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Wenn die Liebe erwacht

Wenn die Liebe erwacht

Titel: Wenn die Liebe erwacht
Autoren: Johanna Lindsey
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Judith, die glaubte, frei über alles verfügen zu können, was sie in Pershwick fand.
    Leonies List richtete sich manchmal gegen sie selbst, wenn sie sich nicht an alle ihre Verstecke erinnern konnte. Statt aber dem Geistlichen von Pershwick ihre Winkelzüge zu gestehen und ihn um seine Hilfe zu bitten, zog sie es vor, Vater Bennett zu überreden, ihr das Lesen und Schreiben beizubringen. So konnte sie ihr Labyrinth an Verstecken schriftlich festhalten. Ihre Leibeigenen waren jetzt nicht mehr vom Hungertod bedroht, und ihr eigener Tisch war gedeckt. Nichts von alledem hatte sie ihrem Vater zu verdanken.
    Leonie stand auf, um sich mit frischem Wasser die Seife abspülen und von Wilda in ein warmes Nachtgewand hüllen zu lassen, da sie ihr Zimmer an jenem Abend nicht mehr verlassen würde. Tante Beatrix saß mit ihrer Stickerei vor dem Feuer und war wie gewöhnlich in ihre eigene Welt versunken. Elisabeths ältere Schwester war schon seit langem verwitwet. Beim Tod ihres Mannes hatte sie ihre Wittumsländer an dessen Verwandte verloren, und sich nicht wieder verheiratet. Sie beharrte darauf, so sei es ihr recht. Sie hatte bis zu Elisabeths Tod bei ihrem Bruder, dem Earl von Shefford, gewohnt. Wenig später war Leonie ihrem Vasallen Guibert Fitzalan aufgebürdet worden, und Beatrix hatte es als ihre Pflicht angesehen, dortzubleiben und sich um ihre Nichte zu kümmern.
    Im Grunde war es jedoch so, daß Leonie sich um ihre Tante kümmerte, denn Beatrix war eine furchtsame Frau. Sogar die Abgeschiedenheit der Burg von Pershwick hatte sie nicht mutiger werden lassen. Da sie eines der ersten Kinder des verstorbenen Earl von Shefford war, hatte sie den Vater in seiner aufbrausendsten Zeit erlebt, wogegen Elisabeth, das jüngste Kind, ihn als einen nachgiebigen Mann und hingebungsvollen Vater gekannt hatte.
    Leonie kannte den derzeitigen Earl nicht, dessen Besitz im Norden lag, weit entfernt von Mittelengland. Als sie in das heiratsfähige Alter gekommen war und angefangen hatte, sich Hoffnungen auf einen Ehemann zu machen, hatte sie den Kontakt zu ihrem Onkel aufnehmen wollen. Tante Beatrix hatte ihr freundlich auseinandergesetzt, daß der Earl mit seinen acht Geschwistern und Dutzenden von Nichten und Neffen neben seinen eigenen sechs Kindern und den Enkeln sich gewiß nicht mit der Tochter einer Schwester befassen wollte, die sich unglücklich verheiratet hatte und tot war.
    Leonie, die damals fünfzehn war und von der Welt abgeschieden lebte, fing an zu glauben, sie würde niemals heiraten. Doch schon bald setzte sich ihr Stolz durch, der es ihr verbot, die Hilfe von Verwandten zu erbitten, die sie weder kannten, noch sich je nach ihr erkundigt hatten.
    Nach einer Weile schien ihr, daß sie ohne einen Ehemann möglicherweise besser dastand. Über ihr schwebte nicht die übliche Drohung, in ein Kloster geschickt zu werden, und sie war die Herrin ihrer eigenen Burg, unabhängig und nur einem Vater gegenüber verantwortlich, der nie an sie herantrat und von dem allem Anschein nach nicht zu erwarten war, daß er je Interesse an ihr bekunden würde.
    Das war eine einzigartige und beneidenswerte Lage, sagte sie sich, nachdem sie ihre ersten Sehnsüchte nach romantischen Liebesabenteuern erstickt hatte. Die meisten Bräute kannten ihre Gatten vor der Hochzeit überhaupt nicht, und es war nicht unwahrscheinlich, daß sie sich dann als Besitz eines alten, eines grausamen oder eines gleichgültigen Mannes wiederfanden. Nur Leibeigene heirateten aus Liebe.
    So kam Leonie zu dem Glauben, in einer glücklichen Lage zu sein. Das einzige, woran sie etwas ändern wollte, war ihre Abgeschiedenheit, und das hatte sie veranlaßt, sich allein nach Crewel zu wagen, um sich das Turnier anzusehen.
    Sie hatte noch nie ein Turnier erlebt. König Heinrichs Taktik bestand darin, sämtliche Turniere bis auf wenige zu verbieten, die unter besonderen Umständen und mit seiner Genehmigung veranstaltet wurden. In vergangenen Zeiten hatten zu viele Turniere als blutiges Gemetzel geendet. In Frankreich konnte man jederzeit und fast überall auf ein Turnier stoßen, und viele Ritter wurden reich, indem sie von einem zum nächsten reisten. In England verhielt sich das anders.
    Das Turnier in Crewel fing spannend an. Der Schwarze Wolf ritt in voller Rüstung und von sechs Rittern flankiert, die alle Schwarz und Silber trugen, seine Farben, und ausnahmslos großgewachsene und attraktive Männer waren, auf das Feld hinaus. Die sieben Gegner steckten auch in
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