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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah
Autoren: Stef Penney
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Arsch . Wie kann er es wagen … Scheiße, ich bringe ihn um!«
    Ihre Stimme bebt vor Zorn. Tränen glitzern bedrohlich in ihren Augen.
    Ich schüttle noch einmal den Kopf. Sie wird ihn nicht umbringen. Mich beschleicht der Gedanke, dass das unmöglich wäre.

61
    Ray
    Als ich nach Hause komme, mixe ich mir einen starken Drink. Einen Wodka Tonic. Den brauche ich, auch wenn ich ihn mir nicht verdient habe. Ich bleibe sitzen, ohne das Licht einzuschalten, sehe die Züge vorbeifahren, deren Licht heller wird, während der Tag verblasst, und höre Flugzeuge über mir: ein monotones, schrilles Lärmen, an das ich mich anfangs nicht gewöhnen konnte, das ich nun, wenn ich längere Zeit woanders bin, vermisse.
    Ich höre den Anrufbeantworter ab. An den Tagen, an denen ich im Krankenhaus bin, bringt mich Andrea auf den neuesten Stand. Hen hat gesagt, das könne sie sich eigentlich schenken, aber sie macht es trotzdem. Die gute Andrea; ich kann hören, wie sie mit dem Stift die einzelnen Punkte auf ihrer Liste abhakt.
    »Hi, Ray. Heute gibt es nicht viel zu berichten. Hen hat sich um das Porter-Geld gekümmert; bisher nichts Neues. Ein paar Anfragen in Ehesachen. Und ein DI Considine hat angerufen. Könntest du dich bei ihm melden, wenn du einen Moment Zeit hast?«
    Zuverlässig wie sie ist, gibt sie auch die Nummer durch. Eine Privatnummer.
    Ich höre seiner Stimme an, dass etwas passiert ist.
    »Gibt es etwas Neues?«
    »Ja … kann man so sagen.«
    »Eine Identifizierung?«
    »Nein. Aber Hutchins hat mich heute angerufen. Sie ist aus dem Urlaub zurück.« Er klingt seltsam zögerlich.
    »Und?«
    »Nun, sie sagt, es handle sich um die Leiche eines jungen Mannes, etwa fünfzehn Jahre alt, deutlich unterentwickelt.«
    »Die Leiche vom Black Patch?«
    »Ja.«
    »Die mit den Holzblumen.«
    »Das ist die einzige, von der ich weiß.«
    »Die Leiche vom Black Patch ist ein Junge?«
    »Ja. Ganz schöne Überraschung, was? Anscheinend sind die Ergebnisse ziemlich eindeutig. Hutchins sagt, die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich irrt, liegt nur bei drei Prozent.«
    Ich lege den Hörer ans andere Ohr, um mir Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. Das ist sehr präzise und sehr aufschlussreich, denke ich. Seltsamerweise überkommt mich ein Glücksgefühl.
    »Ray? Sind Sie noch da?«
    »Klar. Aber ich dachte, bei jungen Skeletten könne man sich nicht sicher sein. Ich dachte, sie seien schwierig zu bestimmen.«
    »Hutchins scheint sich jedenfalls ziemlich sicher zu sein. Sie haben die Beckenknochen gefunden und zusammengesetzt. Den Schädel auch.«
    »Hat sie erklärt, was sie mit ›unterentwickelt‹ meint?«
    »Er hat wahrscheinlich jünger ausgesehen, als er tatsächlich war. Klein und leicht gebaut. Möglicherweise hat er an einer Krankheit gelitten, die die Entwicklung verzögert. Und die andere Sache ist – es gibt keine offensichtliche Todesursache.«
    »Verstehe.«
    Ich warte. Worauf, weiß ich nicht.
    »Tut mir leid, mein Freund.«
    Ich hänge ein. Trinke den Wodka in einem Zug aus. Dann rufe ich Gavin an. Es dauert ewig, bis ich ihn erwische – die Babysitterin informiert mich, er sei ausgegangen, also muss ich warten, bis er nach Hause kommt. Er ist nicht sonderlich erfreut, als ich ihn um halb zwölf anrufe, aber zum Glück bereit, mit mir zu sprechen.
    Als ich zwanzig Minuten später auflege, weiß ich, dass ich nicht ins Bett gehen werde.
    Sie klingt argwöhnisch und gereizt.
    »Mein Gott, es ist nach Mitternacht!«
    »Haben Sie geschlafen?«
    »Nein.«
    »Das dachte ich mir. Ich habe darüber nachgedacht, was heute passiert ist. Und ich … könnte ich zu Ihnen kommen? Ich muss Ihnen etwas erzählen.«
    »Jetzt? Es ist mitten in der Nacht!«
    »Ich weiß. Vielleicht hat noch irgendetwas geöffnet, ein Café oder so. Bei Ihnen in der Nähe?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Na, dann muss es eben warten. Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe.«
    Ein Seufzen.
    »Schon gut. Ich kann ohnehin nicht schlafen … Tennyson Way Nummer 24. Da wohne ich, aber das wissen Sie ja schon, oder?«
    Lulu hat eine Kanne Tee aufgegossen und auf einem Tablett ins Wohnzimmer getragen. Der Raum ist klein, aber sehr ordentlich. Sie hat noch ihre Kleidung von untertags an. Ich habe mich umgezogen. Und geduscht.
    »Und, was ist so wichtig?«
    Unterwegs habe ich überlegt, wie ich es ihr am besten beibringen soll. Und bis jetzt keine Lösung gefunden.
    »Das hört sich jetzt sicher verrückt an …«
    Sie lehnt sich in ihrem Sessel zurück und zündet
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