidenden Situationen noch nie im Stich gelassen. Ich hoffe, dass es auch heute so sein wird.«
    Als seine Hände nach einem mit Rotwein gefüllten Glas tasteten und es anhoben, tranken auch die anderen. Der Abbé schlürfte seinen Wein und gab nach dem Schluck einen ersten Kommentar ab.
    »Es schmeckt wie Blut, meine Brüder, wie das Blut der Menschen, das sehr bald vergossen wird, weil das Unheil über uns liegt.« Er stellte das Glas wieder ab. »Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber es ist etwas passiert. Nicht hier, noch nicht hier, doch es wird mit uns zu tun haben, darauf könnt ihr euch verlassen. Es ist etwas ans Tageslicht gezerrt worden, das lieber im Dunkel hätte verborgen bleiben sollen. Nun ist es nicht zu ändern, wir müssen uns den Tatsachen stellen.«
    Da er eine Pause einlegte, fühlte sich einer der Männer bemüßigt, eine Frage zu stellen. »Kannst du uns nicht etwas mehr darüber sagen, Abbé? Dann könnten wir uns darauf einstellen.«
    Der Templer schüttelte den Kopf.
    »Baphomet?« Der Frager gab nicht auf, weil er wusste, dass Baphomet zu den Todfeinden der Templer gehörte.
    »Ich weiß es nicht, meine Freunde. Es ist einfach nur das Gefühl, das uns das Grauen beschert. Es ist noch weit weg, aber ich habe die Auswirkungen bereits erlebt. Es ist eine unheimliche Kälte gewesen, die mich berührte, eine so schreckliche Vorahnung, dass mich schauderte. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.«
    Nach diesen Worten trat eine Pause ein. Schließlich fragte ein anderer Templer: »Was sollen wir tun? Können wir etwas tun?«
    »Ja, wachsam sein. Sehr wachsam sein.«
    »Das sind wir.«
    »Noch wachsamer!«, schärfte ihnen der Abbé ein. »Was da geschehen ist, das berührt uns unmittelbar, aber ich hoffe zugleich, dass wir nicht die Einzigen sind, die in diesen gefährlichen Strudel hineingezogen werden. Wahrscheinlich wird es noch einen Mann treffen, der weit von uns entfernt lebt, aber mit uns doch sehr verbunden ist. Muss ich euch den Namen nennen?«
    Das brauchte er nicht. Ein Dritter sprach ihn mit sehr leiser Stimme an. »John Sinclair…«
    ***
    Kennen Sie das Schneeballsystem? Nicht? Okay, dann will ich es Ihnen erklären.
    Jemand steht auf der Spitze eines verschneiten Bergs, formt einen Schneeball und rollt ihn den Hang hinab. Der Ball verändert dabei seine Größe und wächst, bis er irgendwann so groß und so schwer ist, dass er andere Dinge, die sich ihm in den Weg stellen, mitreißt.
    Die Schneekugel rollt und wächst weiter. Längst hat sie die Kugelform verloren und ist zu einer Lawine geworden, die in breiter Front in das Tal donnert.
    Aus dem kleinen, handgroßen Schneeball wird eine Katastrophe, die Tränen, Leid und Tod verursacht.
    Das also ist das Schneeballsystem, und damals ahnte ich noch nicht, wie sehr sich ein bestimmter Fall entwickeln sollte, der zu Beginn eigentlich nicht mehr als ein Schneeball gewesen war, dann aber zur Lawine wurde, die…
    Nun ja, ich will der Reihe nach berichten, obwohl dieser Fall noch nicht beendet ist und sicherlich noch etwas nachkommt, denn was ich da erlebte, war schlimm.
    Es war einer dieser schönen Spätsommertage, die man einfach genießen sollte. Mit Temperaturen um die zwanzig Grad Celsius. Ein leichter Wind aus westlicher Richtung, der noch den Duft des Sommers mitbrachte und wieder Erinnerungen an die heißen Tage weckte.
    Ich war nach Feierabend noch kurz zu Sarah Goldwyn gefahren und hatte Suko mitgenommen. Erstens wollten wir die Horror-Oma mal wieder besuchen, und
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