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Weil du fehlst (German Edition)

Weil du fehlst (German Edition)

Titel: Weil du fehlst (German Edition)
Autoren: Jana Frey
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Schlüsselbeins nach.
    »Zu dünn angezogen. Du. Wie fast immer. So dünn und dann auch noch dauernd zu dünn angezogen.«
    Elija ließ die Hand wieder sinken, aber ich nahm sie, ehe er sie wieder in die Hosentasche schieben konnte, in meine.
    »Nein, Kassandra. Bitte. Nicht.«
    Aber dann liefen wir doch Hand in Hand los, ließen die Krähenwiese, die kreischenden Krähen und Mr Walentas Weg der Sinne hinter uns.
    Wir sprachen kein Wort, und irgendwann erreichten wir Darius‘ Höhle.
    Grünes, warmes Licht auf grünem, warmem Moos empfing uns.
    Elija stand ganz nah vor mir, und plötzlich beugte er sich vor und küsste mich heftig auf den Mund. Warm, weich, gut und vertraut fühlte es sich an. Ich griff nach seinen Schultern.
    »Aber wir dürfen nicht – miteinander schlafen, hörst du?«, flüsterte Elijas heisere Stimme. »Um Himmels willen nicht. – Das … hier ist schon – schlimm genug. Mehr dürfen wir auf keinen …«
    Mir wurde schwindelig. Elija zog mich an sich. Als meine Brüste seinen Oberkörper berührten, konnte ich fühlen, wie sich sein Körper anspannte. Was ich als Nächstes tat, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls lag Elija kurz darauf auf mir, ich spürte das weiche Moos unter meinem nackten Rücken, Elijas Lippen an meinem Hals undundund.
    Und dann stand plötzlich Darius in der Höhle.

    Wie ein Baum
    ein Krater
    ein Riese
    ein Gigant,
    turmhoch über uns.

    Eine Eigenschaft von Darius Seaborn :
    Sprachlosigkeit im strengsten Sinne des Wortes.

    Auch Elija war so gut wie sprachlos. Aber eben nicht gänzlich. Er sah Darius vor mir. Plötzlich wurde sein ganzer Körper starr, und er hörte auf mich zu umarmen. Stattdessen schob er seine Hände zwischen unsere Gesichter und verbarg mit ihnen das seine.
    »Nein, oh nein«, flüsterte er.
    »Was – was ist los, Elija?«
    Ich drehte mich um und sah Darius an.
    »Darius …«, sagte ich leise.
    Er sah mich nur an, und sein Gesicht war blass. Und grünlich, aber das waren wir alle im Licht der Höhle, Darius‘ Höhle, versteht sich.
    In Filmen gibt es Schnitte. Liebe. Ertappt. Totale auf den Ertapper. Schnitt. Die Liebenden, die sich bereits aufgerichtet und wieder (wenigstens halbwegs) hergerichtet haben.
    Im wahren Leben: weit gefehlt.
    Elija und ich waren beide fast nackt, unsere Körper verschlungen, Elija war verschwitzt.
    Liebesschweiß. Und jetzt Angst-Entsetzensschweiß. Ich konnte es riechen, und Darius mit Sicherheit auch.
    Wir
    Mussten
    Uns
    Aufrichten, voneinander lösen, unsere Nacktheit bloßstellen, nach Anziehsachen greifen, in Unterwäsche, Hosen, Shirts schlüpfen. Die Luft roch nach uns, unverkennbar – und Darius stand immer noch einfach da, mit hängenden Armen in seiner Höhle.
    »Darius …«, sagte nun Elija und fuhr sich durch die Haare. Aber zu mehr war er auch nicht fähig. Darius Seaborn hatte ihn nackt, bloßgestellt, in flagranti mit einer Schülerin, mit mir, die ich so etwas wie Darius‘ Freundin war in den Augen der anderen, den Leuten der Woodrow-Wilson-Schule, gesehen. Die Welt stand irgendwie still.
    »Um Himmels willen …«, versuchte er es erneut, während er seine Jacke anzog.
    Und
    Darius
    Stand
    Einfach
    Da
    Und
    Sah
    Uns
    Zu

    Wir verließen die Höhle zu dritt. Zuerst ich, dann Elija, als letzter Darius. Schweigen. Schweigen. Schweigen.
    Meine Lippen schmeckten immer noch nach Elijas Küssen. Mein Inneres war aufgewühlt von dem Moment, in dem er in mir gewesen war. Einmal mehr.
    Im sogenannten Kiefernwäldchen, auf diesem Boden aus herabgefallenen Nadeln in Rostrot, trafen wir die anderen. Auch das noch. Brendan, Selma, Mercedes, Flavia, Milt und zwei, drei andere Seniors.
    »Oh, Rosenalarm!«, rief Brendan sofort, als er uns entdeckte. Warum bloß spulte er immer und immer wieder dasselbe Programm ab?
    »Ja, was machen Sie denn hier mitten in wilder Flora und Fauna, Mr Rosen?«, hakte Flavia nun ebenfalls nach, ein Senior namens Ethan hatte den Arm um ihre Schulter gelegt.
    Ich konnte sowohl Elija als auch Darius atmen hören. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Ich wurde atemlos vom Zuhören, und meine Kehle fühlte sich eng an.
    »Äh, etwas erledigt. Für – Luke. Mr Walenta, meine ich. Am Weg der Sinne …«
    Darius atmete.
    Ich starrte auf den kiefernnadeligen Boden.
    Elija atmete.
    »Ich … muss dann weiter«, sagte er leise, betont gleichgültig, unglücklich, wackelig, um Fassung und Autorität ringend.
    »Was war denn mit dem los?«, sagte Mercedes, als Elija gegangen
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