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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
Autoren: C. J. Lyons
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ihr Vater ihr etwa auf die Schliche gekommen? War er hier, um sie zu retten?
    »Es wird bald dunkel«, fuhr der Mann fort. »Du kannst hier draußen im Dschungel nicht allein überleben. Nicht in der Nacht. Dann gehen die Jaguare auf die Jagd.«
    Sie gab keinen Mucks von sich. Wenn diese Männer ihren Vater kannten und sie retten wollten, warum hatten sie dann Prescott getötet?
    Lügen. Alles, was der Mann erzählte, waren Lügenmärchen. Ihr Vater würde nicht kommen. Sie war auf sich allein gestellt. Schweiß mischte sich in die Tränen, die sie nicht länger zurückhalten konnte, dennoch bemühte sie sich, so leise wie möglich zu sein.
    »Maria, hast du je einen Jaguar gesehen? Seine Krallen sind so scharf, dass sie einen Mann mit nur einem Hieb aufschlitzen können.«
    Jetzt hatte sie dieses Bild vor Augen, während sie im Dunkel kauerte, eingehüllt vom Gestank nach Fäulnis. Die Geräusche des Dschungels verstummten, die Stille war erdrückend.
    Einer der Männer brüllte laut und gab einen Schuss ab. Ein Jaulen war zu hören, dann hallte ein Schmerzensschrei durch die Luft, bei dem sich jeder Muskel ihres Körpers verkrampfte.
    »Nicht schießen!«, schrie der Mann. »Wir brauchen sie lebend.«
    Die Schreie wurden lauter und kamen aus allen Richtungen, als ob eine Heerschar gequälter Seelen durch den Dschungel stürmen würde.
    »Verdammte Brüllaffen«, fluchte einer der Männer, der gerade an Marias Baumstumpf vorbei zu dem Mann rannte, der den Schuss abgegeben hatte.
    Es folgte ein Durcheinander aus Spanisch und Englisch, gefolgt von rauem Gelächter. Wenn Maria das richtig interpretierte – ihre Spanischkenntnisse beschränkten sich auf Begrüßungsfloskeln und darauf, wie man ein Bier bestellte –, dann war der Mann wohl gestolpert und hatte versehentlich geschossen. Nur gut, dass er nicht irgendwo in die Nähe von Marias Versteck gezielt hatte.
    »So weit kann sie nicht gekommen sein, besser wir gehen zurück zur Straße.« Die Schritte entfernten sich.
    Sie wagte nicht, den Kopf zu heben und nachzuschauen, aber sie spürte, wie sich die Bäume über ihr bogen, als die Gruppe Brüllaffen unter ohrenbetäubendem Gekreische an ihr vorbeizog. Nachdem sie fort waren, kehrte wieder Normalität im Dschungel ein. Von den Männern war nichts zu hören. Nur die heiseren Schreie der Papageien, das Quaken der Frösche und raschelndes Unterholz, in dem jede Menge Kleingetier herumwuselte.
    Dennoch wartete Maria weiter ab. Nicht sicher, ob sie sich bewegen könnte, selbst wenn sie wollte. Ihre Beine waren taub. Der Mund staubtrocken. Zu gern hätte sie einen Schluck Wasser genommen, aber sie traute sich nicht, nach der Flasche an ihrem Gürtel zu greifen. Ihre Bauchtasche mitsamt Inhalt war alles, was ihr zum Überleben geblieben war: eine Flasche Wasser, ein Energieriegel, ein Kopftuch, Block und Stift, ein Kompass und ihr Handy.
    Außerdem hatte sie noch ihren Verstand. Ihren Willen und ihre Entschlossenheit. Sie war eine Alvarado, und die Alvarados gaben niemals auf.
    Von weit her drang das Motorengeräusch eines Lastwagens zu ihr durch. Es zog nach Westen, die Straße hinunter. Das war die Gelegenheit, sich tiefer in den Dschungel vorzuwagen, um den Fluss zu finden.
    Diese Männer würden nicht aufhören, sie zu suchen, jedenfalls nicht, wenn sie sie für den Schlüssel zum Schatz hielten. Auch vor weiteren Morden würden sie nicht zurückschrecken, davon war sie überzeugt. Der Professor und sein gesamtes Team schwebten in großer Gefahr.
    Langsam löste sie sich aus ihrer verkrampften Haltung, bürstete sich Käfer und faules Holz aus dem Haar und von den Kleidern. Ihren Hut hatte sie irgendwo unterwegs verloren. Sie nahm einen Schluck Wasser – jetzt war die Flasche nur noch halb voll –, streckte die Beine und versuchte sich zu orientieren.
    Den Kompass hatte sie für ein paar Dollar im Campingladen erstanden, doch mit einem Mal war er ihr wertvollster Besitz. Er bestätigte die Richtung, in die ihr Orientierungssinn sie geführt hätte, und wies ihr den Weg nach Norden, auf den Fluss zu. Ihrer einzigen Hoffnung.

4
    Bis auf den Schreibkram blieb nicht mehr viel zu tun, dennoch nahm Sheriff Holdeman nur zu gerne Jakes Angebot an, sich die Finanzen von Schultz noch einmal genauer anzusehen, während sie und Caitlyn den Commissioner verhörten und sich um die Unterbringung seiner Tochter kümmerten. Als das auch erledigt war und sie alles Nötige für die Staatsanwaltschaft vorbereitet hatten, war es
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