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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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geben, aber sie nickte nur und sagte: »Hi.« Mit noch immer demselben Lächeln auf dem Gesicht. »Gleich gefunden?«
    »Wir hatten dem Fahrer die Koordinaten gegeben«, erwiderte Claas lässig, »in ein paar Jahren fahren die Autos damit auch ohne Fahrer. Ist ja schon lange in der Testphase. Dann hätte die Bezeichnung Auto auch endlich wieder einen Sinn.«
    Mir entging nicht, wie Tammy ihn anstarrte. Als hätte er was auf Mandarin zu ihr gesagt.
    »Auto heißt selbst«, erklärte ich ihr. »Es würde dann auch endlich wirklich selbst fahren.«
    Claas nickte zufrieden, während Tammys Lächeln endgültig gefror. »Hatte ich ganz vergessen, ihr seid ja die beiden Supergehirne.«
    Claas grinste und steckte – um Coolness bemüht – die Hand in die Hosentasche. »Stimmt, Mel, oder?«
    Ich überhörte seinen völlig missratenen Versuch, die Atmosphäre zu entspannen, und lächelte Tammy an.
    In diesem Moment, glaube ich, schämte ich mich zum ersten Mal für uns und das Bild, das wir zusammen abgaben. Ob es an der Umgebung lag, daran, dass in dieser Fremde unsere gewohnten Schlagabtausche plötzlich deplatziert wirkten? Eines jedenfalls begriff ich damals zum ersten Mal: dass Claas und ich eigentlich nicht richtig zusammen waren, dass wir uns nur zusammendachten – dass unser Zusammensein eine Illusion war.
    Wir folgten ihr über einen Weg mit Natursteinplatten zum Haus.
    Ehrlich gesagt: Ich hatte ein ganz nettes Ferienhaus erwartet, einen Bungalow, wie man in den 1950er-Jahren baute, eher hässlich als schön – aber nicht dieses Schlösschen, das in seiner übertriebenen Protzigkeit schon wieder stilvoll war.
    Die Büsche, der Rasen waren eher braun als grün, kein Wunder bei der Hitze. Da wartet man den ganzen Sommer auf ein bisschen Wärme und dann erlebt man so was! Ich konnte kaum atmen.
    »Habt ihr hier ein sicheres Wasserversorgungssystem?«, fragte Claas, der hinter Tammy herging. »Die Stauseen sind ziemlich leer und erst mal werden natürlich die Städte versorgt.«
    Ich fragte mich, ob mir Claas’ Unfähigkeit, normale Konversation zu machen, bisher einfach entgangen war. Selbst ein Blinder konnte erkennen, dass Tammy ihn von Satz zu Satz langweiliger fand.
    »Oder seid ihr gar nicht ans städtische Wassersystem angeschlossen?«, redete er unbeirrt weiter. »Habt ihr einen normalen Kanal oder eine Sickergrube?«
    Jetzt drehte sich Tammy zu ihm um und sagte von oben herab: »Sickergrube? Wir haben zwei große Badezimmer und richtige Toiletten.«
    Ich konnte nicht anders und lachte, worauf mich beide unverständig ansahen.
    »Auch der Abfluss von richtigen Toiletten kann in Sickergruben gehen«, fühlte ich mich bemüßigt zu erklären. »Darin befinden sich Bakterien, die die Abwässer wieder reinigen. Theoretisch … könnte man es dann sogar trinken.«
    Ich genoss, wie sich Tammys Mund angeekelt verzog. Claas warf mir einen bösen Blick zu.
    Ich tippte mir an die Schläfe und sagte zu Tammy: »Sagt jetzt nichts. Ich weiß: Supergehirn!«
    So verliefen die ersten Minuten. Und ähnlich ging es weiter.
    In dieser Hitze kippte ich fast um. Als wir im Haus waren, schaffte ich es gerade noch zum Esstisch, über dem dieser Jugendstil-Hirschgeweihleuchter hing, und konnte mich an der hohen Lehne eines schweren altmodischen Stuhls festhalten, der perfekt in eine Ritterburg gepasst hätte.
    Tammy wollte ihrem Bruder Bescheid geben und verschwand im Flur – wahrscheinlich mehr als froh, uns für ein paar Minuten los zu sein.
    Mein Blick schweifte über die Bücherwand und die antiken geschwungenen Kommoden mit den Messinggriffen und blieb an einem gerahmten Foto hängen.
    Ich sah es mir näher an. Tammy und Julian hocken auf einer grünen Wiese, Tammy hat den Arm um Julian gelegt, ein großer brauner Hund liegt mit der Schnauze auf ihrem Schoß.
    Claas schleppte von draußen unsere beiden Rucksäcke herein.
    »Das mit dem Abwasser hättest du dir schenken können.«
    Ich grinste. »Du hast mit diesem blöden Thema angefangen, vergessen?«
    »Okay, schon verstanden«, stöhnte er und sah sich um. »Aber eins muss man ihnen lassen: geile Hütte, was?« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Dachte ich mir, dass das hier dir gefällt«, gab ich zurück.
    Ich wusste, ich hatte gut reden, ich lebe ja nicht wie er in einer engen, vollgestopften Wohnung ohne Garten, ohne Balkon, zur Nordseite. Ich wohne mit meinen Eltern in einer großzügigen Altbauwohnung, direkt über unserem Delikatessenladen, ja, das ganze

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