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Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)

Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)

Titel: Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
Autoren: Linda Lael Miller
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1. KAPITEL
    V ielleicht war es sein Instinkt, der ihn weckte, vielleicht auch nur ein leichter Luftzug. Steven Creed setzte sich von der Couch auf und brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Stück für Stück kehrte die Erinnerung zurück: Zimmer 6 im Happy Wanderer Motel, Stone Creek, Arizona.
    Die Tür stand offen, damit die frische Landluft in den Raum wehen konnte, die in dieser Nacht Anfang Juni ziemlich kühl, aber nicht richtig kalt war. Der kleine Junge – erst seit Kurzem Stevens Adoptivsohn – hockte auf der aus Beton gegossenen Stufe vor dem Motelzimmer. Neben ihm lag sein Lieblingsplüschtier, ein Stinktier namens Fred. Das hatte er fürsorglich in eine Decke eingewickelt, während er selbst danebensaß. Die Silhouette des Jungen im silbrigen Mondlicht verriet seine schmale Statur.
    Dieser Anblick schnürte Steven die Kehle zu.
    Armer Bursche. Es war nicht schwer zu erraten, auf wen er wartete. Matt hatte die dunklen Haare seines Vaters und die fast ins Violette gehenden Augen seiner Mutter geerbt. Er war ein außerordentlich intelligenter, womöglich sogar hochbegabter Junge, aber das änderte nichts daran, dass er erst fünf war.
    Wie sollte er verstehen, dass seine Eltern Zack und Jillie St. John für immer fort waren? Sie würden niemals zurückkehren, auch wenn er sich noch so sehr an diese Hoffnung und diesen Wunsch klammerte.
    Stevens Augen brannten, und er musste angestrengt schlucken, um den Kloß im Hals zu vertreiben.
    Jillian hatte vor eineinhalb Jahren den Kampf gegen eine besonders bösartige Form von Brustkrebs verloren. Zack hatte sie nur wenige Monate lang überlebt, bis die Trauer über den Verlust für ihn zu erdrückend geworden war und er sich – mehr oder weniger – das Leben genommen hatte.
    „Hey, Tex“, sagte Steven und gab sich alle Mühe, unbekümmert zu klingen, während er sich auf die Kante der dünnen, durchgelegenen Matratze auf der Schlafcouch setzte. Als sie am Abend hier ihren Stopp eingelegt hatten, hatte er dem Jungen das Bett überlassen. Mit einer Hand fuhr er sich durch sein dunkelblondes Haar. „Was ist los?“, fragte er mit heiserer Stimme. „Kannst du nicht schlafen?“
    Matt drehte sich zu ihm um und schüttelte nur stumm den Kopf. Wie er so in sich zusammengesunken dahockte, wirkte er noch kleiner und schmächtiger, als er ohnehin schon war.
    Steven stand von seinem Nachtlager auf, er trug nur eine schwarze Jogginghose, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. Barfuß schritt er über den Linoleumboden bis zur Türschwelle und ließ sich neben Matt auf der Stufe nieder. Die Luft war so kühl, dass er eine Gänsehaut bekam. Matt musste frieren, da er nur seinen Schlafanzug trug. Seufzend blinzelte Steven in die Dunkelheit, wo der murmelnde Bach entlangfloss, der das Mondlicht reflektierte. Alte knorrige Eichen säumten seinen Uferlauf, im Hintergrund schimmerten bläulich die Berge.
    Als Matt sich leicht gegen ihn lehnte, ging diese Geste Steven noch mehr zu Herzen als der Anblick des Jungen.
    Vorsichtig legte er einen Arm um ihn, damit er ihm nicht nur Trost, sondern auch Wärme spenden konnte. „Hast du plötzlich Bedenken, ob du in deinem Alter noch zum Rancher umsatteln sollst?“, scherzte er, wobei er dachte, dass er ein leibliches Kind nicht mehr hätte lieben können als den Sohn seines besten Freundes.
    Morgen früh würde Steven bei der Bank die Dokumente unterzeichnen, die ihn zum rechtmäßigen Eigentümer von zwanzig Hektar Land machten. Darauf befanden sich ein robust gebautes, aber heruntergekommenes einstöckiges Farmhaus und eine Quelle. Davon abgesehen jedoch hatte der Flecken Erde nur wenig zu bieten. Die alten Zäune waren schon vor Jahren in sich zusammengefallen, nachdem sie jahrzehntelang im Winter dem Schnee und im Frühjahr dem Regen getrotzt hatten. Die Scheune war ebenfalls ein völlig hoffnungsloser Fall. Und dennoch strahlte dieser Ort etwas aus, das Steven auf den ersten Blick in seinen Bann geschlagen hatte.
    Die kleine Ranch war einmal ein gemütliches Zuhause gewesen, und das konnte sie wieder werden, wenn man viel Arbeit in sie investierte – und noch viel mehr Geld. Zum Glück war Letzteres für Steven kein Problem, dafür gab es jede Menge anderer Dinge, die ihm Kopfzerbrechen bereiteten.
    Manchmal fühlte er sich genauso verloren und verlassen wie Matt.
    Der Junge verzog den Mund in dem Bemühen, ein schwaches Lächeln zustande zu bringen, was umso rührender war, weil es ihn offensichtlich große
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