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weißblau queer gestreift

weißblau queer gestreift

Titel: weißblau queer gestreift
Autoren: S Brandl
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habe, aber du weißt ja, dass ich nicht gläubig bin. Und heucheln will ich auch nicht, nur um vorzusorgen, dass ich vielleicht doch in den Himmel komme, wenn es dich gibt. Aber ich glaube  sowieso, nach dem Tod ist alles vorbei.
    Genug von mir. Ich will ja für die Winkelmoserin beten. Sag ihr, ich bedauere es sehr, dass es so gekommen ist, und dass ich das nicht wollte. Und wenn es dich und den Himmel gibt, dann hat sie es sicher verdient, zu dir zu kommen, in den Himmel hinein. Die Winkelmoserin war bestimmt nicht so übel. Sie war nur recht verzweifelt und einsam. Da hat sie sich eben  an die Bibel geklammert und an dich und Jesus. Aber mei. Wenn man sonst nix mehr hat …
    Entschuldige, ich wollte nicht respektlos sein. Lassen wir das. Ich bin echt nicht gut im Beten. Zurück zur Winkelmoserin. Bitte kümmer’ dich gut um sie. Bring’ sie doch wieder mit ihrem Mann und ihrer Tochter zusammen, die sind ja auch beide tot. Sag’ ihr bitte auch, dass ich kein schlechter Mensch bin, selbst wenn ich nicht an dich glaube und auf Frauen stehe. Sie soll mir nicht mehr böse sein.
    Und weil ich gerade hier bin und mit dir rede: Magst du mir ein bisschen mit Mandy helfen? Aber das nur am Rande. Jetzt werde ich mal versuchen, ob ich das Vater Unser hinbekomme …
     
    ◊◊◊
     
    Die Beerdigung wird schon vorbei sein. Aber ich möchte zumindest noch eine Blume auf das Grab legen und ein kleines Gebet sprechen. Ich hoffe, Frau Winkelmoser mochte rosa Rosen. Das sind jedenfalls meine Lieblingsblumen. Damit es schöner aussieht, habe ich eine violette Schleife und ein kleines pinkfarbenes Herz um den Stiel gebunden. Ist das zu kitschig? Ach, was soll’s, der gute Wille zählt.
    Als ich den Friedhof betrete, bestätigt sich meine Vorahnung: Die Trauergäste sind bereits weg. Aber sieh an … Was macht denn Heidi dort am Grab? Sie wird doch nicht etwa beten? Das sieht jetzt richtig merkwürdig aus, wie sie da steht, ganz andächtig mit gefalteten Händen. Ist das wirklich Heidi? Ja, klar. Sie ist es. Also, ich weiß nicht, wie sie das macht, aber sie schafft es immer wieder, mich zu überraschen. Doch ihr zu begegnen, ist mir jetzt unangenehm. Meine Rose werde ich trotzdem schnell aufs Grab legen.
    Heidi ist so vertieft, dass sie gar nicht bemerkt, wie ich mich von hinten nähere. Ich will sie nicht erschrecken, deshalb stelle ich mich still neben sie. Da dreht Heidi den Kopf zu mir. »Oh, Mandy.«
    »Hallo Heidi.«
    Ich lege meine Blume auf das Grab. Da sehe ich, wie ein kurzes Schmunzeln über Heidis Gesicht huscht. Sie meint bestimmt, dass ich es nicht bemerkt habe. Aber ich kenne Heidi inzwischen viel zu gut dafür. Wahrscheinlich findet sie meine Rose albern, wegen der großen Schleife und dem glitzerndem Herzchen. Soll sie ruhig schmunzeln. Mich stört das nicht weiter. Ich bekreuzige mich und drehe mich um. »Tschüss!«
    »Moment mal! Gehst du schon wieder? Lass uns doch bitte mal reden, Mandy!«
    »Nicht hier und jetzt. Lassen wir der Frau Winkelmoser ihre Ruhe.«
    »Aber wann sonst?«
    »Später. Ich melde mich.«
    »Mensch, Mandy!«
    »Tschüss, Heidi.«
     
    Was war das jetzt schon wieder? Oh mei. Nicht mehr wundern. Erst einmal das Gebet zu Ende sprechen. Leider habe ich die Hälfte vom Vater Unser vergessen, also improvisiere ich weiter ein wenig und fülle die fehlenden Stellen mit meinen eigenen Worten. Klingt gar nicht schlecht. Fast, als gehöre es so. Naja. Fertig gebetet. Und jetzt ab nach Hause.
    Daheim angekommen werfe ich mich aufs Sofa und kuschle mich in meine Decke. Ein kleines Schläfchen wird mir jetzt gut tun. Warum müssen Beerdigungen immer so früh am Morgen sein? Bin ganz matschig im Kopf. Aber nach zwei, drei Stunden Schlaf kann ich bestimmt wieder klarer denken. Und dann kümmere ich mich um Mandy. Ich werde einfach zu ihr gehen. Mal sehen, ob sie mit mir sprechen mag.
    Kaum habe ich es mir gemütlich gemacht, klopft es an der Tür. Mühsam rappele ich mich vom Sofa auf, um meinem Gast zu öffnen. Öha! Es ist Mandy! Als ich sie sehe, bin ich sofort hellwach. »Mandy! Komm doch rein!«
    Mandy folgt mir still ins Wohnzimmer.
    »Setz dich. Willst du was trinken?«
    »Nein, danke.«
    Mandy nimmt auf dem Sofa Platz. »Setz dich bitte neben mich, Heidi.«
    »Okay.«
    Ich setze ich neben Mandy und blicke sie gespannt an.
    »Wir müssen reden«, sagt sie.
    »Ja, finde ich auch.«
    »Ich weiß nur nicht so recht, wo ich anfangen soll …«
    »Vielleicht mit deinem Besuch bei mir? Als du so
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