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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft
Autoren: Teresa Medeiros
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gehst, Adrian. Welche Waffen willst du mitnehmen? Das Kruzifix? Die Pflöcke? Deine Armbrust? Mit dieser Waffe hast du eine Reihe von schlimmen Feinden ausgeschaltet. Ich nehme an, es war unvermeidbar, dass Julian eines Tages ihren Stich spüren würde.«
    Adrian berührte mit einer Fingerspitze das burgunderrote Samthalsband, das ihren schlanken Hals zierte, und das Bedauern in seinem Blick ließ ihn wesentlich älter aussehen als seine fünfunddreißig Jahre. »Besser, er fühlt den Stich als du — oder viele andere Frauen.«
    Als er den Salon verließ, wandte sich Portia an Caroline, hoffte verzweifelt, in ihrer Schwester eine Verbündete zu finden. Schließlich hatte sie einmal Caroline geholfen zu beweisen, dass Adrian nicht der Schurke war, für den alle Welt ihn hielt.
    Aber Caroline schüttelte bloß den Kopf. »Oh, Portia, warum musst du es ihm noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist? Wenn Adrian nicht gezwungen gewesen wäre, Duvalier zu zerstören, um mein Leben zu retten«, sagte sie, den gnadenlosen Vampir erwähnend, der Julian in einen Vampir verwandelt hatte, indem er ihm im Augenblick seines Todes die Seele aus dem Leib sog, »dann hätte Julian seine Seele vielleicht schon längst zurückbekommen. Er hätte sich nie auf die Suche nach dem Vampir begeben, der Duvalier zu einem gemacht hat. Adrian hat so hart und so lange darum gekämpft, seinen Bruder zu retten. Was glaubst du, wie er sich fühlt angesichts der Möglichkeit, versagt zu haben? In dem Wissen, dass unschuldige Frauen wegen dieses Versagens gelitten haben und gestorben sind?« Sie bückte sich, nahm ihre Tochter auf den Arm und folgte ihrem Gemahl aus dem Zimmer. Ehe sie über die Schwelle trat, warf sie ihrer Schwester noch einen letzten vorwurfsvollen Blick zu. Eloisa spähte mit großen grauen Augen verwirrt über die Schulter ihrer Mutter.
    Portia seufzte. Vermutlich war es naiv gewesen zu erwarten, dass ihre Familie den heimgekehrten Vampir mit offenen Armen und frohen Herzens willkommen hieß. Schließlich war es wirklich nicht ausgeschlossen, dass Julian verloren war, wie alle befürchteten.
    Aber in einer abgelegenen Ecke ihres Herzens protestierte etwas dagegen, weigerte sich zu glauben, dass der Mann, der sie einmal in die Nase gezwickt hatte und sie liebevoll »Kleines« genannt hatte, das Leben aus diesen bedauernswerten Frauen gesogen und sie dann wie Abfall auf der Gasse liegen gelassen hatte.
    Sie trat ans Fenster, zog die schweren Samtvorhänge zur Seite. Das fahle Tageslicht verblasste allmählich, bis die breite Straße in dem sanften Schimmer des frisch gefallenen Schnees lag. Obwohl noch hie und da Flocken im Wind wirbelten, hatten sich die Wolken verzogen, sodass zu sehen war, wie ein blasser Halbmond am Himmel aufging. Sie schaute auf die Uhr auf dem Kaminsims. Das Gefühl, sich beeilen zu müssen, wuchs. Julians Zeit ging zur Neige. Und ihre ebenfalls.
    Wenn sie beweisen wollte, dass alle sich in ihm irrten, würde sie das tun müssen, ehe die Sonne wieder aufging und Adrian sich auf den Weg zu seinem Bruder machte - vielleicht zum letzten Mal.
    Im Moment störte es Julian Kane weniger, keine Seele zu haben, als nüchtern zu sein. Sein Torkeln war einem übertrieben lässigen Schlendern gewichen, und selbst das war durch Hunger und Erschöpfung seiner üblichen Anmut beraubt.
    Er stülpte seine Rocktaschen nach außen, nur um zu sehen, dass sie wirklich erbärmlich leer waren. Eventuell hätte er Cuthbert doch nicht so selbstlos auf der Schwelle seines Vaterhauses am Cavendish Square abliefern sollen.
    Cubby hatte gerade seinen Mageninhalt stumm auf die geliebten Azaleen des Earls verteilt, als der alte Mann den Kopf mit der schräg sitzenden Schlafmütze zu einem der Fenster im Obergeschoss heraussteckte und sich wütend erkundigte: »Was haben Sie jetzt wieder mit meinem Sohn angestellt, Kane? Mein Cuthbert war ein guter Junge, bis er sich mit Leuten wie Ihnen eingelassen hat, Sie Ausgeburt des Teufels!«
    Julian hatte es einem Lakai überlassen, Cuthberts untersetzte Gestalt zu stützen, dann war er ein paar Schritte zurückgetreten, hatte seinen Biberhut gezückt. »Ihnen auch einen schönen Abend noch, Mylord«, hatte er zu dem alten Mann empor gerufen.
    Der hatte ihm als Antwort nur mit der gichtigen Faust so wild fuchtelnd gedroht, dass Julian sich zu sorgen begann, er könne aus dem Fenster fallen und sich den närrischen Kopf auf dem Pflaster unten einschlagen.
    Julian schüttelte bei der
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