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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht
Autoren: Charlotte MacLeod
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Bestehen der Fabrik gefeiert
hatte. Es gab auch noch ein Foto jüngeren Datums, auf dem er stolz die
Ehrennadel anläßlich seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums aus der erlauchten
und selbstverständlich blitzsauberen Hand von Präsident Soapy Snell
entgegennahm.
    Mr. Flum war ein kinderloser Witwer
gewesen, doch die unermüdlichen Journalisten hatten bereits eine Schwester und
zwei Neffen ausfindig gemacht, die mit verquollenen Augen, die entweder auf
ihre Tränen, den Rauch oder beides zurückzuführen waren, nicht allzu heiß
darauf waren, vor laufenden Kameras ihrem Schmerz über das Ableben ihres
Angehörigen Ausdruck zu verleihen. Alle waren übereinstimmend der Meinung, daß
Talg Caspar Flums Lebensinhalt gewesen war. Die Schwester zog sogar die
Möglichkeit in Betracht, daß Cas vielleicht genau so inmitten seiner Talgkessel
hätte sterben wollen, wenn er die Wahl gehabt hätte, woraufhin der weniger
redegewandte Neffe damit herausplatzte, daß er trotzdem den verdammten
Hurensohn, der die Kanone abgefeuert habe, gern in die Finger kriegen würde.
    Nein, er habe nicht gesehen, wie sie
losgegangen sei. Das habe niemand, soweit er wisse. Aber das Feuer könne
schließlich nur durch die Kanone verursacht worden sein, denn was hätte es
sonst sein sollen? Dafür spreche auch der gewaltige Knall, ergänzte der andere,
wohl etwas gebildetere Neffe, nachdem es ihm endlich gelungen war, seinen
Adamsapfel aus seinem Hemdkragen zu befreien.
    Die Schwester fügte noch hinzu, daß Cas
ihr stets ein guter Bruder gewesen sei und sie bereits vor einem Monat sein
Geburtstagsgeschenk erstanden habe, sich jetzt allerdings Sorgen mache, ob der
Laden, in dem sie es gekauft hatte, es nach all der Zeit noch zurücknehmen
werde. Ihre Stimme klang tränenerstickt, und der Kameramann zeigte schließlich
Anstand genug und schwenkte ab.
    »Die arme Frau«, kommentierte Helen.
»Ich weiß wirklich nicht, warum es die Leute nicht lassen können, die Familien
in solchen Situationen ins Rampenlicht zu zerren. Komm, wir trinken ein
Schlückchen Brandy, Liebling. Ich falle zwar fast um vor Müdigkeit, und du
sicher auch, aber wahrscheinlich können wir ohne einen kleinen Beruhigungstrunk
doch nicht einschlafen.«
    Der Brandy hatte seine Wirkung offenbar
nicht verfehlt, denn gegen halb acht wurden beide Shandys durch laute Schläge
gegen die Haustür aus dem Tiefschlaf gerissen. Peter streckte den Kopf aus dem
Fenster und brüllte: »Immer mit der Ruhe! Ich komme sofort!« Er veranstaltete
noch einen kurzen Zweikampf mit seinem Bademantel, lieh sich seine Pantoffeln
von Jane aus und eilte nach unten.
    Der allzu frühe Besucher entpuppte sich
als Cronkite Swope, der wie ein schwelender Talgkessel stank und vor
Erschöpfung schwankte. Peter hielt ihn am Arm fest.
    »Um Gottes willen, kommen Sie lieber
herein, sonst brechen Sie noch zusammen.«
    Er führte den jungen Reporter in die
Küche, drückte ihn auf einen Stuhl und begann Kaffee zu kochen. »Möchten Sie
vielleicht etwas Saft?«
    »Was?«
    »Hier, trinken Sie das.«
    Swope starrte das Glas Orangensaft an,
als sei es ein unbekanntes Objekt von einem anderen Stern, schien sich aber
schließlich wieder zu erinnern, was er damit anzufangen hatte, und trank.
Vielleicht hatte der Fruchtzucker ihn zu einem gewissen Grad wiederbelebt,
jedenfalls schob er seinen Stuhl nach hinten und stand auf.
    »Meinen Sie, daß ich mich kurz frisch
machen könnte?«
    »Selbstverständlich. Das Bad ist dort
drüben.«
    »Ich weiß.«
    Swope hatte das Haus der Shandys schon
viele Male besucht, seit Peter durch diverse merkwürdige Zufälle zum großen
Meisterdetektiv von Balaclava County und Umgebung avanciert war. Er fand das
Badezimmer im Erdgeschoß ohne größere Probleme und kehrte etwas sauberer, aber
genauso niedergeschlagen zurück. »Sie müssen mir unbedingt helfen, Professor.«
    »Was ist denn los, Cronkite?« Helen war
inzwischen ebenfalls nach unten gekommen und sah in ihrem weichen rosa
Morgenmantel und den altrosa Pantoffeln mit den hübschen Pompoms auf den Zehen
sehr viel attraktiver aus als beide Männer zusammen. »Setz dich ruhig, Peter.
Ich kümmere mich schon um den Kaffee. Wer möchte Eier mit Speck?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, holte sie
die große Pfanne und begann, den Kühlschrank leerzuräumen. »Ich wette, Sie
waren die ganze Nacht auf den Beinen, Cronkite. Ist das Feuer inzwischen
gelöscht?«
    »Die Feuerwehr hat zwar die Flammen
niedergekämpft, aber sie flackern immer
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