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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt
Autoren: Mechthild Lanfermann
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jetzt. Falls dpa noch was zu der Sache bringt, ruf ich dich an.«
    Emma sah zur Kollegin hinüber. Sie saß jetzt an der Bar und schaufelte löffelweise Zucker in ihren Kaffee. Ihre Jacke mit dem dpa-Logo hatte sie sich über den Arm gelegt.
    »Ich glaube, da kommt erstmal nichts mehr. Dpa wartet hier mit mir.«
    »Umso besser. Viel Glück.«
    Emma ließ ihre Sachen im Sessel liegen und trat an die Bar. Sie bestellte sich einen Kaffee. Die Kollegin von dpa sah hoch und lächelte sie an. Emma schob ihren Kaffee in ihre Richtung und stellte sich neben sie.
    »Hallo.«
    Die Frau trank einen Schluck und musterte sie. Sie sagte nicht unfreundlich:
    »Bist du neu hier? Ich hab dich noch nie gesehen.«
    Emma nickte.
    »Weißt du was über die Geschichte mit dem Rosenberg?«
    Die Frau zuckte mit den Schultern. Sie nahm noch einen Löffel Zucker in ihren Kaffee.
    »Nichts Genaues. Ich hab gehört, er sei weggemobbt worden.«
    Emma sah die Journalistin erstaunt an.
    »Aber er hat doch noch gar nicht angefangen zu arbeiten!«
    »Na ja, wegen seines Buches. Er hat sich hier ja nicht gerade Freunde gemacht.«
    Ein Mann betrat das Foyer durch die Glastür. Er trug einen schlichten blauen Anzug. In der Hand hielt er einige Blatt Papier. Er stellte sich mitten in den Raum und schaute auffordernd in die Runde. Sein großer muskulöser Körper strahlte Gelassenheit aus.
    Sofort entstand eine Bewegung unter den Journalisten. Auch die Frau von dpa raffte ihre Sachen zusammen. Sie zeigte mit dem Kinn in Richtung des Mannes.
    »Jetzt wird’s interessant. Das ist einer vom Morddezernat.«
    Die Journalisten traten von allen Seiten auf den Mann zu und bildeten einen Halbkreis um ihn. Es waren viel mehr Reporter anwesend, als Emma zunächst bemerkt hatte. Schnell ging sie zu ihrer Tasche, ließ das Handy hineinfallen und nahm ihr Aufnahmegerät heraus.
    Der Mann im blauen Anzug blätterte in seinen Unterlagen. Emma musste nah an ihn herankommen, um eine brauchbare Tonaufnahme zu bekommen. Sie drängte sich an den Kollegen vorbei und bekam von einem Stativ einen schmerzhaften Stoß in den Rücken. Sie drehte sich um und sah in das angespannte Gesicht eines Kameramannes.
    Jetzt stand sie direkt vor dem Mann von der Kripo. Er blickte hoch und sah kurz in ihre Augen. Emma musste an die Frau im grauen Kostüm denken, die Referentin, die so seltsam reagiert hatte. Was war hier passiert? Wieder gab es einen Stoß von hinten, und Emma stemmte ihren Fuß in den Boden, um nicht auf den Mann vor ihr zu fallen. Neben ihrem Gesicht tauchte die Fernsehkamera auf. Emma reichte mit dem Mikrofon so nah wie möglich an den Polizeibeamten heran. Der Kameramann zog wütend die Luft ein. Jetzt würde bei all seinen Aufnahmen ihr Mikrofon mit dem Logo des anderen Senders im Bild sein.
    »Guten Abend, mein Name ist Edgar Blume. Ich leite hier die Ermittlungen. Leider muss ich Ihnen sagen, dass Herr Tom Rosenberg soeben verstorben ist.«
    Eine Sekunde war es still. Dann kamen von allen Seiten die Fragen. Emma hielt das Mikrofon nach vorn.
    »Wie es zu diesem Todesfall kam, kann ich Ihnen leider noch nicht sagen. Wir müssen die Obduktion abwarten.«
    »Herr Blume, Sie sind doch von der Kripo, heißt das, er wurde ermordet?«
    Der Kommissar sah in die Richtung des Journalisten, der gerade gerufen hatte. Während er redete, hoben und senkten sich seine Brauen wie sich windende schwarze Schlangen. Emma fragte sich unwillkürlich, ob er das vor dem Spiegel geübt hatte.
    »Sie wissen genau, dass die Kriminalpolizei bei einem unerwarteten Todesfall immer ermittelt. Das ist reine Routine.«
    »Sind die Angehörigen benachrichtigt?«
    »Wir sind dabei, sie ausfindig zu machen. Ich bitte Sie herzlich, jetzt nicht die Familie in Amerika aus dem Bett zu klingeln und mit der Nachricht zu überfallen.«
    Blumes Stimme klang resigniert. Vermutlich wusste er, dass ein Teil der Journalisten genau das in den nächsten Minuten tun würde.
    Er warf einen Blick über die Reporter hinweg. Emma drehte sich um und sah einen älteren Mann mit dichtem grauem Kraushaar in der Blickrichtung von Blume stehen. Er hob seinen Arm und tippte auf die Armbanduhr. Sie drehte sich wieder um und sah Blume unmerklich nicken. Dann wendete er sich wieder den Fragen der Journalisten zu.
    Emma schob sich seitlich an den Kollegen vorbei aus der Gruppe. Sie war sich sicher, dass er seine Stellungnahme gleich beenden würde. In wenigen Minuten würden Polizeibeamte durch die Glastür treten und alle
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