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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt
Autoren: Nagel
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liebeskranke Heini aus Berlin hat gewütet und alles vernascht, was nicht bei drei auf den Bäumen war, wird Flo denken, wenn er davon erfährt. Erfahren wird er es auf jeden Fall, auf dem Dorf spricht sich so was ja schneller rum, als man »Promiskuität« sagen kann.
    Marie hat zu Ende erzählt und wartet auf eine Reaktion von mir. Ihre Brüste heben und senken sich unter ihrem Weinköniginnenkleid, ihre Krone blitzt und blinkt im Neonlicht der Bierbude.
    Ich frage sie, ob ich die Krone mal berühren darf.
    Sie lacht und sagt Ja.
    Ich fasse ihr vorsichtig ins Haar. Ich muss ein Auge leicht zudrücken, um nicht danebenzugreifen. Ihr Haar ist ganz weich. Sie lächelt. Ich lächle auch.

17
    Um mich herum stehen große schwarze Bäume. Es ist dunkel.
    Ich liege auf einer Bank. Richte mich auf und setze mich hin.
    Vornübergebeugt würge ich einen Schwall Flüssigkeit ins Gras und lege mich ächzend zurück auf das harte Plastik.
    Mir ist schlecht. Mir ist kalt.

    Es fühlt sich an, als würde das Auto direkt an meinem Ohr vorbeifahren. Ich liege jetzt in Embryonalstellung auf der Bank. Es dämmert. Die Bank ist rot. Der Wind streicht geräuschvoll durch die Bäume. Meine Klamotten sind klamm. Ich friere. Mein Mund fühlte sich an, als wäre er von innen mit einer alten Rosshaardecke ausgelegt worden. Irgendjemand hat einen Backstein in meinen Kopf gelegt.
    Schemenhaft zeichnen sich verschiedene Gegenstände vor mir ab. Eine Schaukel. Eine Wippe. Ein kleines Häuschen mit einer Rutsche.
    Ich bin auf einem Kinderspielplatz gelandet.
    Mühsam setze ich mich hin und lege den Kopf in die Hände. In meiner Brust zieht sich alles zusammen und entlädt sich Sekunden später als bellender Husten. Ein süßer Klumpen Schleim schießt mir aus dem Hals in den Mund. Ich spucke ihn in den Sand.

    Hinter mir befindet sich eine kleine Straße. Leises Plätschern. Zwischen meiner Parkbank und der Straße gibt es nur eine schmale Hecke. Ich linse hindurch. Ein Vorgarten mit kleinem Teich. Zwischen den Pflanzen glüht das matte Licht von Solarlampen. Auf den Fensterbänken dunkel schimmernde Katzen aus Keramik.
    Ich schaue an mir herunter. Die seltsamfarbigen Flecken auf den Schuhen und am Hosenbein riechen nach einer Mischung aus Gin, Wodka, Bier, Wein und Magensäure, garniert mit den rotbraunen Splittern gebrannter Mandeln.
    Als ich mir mit feuchten Fingern den Schlaf aus den Augen reibe und dabei meine Nase berühre, durchfährt mich ein stechender Schmerz. Unter der Nase fühlt es sich krustig an.
    Gibt es für den Bereich zwischen Nase und Oberlippe eigentlich einen Namen?
    Und wieso habe ich Kotze am Bein und getrocknetes Blut im Gesicht?
    Â 
    Da war irgendwas mit der Weinkönigin.
    Ach ja. Marie aus Sörz. Ich meinte irgendwie, ich müsste mit ihr schlafen, und wir haben so ein bisschen rumgeschäkert. Das war aber alles ganz harmlos. Ich hab nur gefragt, ob ich mal ihre Krone berühren darf. Sie hat gelächelt und Ja gesagt, und aus heiterem Himmel, wie aus dem Nichts, ist dieser Kerl aufgetaucht. Hat sich zwischen uns gedrängt und so was gesagt wie: »So, Marie. Zeit zu gehen.«
    Da erst fiel mir auf, dass es der Typ mit dem Asterix-Schnäuzer war. Der, der am früheren Abend schon mal die Frau vom Wurststand zusammengeschissen hatte. Eine Art selbst ernannter Ordnungshüter. So’n Aktivbürgerarschloch.
    Ob das ihr Vater war?
    Der Onkel oder Nachbar?

    Hauptsache nicht ihr Freund, das wäre wirklich eklig.
    Jedenfalls packte er sie grob am Arm. In der anderen Hand hatte er einen dieser aufblasbaren Spongebob-Gummiknüppel. Der Trostpreis an der Losbude. Passt ja ganz gut, dass dieser Trottel mir den Hauptgewinn streitig machen will, dachte ich, und so habe ich ihn dann auch genannt: »Trottel.«
    Asterix sah mich feindselig an. Er war mindestens so voll wie ich, er schielte schon auf einem Auge. O Gott, dachte ich, wenn ich genauso aus dem Maul stinke wie dieser Idiot, dann wird das mit der Weinkönigin heute sowieso nichts mehr.
    Dann haben wir uns ein bisschen angepöbelt. Ich weiß noch, dass er mich »Birnenpflücker« genannt hat, was ich ziemlich lustig fand.
    Â»Nimm deine Wichsgriffel weg, du Pissnelke«, antwortete ich. Den Spruch habe ich wahrscheinlich das letzte Mal vor zwanzig Jahren auf dem Schulhof gebracht.
    Asterix sagte, er werde mich gleich ungespitzt in den
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