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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
Autoren: Clark Ashton Smith
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Die unentdeckte Insel
    Ich weiß nicht, wie lange ich in dem Boot umhergetrieben bin. Mehrere Tage und Nächte sind es, an die ich mich nur als abwechselnde Unendlichkeiten aus Grau und Dunkelheit erinnere. Danach folgten eine traumhafte Ewigkeit des Deliriums und ein Fall ins ungewisse, pechschwarze Vergessen. Das Meerwasser, das ich schluckte, muss mich ins Leben zurückgerufen haben, denn als ich zu mir kam, lag ich auf den Planken des Bootes und hielt den Kopf ein wenig übers Heck, während ein Schwall Meerwasser gegen meine Lippen platschte. Ich keuchte und würgte von den Schlucken, die ich eingeflößt bekam. Schwer wogte das Boot, wobei mit jedem Stoß weiteres Nass über das Dollbord schlug, und nicht weit entfernt hörte ich das Donnern einer Brandung.
    Ich versuchte mich aufzusetzen, was mir nach einer ungeheuerlichen Anstrengung auch gelang. Meine Gedanken und Empfindungen waren eigenartig verworren und ich fand es schwierig, mich in irgendeiner Art und Weise zu orientieren. Ein extremer Durst überlagerte alle anderen Empfindungen – mein Mund brannte von rasendem, pochendem Feuer, mir war schwindelig und der Rest meines Körpers seltsam schlaff und hohl. Es fiel mir schwer, mich darauf zu besinnen, was geschehen war, und für einen Augenblick wunderte ich mich nicht einmal über die Tatsache, dass ich mich allein im Boot befand. Doch selbst meinen gelähmten, unsicheren Sinnen hatte das Tosen jener Brecher eine deutliche Warnung vor Gefahr vermittelt. Noch während ich mich aufsetzte, suchte ich nach den Riemen.
    Die Riemen waren verschwunden. In meinem geschwächten Zustand war es ohnehin nicht sehr wahrscheinlich, dass ich sonderlich viel Gebrauch von ihnen hätte machen können. So schaute ich mich jetzt um und sah, dass das Boot rasch mit dem Lauf einer Strömung zum Ufer hin getrieben wurde. Es glitt zwischen zwei tief im Wasser gelegenen dunklen Riffen hindurch, die halb verborgen zwischen wehenden Schleiern aus Gischt lauerten.
    Eine steile und kahle Klippe ragte vor mir auf. Doch als das Boot sich ihr näherte, schien sie sich auf wunderbare Weise zu teilen – und offenbarte einen engen Spalt, durch den ich in die spiegelglatten Gewässer einer stillen Lagune getrieben wurde. Der Übergang von der rauen See hinein in ein Reich geschützter Stille und Abgeschiedenheit gestaltete sich nicht weniger abrupt als der Wechsel von Ereignissen oder Szenen in manchen Träumen.
    Die Lagune wand sich lang gezogen und schmal zwischen flachen Ufern, die von einer mehr als tropischen Vegetation gesäumt wurden. Zahlreiche Palmfarne gab es hier, von einer Art, die ich nie zuvor gesehen hatte, und viele starre, riesengroße Cykas und breitblättrige Gräser, höher als junge Bäume. Schon in diesem Moment wunderte ich mich sehr darüber, wenngleich ich, während das Boot langsam auf den nächstgelegenen Strand zutrieb, hauptsächlich mit dem Klären und Sortieren meiner Erinnerungen beschäftigt war. Das bereitete mir mehr Mühe, als man meinen sollte.
    Nach wie vor muss mir schwindlig gewesen sein. Das Meerwasser, das ich ungewollt getrunken hatte, nahm sicher keinen besonders positiven Einfluss auf meinen Körper, wenngleich es auch dazu beigetragen hatte, mich wiederzubeleben.
    Ich erinnerte mich natürlich, dass ich Mark Irwin war, erster Maat des Frachters Auckland, der regelmäßig zwischen Callao und Wellington verkehrte. Und ich entsann mich auch nur zu gut an die Nacht, in der Kapitän Melville mich buchstäblich aus meiner Koje gerissen hatte, vom traumlosen Meeresgrund eines hundemüden Schlummers empor, und rief, das Schiff stünde in Flammen. An die brüllende Hölle aus Feuer und Rauch erinnerte ich mich, durch die wir uns auf Deck hinaufkämpften – nur um festzustellen, dass das Schiff schon nicht mehr zu retten war, weil das Feuer das Öl erreicht hatte, das einen Teil der Fracht darstellte … danach das eilige Wassern von Booten im sich ausweitenden Schein der Feuersbrunst. Die halbe Mannschaft war auf dem brennenden Vorderdeck eingeschlossen. Jene von uns, die dem Feuer entkamen, waren gezwungen, ihr Heil ohne Wasser und Proviant in der Flucht zu suchen.
    Tagelang ruderten wir in Totenstille dahin, ohne ein Schiff zu Gesicht zu bekommen, und erlitten die Qualen der Verdammten, als ein Sturm heraufzog. In diesem Unwetter gingen zwei der Boote verloren und nur das dritte, welches mit Kapitän Melville, dem zweiten Maat, dem Bootsmann sowie mir selbst bemannt war, überstand die
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