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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe
Autoren: Denise Deegan
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kommt.
    » Hey!«, sagt sie jetzt, als wäre sie bei strahlend blauem Himmel aufgewacht.
    Dabei ist das Einzige, was in Irland blau ist, der Zustand von irgendwelchen Betrunkenen im Pub. Und ich antworte nur deswegen auch mit einem » Hey«, weil man mir gute Manieren eingebläut hat und ich nicht anders kann. Sie setzt sich neben mich an die Kücheninsel und bestellt bei Barbara ein Ei (weich gekocht) und Toast (leicht getoastet). Ich bin kurz davor, ihr zu sagen, dass Barbara nicht ihre Sklavin ist. Und dabei mag ich Barbara noch nicht mal – sie ist arrogant. Ich stehe auf. Bringe meine Schüssel zum Spülbecken.
    » Aha. Das tragt ihr also in Irland in der Schule?« Die Stylistin sieht aus, als hätte sie einen Witz gerissen.
    Ich schaue auf den Neoprenanzug hinunter, den ich für den Segelkurs gekauft habe. Ich hätte einen von der Segelschule leihen können, aber bei der Vorstellung, mich in einen nassen, versifften Anzug zu zwängen, den schon eine Million andere Leute angehabt haben, musste ich fast kotzen. Deswegen der Neoprenanzug.
    » So ungefähr, ja«, sage ich und gehe zur Tür. Warum braucht er überhaupt eine Stylistin? Ich könnte ihm sagen, was er anziehen soll, und würde dabei noch den richtigen Geschmack treffen.
    » Schönen Tag noch«, ruft sie mir nach.
    Hat sie kein Zuhause? Ach, ja. Das ist in New York.
    Ich komme zu spät zum Jachtklub und bin überhaupt nicht in der Stimmung, auf dem Meer auf und ab zu hüpfen wie ein Korken. Ein paar aus meiner Klasse hängen draußen rum. Sie haben Segelklamotten an, die so schmuddelig aussehen, dass es ihre eigenen sein müssen. In meinen brandneuen Sachen sehe ich voll daneben aus. Aber das macht mir nichts aus.
    » Wo sind denn die anderen?«, frage ich David McFadden, der aussieht, als wäre ein Boot sein zweites Zuhause. Sein Neoprenanzug ist ausgeblichen und an den Knien durchgescheuert. Darüber trägt er Badeshorts. Und an den Händen eine Art fingerlose Handschuhe.
    » Drinnen. Sie ziehen sich um«, sagt er.
    Ich will gerade hinein zu Sarah und Rachel, als unser Sportlehrer (Spitzname: Mister Seltsam, weil seltsam sein Lieblingswort ist) mich aufhält.
    » Da drin wird schon genug Quatsch gemacht. Du bist ja angezogen. Gib mir deine Tasche. Ich bring sie rein.«
    Widerstrebend gebe ich sie ihm und er verschwindet damit. Ich werfe einen Blick auf das Meer. Es ist grau und aufgeraut. Ich frage mich, warum ich nicht im Bett geblieben bin. Ich verschränke die Arme. Mir ist jetzt schon kalt.
    » Übrigens, du bist bei mir«, sagt McFadden.
    Ich drehe mich zu ihm um. » Wie bitte?«
    » Wir haben alle einen Partner zugeteilt bekommen.«
    » Das ist nicht dein Ernst. Dürfen wir nicht selber wählen?« Mit Rachel oder Sarah müsste ich das Ganze wenigstens nicht ernst nehmen.
    » Ich kann es auch kaum erwarten, mit dir zu segeln«, sagt er, aber er lächelt, als wäre es ihm so was von egal. Er sieht ganz anders aus ohne die Schuluniform. Seine blonde Igelfrisur ist vom Wind zerzaust, als wäre er schon draußen auf dem Meer gewesen. Er sieht sogar noch lässiger aus als sonst – falls das überhaupt geht.
    Der Rest der Klasse strömt aus dem Klubhaus, einige kämpfen immer noch mit ihrer Rettungsweste. Sie sehen alle aus wie Amateure. Ich überlege es mir anders. Ein bisschen Fachwissen könnte doch ganz praktisch sein. Mit McFadden würde ich mich zurücklehnen können. Chillen. Ihn die Arbeit machen lassen.
    Er steigt in ein windelartiges Ding und befestigt es um die Hüfte. Vorn hat es einen Haken.
    » Was ist das?«
    » Eine Trapezhose.« Er gibt mir eine. » Hier. Du legst besser auch eine an. Du wirst sie brauchen.«
    Wir stehen knietief auf einer Slipanlage im Wasser und halten unser Boot fest, das wir übrigens selbst von einem rostigen alten Anhänger mit wackeligen Rädern ins Meer hatten schieben müssen. Ich sehe nach unten, durch das eiskalte Salzwasser auf meine neuen Turnschuhe. Sie haben uns nicht gesagt, dass unsere Füße nass werden würden. Ich werfe einen Blick auf McFadden und sehe, wie er grinst.
    » Was ist?«, brülle ich ihn über den Lärm der flatternden Segel hinweg an.
    Er schüttelt den Kopf. Nichts anscheinend.
    » Okay. Ich klettere einfach rein«, sage ich.
    » Ich dachte, du willst, dass ich das Steuern übernehme.«
    » Ja, will ich.«
    » Dann stößt du uns ab.«
    Wie war das noch mit » Frauen und Kinder zuerst«? » Auf gar keinen Fall.«
    Er lächelt, als hätte er alle Trümpfe in der Hand. » Außer, du
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