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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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er fest.
    »Du hast kein Recht, mir nachzuspionieren«, fauchte Ainsley.
    »Du gottverdammte Schlampe!« sagte Allen heiser.
    »Verschwinde von meinem Grundstück!« Ainsleys Stimme klang schrill.
    »Erst wenn ich fertig bin!« Allen deutete auf Hayes. »Zeigen Sie mir Ihren Ausweis, Mann!«
    Ainsley wollte etwas sagen, aber Hayes unterbrach sie. »Ist schon gut!« erklärte er und schlenderte auf den Wagen zu. Vom Rückspiegel baumelte ein kleiner Transistorradio, aus dem schwaches Musikgeknister drang. Hayes zog einen Führerschein aus seiner Brieftasche und reichte ihn Allen. Der untersuchte ihn genau, gab ihn zurück und sah Hayes mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich lasse Sie überprüfen.«
    »Bitte!« meinte Hayes. »Ich habe nichts zu verbergen.«
    »Und jetzt verschwinde endlich von hier!« schrie Ainsley.
    Allen runzelte die Stirn. »Wir beide sprechen uns noch … bald.«
    »Wenn du nicht endlich aufhörst, mich zu belästigen, geh ich zu deinen Vorgesetzten, das schwör ich dir!« sagte Ainsley.
    Ein gequälter Blick verscheuchte Aliens Stirnrunzeln. »Ainsley …«, begann er.
    »Es ist Schluß – ein für allemal.«
    Er trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, als wäge er seine Chancen ab. Dann drehte er den Zündschlüssel herum und brauste mit aufheulendem Motor davon. Eine rote Staubwolke blieb zurück.
    Ainsley kam gedankenverloren die Verandastufen herunter. »Komm, ich fahr dich nach Tulsa.«
    »Wozu?«
    »Er hat deinen Ausweis gesehen … Du kannst hier nicht rumhängen und warten, bis er wiederkommt.«
    »Es war nicht meiner. Er gehört dem Typen, der mir bei der Flucht geholfen hat. Michael Locke. Sieht mir ziemlich ähnlich.«
    »Aber …«
    »Wenn Allen die Daten nachprüft, erfährt er nur, daß Mike nicht mehr in der Stadt ist.«
    Sie schob die Hände in die Taschen und ging ein paar Schritte auf und ab. »Warum bleibst du dann nicht?«
    »Ich würde hier auffallen wie ein bunter Hund.«
    »Wir könnten uns eine Geschichte ausdenken …«
    »Ainsley, das geht nicht. Ich …«
    Sie kehrte ihm den Rücken zu und betrachtete den Himmel. »Gemeinsam könnten wir es schaffen«, sagte sie. »Ich weiß, daß wir es könnten, ich spüre es … du nicht?«
    »Vielleicht, aber …«
    »Ach, zum Teufel, vergiß es! Wahrscheinlich findest du was Besseres, wenn du weiterziehst.«
    »Das ist es nicht.« Er trat hinter sie und legte ihr die Hände auf die Hüften.
    Sie versteifte sich.
    »Ist alles okay?« fragte er.
    Sie atmete langsam und ruhig aus.
    »Schau«, erklärte er. »Wenn die Dinge anders lägen …«
    Sie versuchte ihn abzuschütteln, aber er hielt sie fest. »Laß mich los!« sagte sie ruhig. Als sie sich umdrehte, waren ihre Lippen zusammengepreßt und die großen Augen dunkler als zuvor. »Mach dir keine Sorgen um mich … mir geht’s gut.«
     
    Hayes trank im Restaurant einen Kaffee, während Ainsley den Souvenir-Laden öffnete. Er versuchte sich von ihr fernzuhalten, wollte sie nicht noch trauriger machen. Aber ohne sie fühlte er sich wieder verwundbar, und seine Gedanken wirbelten in verrückten Kreisen. In der Hoffnung, ihr Anblick würde ihm einen Anker geben, ging er hinüber in den Laden. Sie war mit Kunden beschäftigt, und als sie ihn entdeckte, runzelte sie die Stirn. Er schlenderte umher, wartete darauf, daß er mit ihr reden konnte, und betrachtete inzwischen die Maschinen. Sie erinnerten an echte Musik. An jahrelange kleinliche Verrätereien, an alkoholabhängige Drummer und rauschgiftsüchtige Freundinnen, an billige Kneipen – das alles steckte in diesen Schränken mit den verbeulten Instrumenten. Er blieb neben dem größten Musik-Automaten stehen, erfüllt von dem Wunsch, daß Professor Sombra real sei, bereit, von jedem Hilfe anzunehmen, sogar von …
    … Ich bin real, Hayes, keine Sorge …
    Er starrte in die dunklen Schatten der Maschine. »Wer sind Sie?«
    … Erinnerst du dich nicht mehr, Hayes? …
    »Doch, ich erinnere mich. Aber ich begreife nicht, auf welche Weise Sie mir helfen können.« Er sah sich verstohlen um. Hoffentlich merkte niemand, daß er ins Leere redete.
    … Einen Kater vertreibt man am besten mit Alkohol. Musik bestimmt dein Handeln, und nur Musik kann den Bann wieder durchbrechen …
    »Und Sie sind in der Lage, das hinzukriegen?«
    … Nicht ich allein. Die Maschinen helfen mir dabei. All die Zeit, die wir gemeinsam verbrachten, hat ein enges Band zwischen uns geschaffen, zwischen dem Beherrscher der Musik und der furchtbaren Macht
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