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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille
Autoren: Alex Barclay
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Kind.«
    »Leck mich.«
    Vincent hob einen Finger. »Ich mach das nicht mehr mit. Du warst gestern Abend total neben der Spur.«
    Ren drückte sich die Hände auf die Ohren. »Bitte, Vincent, hör auf. Ich will das nicht hören.«
    Vincent zog behutsam ihre Hände weg. »Natürlich nicht. Soll ich dir mal was verraten? Du hast auf mich eingeschlagen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe alles versucht, aber du warst sternhagelvoll.«
    Ren erinnerte sich an den Beginn des Abends, an ihr hübsches Kleid, ihr perfektes Make-up, ihr hochgestecktes Haar und Vincents Lächeln, als sie die Treppe hinuntergestiegen war.
    »Hast du hier irgendwo eine Akte gesehen?«, fragte sie. »Hast du etwas weggeräumt?«
    »Nein. Ich habe verdammt noch mal andere Sorgen.«
    »Mist!« Ren stellte ihren Kaffeebecher ab, lief durchs Wohnzimmer, zog Schubladen auf, hob Kissen hoch. »Wo ist das Ding, verdammt noch mal?«
    »Deine Akte ist nicht hier. Ich habe heute Morgen das ganze Haus geputzt, aber da war keine Akte. Du kannst sie später suchen. Ich würde jetzt gerne über gestern Nacht reden«, sagte Vincent.
    Ren schaute auf die Uhr. »Tut mir leid, dafür habe ich keine Zeit mehr.« Sie eilte in den Flur. »Heute Abend, okay?«, rief sie.
    »Nein«, erwiderte Vincent, der ihr folgte. »Nein, verdammt!«
    »Also gut. Was habe ich gestern Nacht getan?« Ren drehte sich zu ihm um.
    »Es geht eher darum, was du gesagt hast.«
    »Ich war betrunken. Das zählt nicht.«
    »Oh doch«, widersprach Vincent.
    »Du meine Güte, warum kapierst du nicht, dass ich Dinge sage, die ich nicht so meine, wenn ich einen in der Krone habe?«
    »Weil es wehtut.«
    »Aber wenn du weißt, dass es nicht stimmt, was ich sage, wie kann es dann wehtun? Das ist so, als wäre ich beleidigt, weil du mich als … was weiß ich beschimpfst. Als jemand, der ich gar nicht bin.«
    »Na toll. Das hatten wir alles schon. Du machst es dir wieder mal leicht. Du meinst, du könntest mir wer weiß was an den Kopf werfen und es würde mir überhaupt nichts ausmachen. Du machst mich fertig mit deinem Scheiß. Es ist jedes Mal der gleiche Mist!«
    »Wenn du weißt, dass es jedes Mal so ist, warum ignorierst du es dann nicht einfach?«
    »So funktioniert das nicht, Ren. Weißt du überhaupt noch, was du mir gestern Nacht an den Kopf geworfen hast?«
    Ren schwieg.
    »Wenigstens scheinst du dich ein bisschen zu schämen«, sagte Vincent. »Oder ist das bloß Taktik?«
    »Du bist gemein!«
    Er lachte bitter auf. »Ach ja? Ich will dir mal sagen, was gemein ist: ›Vincent, du bist langweilig. Du unterdrückst meine Persönlichkeitsentwicklung. Du wünschst dir, ich wäre eine andere. Du kannst nicht akzeptieren, dass ich so bin, wie ich bin. Du selbstgerechtes Arschloch willst mir sagen, was ich zu tun habe? Du kannst mich mal. Du hast ja keine Ahnung vom Leben. Du liebst die Eintönigkeit, weil sie Sicherheit verspricht, und Sicherheit geht dir über alles.‹« Er holte tief Luft. »Und das nur, weil ich mich geweigert habe, einer Besoffenen noch einen Wodka zu bestellen.«
    Ren zögerte. »Nun ja, es ist ja wirklich nicht so, dass du der spontanste Mann auf der Welt bist …«
    »Siehst du!«, rief Vincent. »Genau das meine ich. Und darum glaube ich dir nicht. Weil du nämlich Stunden später, wenn duwieder nüchtern bist, noch immer richtig findest, was du im betrunkenen Zustand gesagt hast. Und im selben Atemzug behauptest du, es wäre alles nur dummes Geschwätz gewesen.«
    »Es war dummes Geschwätz.«
    »Aber jetzt erkennst du auf einmal, wie viel Wahrheit in deinem Gelaber steckt, was? Herrje, wie oft haben wir solche Gespräche schon geführt.« Er zeigte mit dem Finger auf sie. » Das ist öde, Ren. Und mich beschuldigst du, langweilig zu sein.«
    »Bist du ja auch. Du hast keine Perspektive.«
    »Ich? Ich? Oh Mann, mir reicht’s jetzt. Ich hab die Schnauze endgültig voll. Ich kann nicht mehr. Ich geb auf.«
    »Was soll das heißen, du gibst auf?«
    »Genau das, was ich gesagt habe. Ich mach die Fliege. Ich habe genug von dir, Ren Noir.«
    Sie versuchte zu lächeln. »Du magst Ren Noir. Sie macht dein Leben interessant.«
    »Jetzt, in diesem Augenblick, geht sie mir nur noch auf den Senkel. Ich glaube, Ren Noir ist ein Miststück.«
    Ren stiegen Tränen in die Augen.
    »Tut mir leid, aber Mitleid kann ich nicht empfinden.« Vincent küsste sie auf den Scheitel. »Pass auf dich auf. Ich bin nicht mehr da, wenn du nach Hause kommst.«
    Ren starrte Vincent hinterher, als
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