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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Experimentbefunden über eine Anwendung auf relativ partikuläre politische Großereignisse direkt zu einer allgemeinen Theorie der ›Öffentlichen Meinung‹ kommen zu wollen.
    Diese Erkenntnis ist so bedeutend, daß ich Ihnen empfehle, noch einiges in der Bibliothek nachzuschlagen – nehmen Sie dies als Großbeispiele systemimmanenten Abkupferns« – wieder gab er die Titel ein, grün flammten sie, während er sie langsam ansagte -: »Noetzel, Dieter: Über einige Bedingungen des Erwerbs politisch-ideologischer Deutungsmuster. Kritische Anmerkungen zur Theorie der Schweigespirale, in: Oberndörfer, D. (Hrsg.): Wählerverhalten in der Bundesrepublik, Berlin 1978, Seiten 215-263. Weiters zur methodologischen Kritik der ›Anwendung der Schweigespirale‹ – wir haben gesehen, wer diese Kritik zuerst anbrachte! – Atteslander, Peter: Ist Medieneinfluß bei Wahlen meßbar?, in: Media Perspektiven 9/1980, S. 597-604. Ich …« – D’Ummél wandte sich wieder um – »erspare mir festzustellen, welcher Name auch in diesen Abhandlungen nicht vorkommt. Und ich erspare Ihnen weitere Literaturhinweise, die wissenschaftliche Aufrichtigkeit des 20. Jahrhunderts schien hinlänglich belegt: quod erat demonstrandum, unter anderem.
    Wir kommen zum Schluß.
    Wir kommen zur Frage:
    Welche Folgerungen zog Baron Dr. Viktor von Frankenstein aus allen seinen Forschungen, Untersuchungen, Bemühungen um ein durchdringendes Verständnis des Begriffs ›Öffentliche Meinung‹? Die große Komplexität und Verschiedenartigkeit der öffentlichen Meinungsbildung machten ihm zunächst klar, daß es müßig ist, nach der ›Öffentlichen Meinung‹ zu suchen. Das hieß für ihn, den scharfen Denker, aber nicht, daß der Begriff ›Öffentliche Meinung‹ aufzugeben sei! Im Gegenteil: Er war der erste, der klar erkannt hatte, daß die Prozesse der öffentlichen Meinungsbildung eine soziale Realität darstellten – auch wenn ihm gewissenlose Recycler von Ideen den Entdeckerruhm vorenthielten.
    Die nachmalige Industriegesellschaft war zeit ihres Bestehens der Meinung, daß sie für ihr Funktionieren unerläßlich wäre, für sie bestand – nicht zuletzt ist das einer der Gründe für ihr unrühmliches Ende! – die Hauptfunktion der ›Öffentlichen Meinung‹ – trotz Frankenstein! Wie erbärmlich sie sogar gestohlen haben! – in der Unterstützung einer umfassenden gesellschaftlichen Integration. Gerade gegen diese Erkenntnis aber hatte sich Frankenstein mit den besten Gründen der Welt ein wissenschaftliches Leben lang verwahrt: Für ihn und seine Arbeit stellte sich diese ›Öffentliche Meinung‹ geradezu als das Gegenteil heraus – nämlich als Ermöglichung einer umfassenden gesellschaftlichen Intrigation!
    Abgeschmacktestes Epigonentum im Bereich der sozialen Wissenschafter gingen an dieser bedeutendsten Erkenntnis Frankensteins achtlos vorbei – gingen an dem Mann inhaltlich – nicht was das Stehlen anbelangte! – gingen an dem Manne inhaltlich vorbei, der als der erste diese gesamtgesellschaftlichen Funktionszusammenhänge aufzeigte.
    Ja, die Ergebnisse, die er auf diesem ihm eigentlich fremden Gebiet erzielte, wurden geradezu in ihr Gegenteil pervertiert.
    Bis zu seinem Auftreten bezogen sich alle Überlegungen meist auf theoretische Modelle politischer Systeme und beschränkten sich damit auf normative Aussagen, wie die ›Öffentliche Meinung‹ in solchen idealen Gesellschaftssystemen wirken sollte.
    Frankenstein hat diese normative Tradition als überholt entlarvt: Es ist und bleibt sein unschätzbarer Verdienst, gezeigt zu haben, wie die sozialen Rahmenbedingungen der Prozesse öffentlicher Meinungsbildung aufgrund exakter Beobachtungen der gesellschaftlichen Realität nicht nur beschrieben und anhand eines empirisch fundierten theoretischen Modells analysiert werden müssen, sondern er hat auch versucht –, welche Wege zur Umschiffung dieser ›Öffentlichen Meinung‹ gangbar erschienen.
    Dr. Viktor Frankenstein ist damit bis an die Grenze der Theorie gegangen, und wie sein Kollege Sherlock Holmes hat er als gewissenhafter Wissenschaftler über seine Theorien erst Endgültiges gesprochen, wenn er sie auch beweisen konnte.
    Seine unsterblichen Leistungen also waren:
    ● Er hat als wichtigste Anforderung an jegliche ›sozial-ökonomische Theorie‹ der ›Öffentlichen Meinung‹ die Realitätsnähe in der Erfassung des sozialen Umfeldes erkannt.
    ● Er hat aufgedeckt, daß eine Reduktion des empirischen
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