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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe
Autoren: Denise Deegan
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willst das Steuer übernehmen.«
    » Nein!«
    » Also gut, dann stoß das Boot ab, damit ich steuern kann.«
    » Wie soll ich dann reinkommen?«
    » Springen.«
    » Während das Boot sich bewegt?«
    » Yep.«
    » Du machst Witze, oder?«
    Er lacht. » Falsch.«
    Ich bin so blöd. Statt mich zu verdrücken und an Land zu bleiben – was mir erst einfällt, als ich in das verdammte Boot hüpfe –, bringe ich es so heftig ins Schwanken, dass es fast umkippt. Und dass ich aufschreie.
    » Ist schon gut. Es wird nicht kentern.« Er zieht das Ding, mit dem man das Boot steuert, zu sich heran. » Noch nicht.«
    » Sehr witzig«, sage ich, drehe mich von ihm weg und schaue geradeaus.
    Er lässt mir eine Minute Zeit und sagt dann: » Rutsch vor und zieh die Fock heran.«
    Ich beachte ihn nicht. Ich weiß sowieso nicht, wovon er redet. Er beugt sich vor und greift nach einem Seil mit einem Knoten am Ende. Er gibt es mir.
    » Zieh da dran. Es sei denn, du willst die ganze Zeit dem flatternden Segel zuhören.«
    So langsam geht es mir tatsächlich auf die Nerven. Ohne den Meister-Seefahrer eines Blickes zu würdigen, tue ich, was er sagt, und ziehe.
    » Wenn du willst, kannst du es bekneifen.«
    » In normaler Sprache bitte.« So ein Angeber.
    Er beugt sich vor, nimmt mir das Seil aus der Hand und quetscht es zwischen zwei Metalldinger. » Dann musst du es nicht die ganze Zeit halten«, erklärt er. Und einen Moment lang klingt er nicht mehr so wichtigtuerisch.
    » Ach ja«, sage ich statt Danke.
    Wir segeln hinaus, und gerade als ich denke: Das ist ja ganz einfach, sagt er: » Klar zur Wende?«
    » Was?«
    » Hast du vorhin überhaupt nicht zugehört?«
    » Nein.« Ich bin davon ausgegangen, dass ich einen Segler bei mir habe.
    » Okay. Wenn ich sage Lee ho …«
    » Lee ho«, du lieber Gott.
    » Wenn ich sage Lee ho, dann lässt du das Seil los, duckst dich unter dem Baum …«, er klopft auf den Holzbalken unter dem Segel, » durch und holst das Seil auf der anderen Seite ein.«
    » Und das soll Spaß machen?«, brummele ich in die hässliche orange Schwimmweste, die ich mir hatte ausleihen müssen. Warum hatte ich bloß nicht daran gedacht, eine zu kaufen …
    Er lacht wieder, und ich bin kurz davor, ihn ins Wasser zu schubsen.
    Wir machen eine » Wende«. Ich überlebe. Wir machen noch eine. Und ich tue mehr als überleben. Weil mich seine unglaublich selbstgefällige Art total aufregt, gebe ich ihm nicht die Gelegenheit, mich rumzukommandieren. Ich tue, was ich zu tun habe, bevor er es mir befehlen kann. Schon bald liegen wir weit vor den anderen Booten. Tatsächlich frage ich mich, ob wir nicht ein bisschen zu weit rausfahren. Die Bootswanne beginnt sich auf der uns gegenüberliegenden Seite ins Wasser zu neigen.
    » Ausreiten«, sagt er.
    » Wie bitte?«
    » Hak dich ein.« Er berührt den Metallhaken an meiner Trapezhose. Es fühlt sich ein bisschen intim an, also werfe ich ihm einen wütenden Blick zu, aber er ist so damit beschäftigt, mich herumzukommandieren, dass es ihm gar nicht auffällt. » Du musst dich an den Rand vom Boot stellen und dich rauslehnen.«
    » Du machst Witze.«
    Wir neigen uns noch mehr ins Wasser.
    » Sehe ich aus, als würde ich Witze machen?«
    » Oh mein Gott. Kannst du es nicht gerade halten?«
    » Du musst ausreiten.«
    » Vergiss es.« Ich sehe nach hinten zu den anderen. » Niemand sonst macht das.«
    Das Boot liegt jetzt seitlich im Wasser. » Willst du kentern?«, fragt er, und er sieht aus, als würde er es genießen.
    » Das ist alles deine Schuld.«
    » Wir kippen um«, warnt er, und Wasser beginnt ins Boot zu laufen.
    » Verdammt!« Ich hänge den Haken an einem Drahtseil ein und krieche rückwärts, bis meine Füße an den Bootsrand stoßen. Dort kauere ich, voller Angst, mich weiterzubewegen. Es ist nicht gerade mein souveränster Moment. Von hinten sieht es wahrscheinlich aus, als würde ich den Hintern über Bord hängen, um ihn ins Wasser zu tunken. Nie wieder, denke ich. Aber das Boot stellt sich ein ganzes Stück gerader. Eine ziemliche Überraschung, wenn man bedenkt, dass ich überhaupt keine Ahnung habe.
    » Es wäre einfacher, wenn du dich aufrichten würdest«, schreit er.
    » Das glaub ich dir aufs Wort.«
    » Es macht Spaß. Mach schon. Reite aus.« Das Boot krängt wieder. Da ich nicht wie ein Feigling dastehen und vor allem nicht kentern will, schließe ich die Augen und richte mich auf. Ich falle nicht ins Meer. Und ich ziehe das Boot nicht mit mir. Es funktioniert
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