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Wellentänze: Roman (German Edition)

Wellentänze: Roman (German Edition)

Titel: Wellentänze: Roman (German Edition)
Autoren: Katie Fforde
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Stelle befördert wurde, die von Rechts wegen ihr zugestanden hätte, ging Julia endlich auf, dass sie einiges dringend überdenken und ihre Ansprüche ein wenig herunterschrauben musste (das Queen-Anne-Haus hatte sieben Schlafzimmer). Aufgrund der harten Arbeit war ihr ein böses Fehlurteil unterlaufen, und das Ganze war es einfach nicht wert. Vielleicht sollte sie Peter Strange dankbar sein, dass er ihr unwissentlich die Augen geöffnet hatte.
    Nachdem sie aus dem Büro gestürmt war, hatte sie sich zur Vorbereitung auf ihr neues Leben eine Ausgabe von The Lady gekauft. Denn wenn sie auch große Lust gehabt hatte, auf der Stelle einen Rucksack zu packen und durch Indien zu trampen, gab es noch eine andere, etwas erwachsenere Stimme in ihr, die ihr riet, sich irgendwie ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
    Sie hatte nicht einmal gewartet, bis sie nach Hause gekommen war, sondern die Zeitung gleich auf den hinteren Seiten aufgeschlagen und noch im Gehen zu lesen begonnen. Im Hinterkopf hatte sie die Frage beschäftigt, warum sie einen so großen Teil ihres Lebens einer Firma wie Strange’s gewidmet hatte, die in einer Frau niemals viel mehr sehen würde als eine bessere Sekretärin, ganz gleich, was sie erreichte.
    Während sie mit knapper Not einer Pfütze ausgewichen war und sich die Hüfte am Gartentor gestoßen hatte, war ihre Erregung gewachen. War nicht jede Stellenanzeige ein leuchtendes Fenster lockender Möglichkeiten, die ihr eine neue Welt auftaten, spannend, glitzernd, das absolute Gegenteil von dem Stress der vergangenen sechs Jahre? Und dabei wäre es um ein Haar zu spät gewesen! Zum Glück hatte Oscars Mutter darauf bestanden, dass sie in einer äußerst beliebten Kirche heiraten sollten, einer Kirche mit einer neun Monate langen Warteliste.
    Das Bewusstsein, wie knapp sie ihrem Schicksal entkommen war, hatte Julia veranlasst, ein klein wenig voreilig zu sein, als sie verschiedene Annoncen angekreuzt hatte. Mit knapper Not hatte sie so weit bei Verstand bleiben können, sich nicht um Jobs als Kindermädchen zu bewerben (es besteht die Möglichkeit, mit der Familie zu reisen) oder als Stallbursche (muss große Hunde lieben), da sie über wenig Erfahrung mit Kindern und über gar keine Erfahrung mit Pferden verfügte.
    Aber ein Job war dabei gewesen, der ihr nicht nur interessant erschien, sondern für den sie sich auch qualifiziert fühlte. Und eben dieser Job führte sie an einem kalten Februartag, etwa eine Woche nach ihrem Bruch mit Oscar, zu Mittag in ein altes Postgasthaus in der Vorstadt.

Kapitel 2
     
    A ls Julia die Tür öffnete und den Pub betrat, überkam sie eine plötzliche Nervosität. Oscar hat Recht, dachte sie. Ich bin verrückt, ich sollte bei meinen Leisten bleiben, statt mich in Pubs, die so dunkel sind, dass ich nicht mal die Theke finde, mit wildfremden Frauen zu treffen. Sie stolperte zwischen Stühlen und Tischen umher, ihr Blick glitt suchend an landwirtschaftlichen Maschinen vorbei, bis sie schließlich von gedämpften Stimmen unter den originalen Eichenbalken des Schankraums zu ihrem Ziel gelockt wurde.
    Drei silberhaarige Männer, die sehr vornehm mit ihren jeweiligen Rasentreckern geprahlt hatten, hielten in ihrem Gespräch inne, als Julia näher kam. Sie wussten, dass es heutzutage vollkommen akzeptabel war, wenn eine Frau allein einen Pub betrat, aber ihre Ehefrauen hätten so etwas nicht getan. Julia, die diese Spezies kannte, entspannte sich und lächelte mitfühlend. Einer der Männer erhob sich und rief in die Küche: »Madge! Kundschaft!«
    Julia fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, um sich zu versichern, dass dort kein Lippenstift haften geblieben war. Sie wünschte sich so sehr, diesen Job zu bekommen. Es würde eine furchtbare Enttäuschung für sie sein, zugeben zu müssen, dass Oscar Recht gehabt hatte und es unnötig gewesen war, sich durch die Stellenanzeigen im Daily Telegraph zu arbeiten.
    Sie lenkte sich ab, indem sie sich die beruhigende Liste bekömmlicher Speisen zu Gemüte führte, die auf der Tafel angepriesen wurden. Endlich trat dann auch »Madge« in Erscheinung, die über ihrer gestreiften Schürze eine dünne Mehlschicht trug. Julia bestellte ein Glas Rotwein, ging damit zu einem Tisch am Fenster und blickte hinaus auf den Parkplatz. Die ersten Regentropfen fielen in die Pfützen auf dem Boden; das Geräusch, das dabei entstand, klang in Julias Ohren wie leise Überraschungsrufe angesichts der jüngsten, gewaltigen Veränderungen in ihrer
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