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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe
Autoren: Denise Deegan
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schiebe die Tasche auf meiner Schulter zurecht, » wenigstens sind wir raus hier.« Kaum zu glauben, wie wir uns auf das Übergangsjahr gefreut haben. Theoretisch klang es toll – ein ganzes Jahr, um uns auf das Leben nach der Schule vorzubereiten, anders gesagt, das totale Lotterleben. Statt mit richtiger Schularbeit verbringen wir die meiste Zeit mit Projekten, gemeinnütziger Arbeit, Abenteuerwochenenden, Reisen ins Ausland, Praktika. Oder zumindest hätte es so sein sollen. Zwei Wochen sind um und wir haben noch nichts weiter erlebt als eine Überdosis Gefühlsduselei.
    Wir gehen zum Schultor hinaus und den Hügel hinunter. Es ist eigentlich noch nicht kalt genug für eine Jacke, aber ich wickle meine eng um mich. In den letzten sechs Monaten ist mir nie warm gewesen – egal, wie das Wetter war.
    » Wollt ihr mit zu mir kommen?«, fragt Rachel.
    » Ich kann nicht«, sage ich. » Der Rockstar ist wieder da.«
    » Ach ja?« Sarah horcht auf.
    » Wie ist es mit den Aufnahmen gelaufen?« Rachel versteht sich gut mit ihren Eltern. Wenn ihr Dad weg gewesen wäre, um ein Album aufzunehmen, dann würde sie es uns brühwarm erzählen.
    » Gut«, sage ich, um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen, aber tatsächlich habe ich keine Ahnung. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen er anruft, beantworte ich seine Fragen. Das ist alles. Ich weiß nicht, warum ich mich darauf freue, ihn zu sehen. Ich weiß, dass ich enttäuscht sein werde. » Gehen wir zum Jitter Mug«, sage ich und beschließe, dass ich noch nicht so weit bin, nach Hause zu gehen.
    » Klasse«, sagt Sarah, die nie nach Hause will.
    Das Jitter Mug ist ein tolles Café in Blackrock. Es ist groß und luftig mit hoher Decke und bequemen Sesseln, in denen man versinken kann. Wenn die Schule aus ist, gehört der Laden uns. Neunzig Prozent der Gäste tragen unsere Uniform. Wir bestellen das Übliche: drei Tropicana-Smoothies. Wir setzen uns an unseren üblichen Platz, mitten im Geschehen, damit Sarah ja nichts verpasst vom Klatsch und Tratsch.
    » Ist David McFadden nicht total caliente?«, sagt sie gerade und reißt bei » caliente« die Augen weit auf.
    Caliente ist unser Code für sexy. Wir benutzen ihn seit dem Tag, als wir uns zum ersten Mal getroffen haben, dem Tag, als wir Freundinnen wurden. Das war Tag Eins am Strandbrook College. Wir saßen zufällig zusammen. Unsere erste Stunde war Spanisch. Und herein kam ein unglaublich gut aussehender Lehrer. Sarah hat irgendetwas gekritzelt. Dann gab sie einen Zettel weiter: » Señor Martin ist TOTAL caliente.«
    Señor Martin war vielleicht caliente, aber er war nicht sehr erfreut. Als er auf Rachel zuging und die Hand nach dem Zettel ausstreckte, riss Sarah ihn ihr aus der Hand und aß ihn auf. Wir waren so geschockt, dass wir lachen mussten. Und beim Nachsitzen landeten. Hier ein Rat für Lehrer: Wenn ihr nicht wollt, dass drei Schülerinnen Freundinnen werden, lasst sie nicht am ersten Tag miteinander nachsitzen.
    Sarah hebt den Deckel von ihrem Smoothie, um einen prüfenden Blick hineinzuwerfen, und greift dann das Thema David McFadden wieder auf: » Er surft, wisst ihr.«
    » Nicht wirklich überraschend«, sagt Rachel, » wenn man bedenkt, dass er aus Kalifornien kommt.«
    » Ich könnte ihn den ganzen Tag anschauen«, sagt Sarah träumerisch. » Er erinnert mich an eine von diesen Skulpturen, die man in Rom kriegt. Mein Gott, ich bin so froh, dass er das Jahr wiederholen muss.«
    » Ich bin mir sicher, dass er das anders sieht«, sage ich. Seine Mum ist gestorben und er ist letztes Jahr durch die Abschlussprüfung gerasselt.
    » Mark ist auch ziemlich caliente«, sagt Sarah. » Ich finde, wenn zwei caliente Jungs zusammen abhängen, dann macht sie das extra caliente.«
    Mark Delaney ist zur selben Zeit in unsere Klasse gekommen wie David McFadden, nämlich als seine Mum, eine Diplomatin, von einem Job in Südafrika zurückkam. Und obwohl sie total unterschiedlich sind, verstehen sie sich gut.
    » David ist süß«, sagt Rachel. » Aber Mark. Diese Sache mit dem ADS . Das muss man sich mal vorstellen, seine Eltern so reinzulegen. Die haben wahrscheinlich Geld ausgegeben, um die Diagnose zu bekommen. Und er gibt damit an, dass er alle Symptome im Internet nachgelesen hat, damit er es auch richtig macht. Das ist einfach link.« Sie schüttelt den Kopf, als wäre er es nicht wert, dass man über ihn redet.
    » Also«, sagt Sarah und beugt sich vor, » wollt ihr wissen, warum ich von David McFadden angefangen
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