Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt
Autoren: Patrícia Melo
Vom Netzwerk:
zusammen, aber es gibt da eine Kleinigkeit, die sich Habeas Corpus nennt. Es läßt sich nicht beweisen, wer die Schuldigen sind. Und alles endet gut, alle kommen ungeschoren davon.«
    Fúlvia fragte mich, ob das stimme, ob es eine wirksame Methode gebe, einen Menschen umzubringen und der Polizei zu entwischen. Ich antwortete, daß es in Brasilien noch am einfachsten sei, daß sie ihren Mann ruhig im Swimmingpool ertränken könne, wenn sie wolle. Das werde ich tun, erklärte sie. Sie sagte es einfach so dahin, ohne irgendeine Einleitung, ohne irgendeine Erklärung, nichts dergleichen, ihr einer Fuß ruhte auf dem Knie, die Hand auf dem Bauch, alles ganz zwanglos. Fúlvia hatte niemals schlecht über Ronald geredet, das hatte mir übrigens von Anfang an gefallen. Eine Frau büßt sechzig Prozent ihres Charmes ein, wenn sie anfängt, schlecht über ihren Mann zu reden. Deshalb nahm ich diese Bemerkung nicht ernst, als sie sagte, sie würde Ronald ertränken, ich ignorierte sie, stand auf, stellte den Computer an, ich werde arbeiten, sagte ich. Ich verschwendete keinen einzigen Gedanken mehr an die Sache.
    All das geschah zu Beginn des Jahres. Aber erst im Juni eröffnete sie die Partie. Genau so war es, so spielten sich die Dinge ab. Meine Wasserschlange war aus ihrem Terrarium entflohen. Ich rief Fúlvia an und bat sie, mir dabei zu helfen, sie einzufangen, es war das erste Mal, daß so etwas passierte. Fúlvia kam zu mir in die Wohnung, wir verabreichten meiner Mutter ein Schlafmittel, warteten, bis sie schlief, und legten überall im Flur, im Bad, im Wohnzimmer Tüten aus dem Supermarkt aus. Wenn die Schlange mit dem Plastik in Berührung käme, gäbe es ein Geräusch, und auf diese Weise würden wir sie lokalisieren können. So sollte das Einfangen funktionieren, hatte Fúlvia irgendwo gelesen. Wir löschten alle Lichter und setzten uns aufs Sofa, hielten uns bei den Händen und warteten darauf, daß meine Schlange sich bewegte. Vollkommene Stille, ich spürte nur Fúlvias Atem.
    Ich packte ihr Knie, zieh dich aus, sagte ich. Nein, antwortete sie, sei still, wir müssen die Schlange finden. Zieh dich aus, sagte ich, laß uns uns hier auf dem Sofa lieben. Und deine Mutter? Die schläft, sagte ich; und die Sucuri? fragte sie, ich tastete mich vor, schob meine Hände unter ihre Bluse, tastete mich voran, sie wisperte in mein Ohr, stöhnend, ist dir schon was eingefallen, um Ronald umzubringen? Ich stand auf, knipste das Licht an. Mach das Licht aus, sagte sie, du verschreckst die Sucuri. Ich ließ es brennen. Er mißhandelt mich, er verprügelt mich. Trenn dich, sagte ich. Genau das habe ich die ganzen letzten Jahre versucht, aber er läßt mich nicht in Frieden, er droht, mich zu töten. Nein, sagte ich, das ist mein letztes Wort. Er weiß Bescheid, erklärte sie und löschte das Licht. Bescheid worüber? Ich knipste das Licht wieder an. Über uns beide, er weiß, daß wir ein Verhältnis haben, mach endlich diese blöde Lampe aus. Leugne einfach, sagte ich. Du kapierst wohl nicht ganz, er hat keinen Verdacht, er weiß es. Lüg ihn an, sagte ich, denk dir was aus, mach irgendwas, aber komm mir nicht mit dieser Bitte. Heißt das, daß ich es alleine tun muß? Ist es das, was du mir damit sagen willst? Du bist ein Mann, du verführst mich, ich habe dir absolut alles beigebracht, was ich über Schlangen, über Gifte, Toxine wußte, du verführst mich, du hattest keine Ahnung von Toxinen, von grausamen Todesarten, ich war deine Lehrerin, ich habe dir geholfen, habe dir eine Schlange geschenkt, sagte sie und machte dabei das Licht wieder aus, eine Sucuri, und jetzt erzählst du mir, daß du meinen Mann nicht umbringen willst? Was redest du da? sagte ich und machte das Licht wieder an, das eine hat mit dem anderen doch überhaupt nichts zu tun.
    Oh doch, du hast mir gesagt, daß du mich liebst, und jetzt willst du abspringen. Beihilfe zum Mord, sagte ich, und um so etwas bittest du mich. Ich bitte dich, mir dabei zu helfen zu leben, erklärte sie, er wird mich umbringen, wenn du ihn nicht tötest. Du hast mir nie irgendwas gesagt, und jetzt willst du auf einmal, daß ich deinen Mann um die Ecke bringe. Ich habe dir sehr wohl etwas gesagt, ich habe dir erzählt, daß ich verheiratet bin. Ja, verheiratet hast du gesagt, aber du hast mir nie davon erzählt, daß Ronald dich verprügelt. Und die blauen Flecken? Was für Flecken? wollte ich wissen. Du selbst hast mich doch ständig gefragt, was ist das für ein Fleck? Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher