Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
Autoren: C. J. Lyons
Vom Netzwerk:
Wiederholung; ebenso scheute er eine feste Bindung, weil seine erste Ehe grandios gescheitert war. Was Carver selbst zuzuschreiben war, wie er freimütig eingestand. Weiter als bis zu diesen Erkenntnissen waren sie bei Gesprächen über ihre ungeklärte Beziehung zueinander bislang nicht vorgedrungen.
    Also nannte sie ihn Carver. Besser als Goose, sein Deckname als Rocker. Dennoch erwischte sich Caitlyn in letzter Zeit manchmal dabei, dass sie ihn – wenn auch nur in Gedanken – Jake nannte. Wenn sie seine Meinung zu einem Fall hören oder ihm interessante Neuigkeiten von ihrem Tag erzählen wollte, rief sie ihn von unterwegs aus an. Sie unterhielt sich gern mit ihm, er hatte stets eine gute Idee parat, und nachdem sie aufgelegt hatte und allein in ihrem Motelbett weit weg von zu Hause lag, träumte sie öfter davon, wie ihre Welt wohl aussehen würde, wenn sie ihn jeden Tag um sich hätte.
    Wozu es niemals kommen würde. Denn sobald er ausgesagt hatte, würden sie ihn in eine abgelegene Außenstelle versetzen, fernab von rachsüchtigen Rockern, wo er vermutlich hinter irgendeinem Schreibtisch versauern würde. Verflucht, so wie das FBI und der Staatsanwalt sich aufgeführt hatten, als er seine Aufpasser das erste Mal abgehängt und bei Caitlyn vor der Tür gestanden hatte, weil er nicht in Schutzhaft leben wollte, würde er am Ende noch auf Guam landen. Wenn er Glück hatte. Ansonsten drohte ihm Fairbanks, Alaska.
    Carver war nur ein Besucher in ihrem Leben, so viel stand fest. Sich gefühlsmäßig tiefer einzulassen würde ihnen beiden auf lange Sicht nicht gut bekommen. Also blieb es bei Carver. Außer in ihren Träumen.
    Sheriff Holdeman hatte ihre Zusammenfassung beendet. »Schultz hat jahrelang betrügerischen Bauunternehmen Projekte zugeschustert, illegal Provisionen dafür eingestrichen und dieselben Firmen dann erneut beauftragt, um die schlechte Arbeit auszubessern, die sie zuerst geleistet hatten. Unsere Schulen verfallen, das Dach vom Krankenhaus ist löchrig wie ein Sieb – nach einem Schneesturm mussten wir das Gebäude sogar evakuieren, weil der schmelzende Schnee Kurzschlüsse ausgelöst hat –, und es gibt Brücken bei uns, die nur auf eine starke Windböe warten, die sie umwirft.
    »Ein Wunder, dass noch niemand umgekommen ist – und meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass das alles aufhört, ehe es so weit kommt.« Niemand konnte Holdeman vorwerfen, dass sie ihren Beruf nicht mit Leidenschaft ausübte. Das war einer der Gründe, warum Caitlyn diesen Fall angenommen hatte und persönlich hierhergefahren war, um zu helfen.
    »Wow«, sagte Carver. »Jetzt weiß ich, warum Sie gewählt wurden, Sheriff. Wie kann ich Ihnen dabei helfen, diesen Scheißkerl festzunageln?«
    Maria presste beide Hände fest vors Gesicht, atmete tief durch. Sie roch ihren eigenen Schweiß, den Geruch nach Angst. Schnell war ihr klar geworden, dass Wegrennen wegen der verräterisch raschelnden Zweige nicht die beste Wahl war, und hatte sich deshalb lieber ein Versteck gesucht, während der Mann mit der Narbe noch Verstärkung zusammenrief.
    Darin war sie auf jeden Fall richtig gut – sich zu verbergen. Seit ihrer einsamen Kindheit, dem ewigen Kampf um die Anerkennung ihres Vaters, hatte sie sich in die Welt aus Büchern und Träumen geflüchtet. Zwar hatte sie auch andere Talente. Über ihr räumliches Sehvermögen sagte ihr Vater immer, es wäre, als hätte sie eine 3-D-Brille auf, weil sie Dinge zum Leben erwecken konnte. Diese Fähigkeit hatte ihr auch dabei geholfen, den Tempel auf den Satellitenaufnahmen ausfindig zu machen. Doch wenn es nach ihrem Vater gegangen wäre, hätte Maria dieses Talent nicht für archäologische Studien, sondern für die Erforschung von Proteinstrukturen und Enzymen eingesetzt – für sein Biotechnologie-Unternehmen. Unendlich langweilig.
    Schon als Kind hatte sie stets die besten Verstecke ausfindig gemacht, Orte, die den anderen zu klein oder von der Form her ungeeignet erschienen, als dass ein Mensch dort hineinpassen würde. Wie dieser morsche Baumstumpf hier. Auf den ersten Blick war der Boden um ihn herum kahl, Maria war jedoch eine Mulde unter einer der großen Wurzeln aufgefallen, die teilweise von den tief hängenden Zweigen eines anderen Baumes bedeckt war. Breite, flache Blätter. Sie hatte keine Ahnung, um was für einen Baum es sich handelte, ob Palme, Bananenbaum oder himmlisches Manna … jedenfalls hatte sie im Schatten und unter der Wurzel ein perfektes Schlupfloch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher