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Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Titel: Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Sullivan unausgesetzt bewacht — hatte sich von ihrer Ohnmacht soweit wieder erholt, daß sie einigermaßen vernehmungsfähig war. Morry stellte ihr anheim, auf dem Sofa im Salon liegenzubleiben, bis sie wieder ganz bei Kräften war. Sie wehrte mit einer matten Handbewegung ab. „Es wird schon gehen“, sagte sie. Ihr Gesicht war von Erschöpfung und Traurigkeit gezeichnet. Mißtrauen — oder hatte es einen anderen Grund — lag in ihrem Blick.
    Patrick sagte zu seinem Vorgesetzten: „Ich habe mit Miß Ipswich schon gesprochen, aber sie ist nicht willens zu sagen, wie sie sich das katastrophale Ereignis erklärt. Nicht wahr, Miß Ipswich“, sagte er zu der Haushälterin gewandt, „Sie haben besondere Gründe, mir — oder uns gegenüber — zu schweigen. Wollen Sie sich nicht unserem Kommissar anvertrauen?“
    „Ich bin Kriminalkommissar Morry“, sagte der Beamte kühl. „Leuchtet Ihnen das ein, daß wir haargenau erfahren müssen, wer den Toten in den Keller gebracht — oder besser, wer ihn oder was ihn zu Tode gebracht hat?“
    „Sie stellen so viele Fragen auf einmal —“
    „Gut, Miß Ipswich, gehen wir der Reihe nach“, erwiderte Morry. „Also mal zuerst: Wußten Sie, daß sich ein Toter im Keller befand?“
    Rose Ipswich starrte den Kommissar fassungslos an, schüttelte den Kopf, schluckte und sagte endlich: „So eine dumme Frage! Natürlich habe ich das nicht gewußt! Das wäre doch..., nein, das wäre nicht nur ein Verbrechen gewesen, das wäre heller Wahnsinn gewesen. Und ich bin völlig normal. Bitte, fragen Sie nicht wieder so etwas Dummes.“
    Morry zeigte erstaunliche Geduld. Er sagte eher höflich als grob: „Welche Fragen ich stelle, müssen Sie mir schon überlassen. Vielleicht hat Sie der Anblick da unten im Keller so geschockt, daß Sie noch nicht...“
    „Oh doch, Herr Kriminalmensch, ich habe meine Sinne wieder voll beisammen. Darum kann ich nur sagen: es ist entsetzlich, mich zu fragen, ob ich gewußt hätte —“
    „Na schön, mein Fräulein, Sie haben es also nicht gewußt“, unterbrach Morry. „Vermochten Sie zu erkennen, wer der Tote da unten im Keller war?“
    „Wer? Das ist ja das Entsetzliche, Herr Kriminalmensch — oder, entschuldigen Sie, ich muß Sie ja wohl anders anreden —“
    „Das spielt keine Rolle, mein Fräulein. Ich bin Kommissar.“
    „Kommissar — hm, ist das ein hohes Tier bei der Polizei?“
    „Ach nö, Miß Ipswich, unter ,hohes Tier‘ ist was anderes zu verstehen“, erklärte Morry bereitwillig. „Ich bin im Augenblick dafür verantwortlich, daß Ihr Wissen um das unheimliche Geschehen im Keller da unten derart geklärt wird, daß ich sagen kann, es stimmt mit den Tatsachen — also mit dem wirklichen Leben überein.“
    Rose Ipswich verengte die Augen. Sie sagte leicht pikiert: „Bezweifeln Sie etwa, daß ich Ihnen etwas sagen könnte, was nicht stimmt?“
    „Kriminalmenschen werden oft belogen —“, wandte Patrick Sullivan fast belustigt ein.
     Der Kommissar gebot mit einer Handbewegung, sein Gespräch mit der Hausgehilfin nicht zu unterbrechen. Er sagte zu Rose: „Natürlich werden Sie uns kein X für ein U vormachen. Was hätte das für einen Sinn! Also, mein Fräulein, können Sie uns mit Sicherheit sagen, um welche Person es sich bei dem Toten handelt?“  
    „Aber natürlich kann ich das! Die Tote ist die Herrin dieses Hauses.“
    „Also Frau Viktoria Cumberland —“
    „Natürlich! Eine andere Mrs. Cumberland gibt es nicht.“
    „Haben Sie sie genau erkannt?“
    „Selbstverständlich. Sonst würde ich doch nicht...“
    „Die Tote war...“ Morry fragte Patrick, „wie war das, mein Junge? Sie sagten am Telefon, sie ist aus dem Schrank heraus und auf den Steinfußboden des Kellers geplumpst.“
    ,„Geplumpst‘ —!“ entrüstete sich die Hausgehilfin.“
    „Also hingestürzt“, verbesserte Morry sich großzügig. „Ich frage nur, weil das Gesicht mehr oder weniger entstellt gewesen sein kann nach diesem langen exsudaten Zustand.“
    „Es war Mrs. Cumberland“, behauptete Rose kategorisch. „Daran gibt es keinen Zweifel. Ich weiß, mich hatten die Kräfte verlassen bei dem grausigen Anblick, aber für einen Moment hatte ich Mrs. Cumberland genau erkannt, ihre hohe Stirn, das glatt zurückgekämmte graue Haar, das Samtband um den Hals und das rosa Kleid, das ich so oft gebügelt hatte —“
    Morry schüttelte den Kopf, schüttelte ihn sekundenlang. Er sagte ernst und gedehnt: „Da kann man wieder einmal sehen,
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