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Was gewesen wäre

Was gewesen wäre

Titel: Was gewesen wäre
Autoren: Gregor Sander
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sein?«
    »Na, mit euch, was wird nun werden?«
    »Ich habe dich schon verstanden«, sagt Margarete und deutet auf einen Pfeil, auf dem »Horgoš« steht. Das Dorf besteht aus einer langen Straße mit Häusern zu beiden Seiten. Sie sind grauer als die in Deutschland und quadratisch, mit roten spitzen Dächern. Astrid gefallen die Strommasten, die am Straßenrand stehen und auf deren Kabeln die Schwalben sitzen.
    »Tja, wo sind denn nun unsere Abenteurer?«, sagt Margarete und hockt sich neben dem Auto auf einen Stein. Das Gras steht hoch neben ihr. Als Astrid sich dazusetzt, sagt sie noch: »Julius und ich hatten ein paar schöne Tage in Hamburg. Ich habe meine Ausstellung aufgebaut und bei ihm gewohnt in dieser Wahnsinnsvilla, die er von seinem Vater geerbt hat. Man kann die Elbe sehen, und ab und zu kommen seine vielen Kinder vorbei, und es sieht dort aus wie in der Villa Kunterbunt.«
    »Aber du willst nicht seine Pippi Langstrumpf sein?«, fragt Astrid und bereut es sofort.
    »Hättest du etwas dagegen?«, fragt Margarete, ohne sie anzusehen, und dann springt sie auf und winkt. Die vier Männer sitzen auf dem leeren Anhänger eines grünen alten Traktors, der klappernd die Dorfstraße entlangfährt. Direkt auf sie zu.
    Sie springen ab, und Józef ruft dem Fahrer etwas zu. »He was Hungarian. A Hungarian Serb«, sagt er begeistert, und Margarete ruft laut: »Ja, wir sollten sie uns alle einverleiben. Die Ungarn hier und die in Rumänien, die in der Slowakei, und wo wohnen noch welche? Es lebe Großungarn!« Józef sieht sie an, so wie man ein Kind ansieht, das offensichtlich etwas Blödsinniges macht, und dann steigt er wieder durch die Kofferklappe hinten ins Auto, setzt sich in den Schneidersitz und guckt in die langsam untergehende Sonne. Margarete knallt die Klappe zu.
    Paul nimmt Astrid in den Arm, küsst sie, sie kann seinen Schweiß auf dem Gesicht schmecken. »Das war wirklich toll«, sagt er. »Der Józef hat ganz schnell einen Weg gefunden, und wir sind keiner Menschenseele begegnet. Der ist wirklich ein besonderer Mensch.« Er küsst Astrid noch mal und klettert dann zu den beiden Brüdern nach hinten auf die Rückbank des Autos. Astrid steigt auch wieder ein, schiebt ihre Sonnenbrille hoch in die Haare und dreht sich auf dem Vordersitz nach hinten um. Sie muss lachen über Józefs Lotussitz, und Margarete neben ihr startet den Motor. »He is Buddhist. Kind of«, sagt sie. Paul lächelt selig: »Serbien. Dass ich das noch erleben darf. Serbien muss sterbien.« Astrid sieht ihn an, und Julius nickt zustimmend: »Hat schon Karl Kraus gesagt. Vor dem Ersten Weltkrieg.«
    »Ihr seid so Klugscheißer manchmal«, sagt Astrid.
    Dann gibt Margarete Gas.

Der Autor dankt dem Deutschen Literaturfonds
für die Unterstützung der Arbeit an diesem Roman.
    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
    © Wallstein Verlag, Göttingen 2014
www.wallstein-verlag.de
    Vom Verlag gesetzt aus der Stempel Garamond
Umschlaggestaltung: Susanne Gerhards, Düsseldorf
unter Verwendung einer Fotografie von Mareen Fischinger,
@ ullsteinbild – westend 61
Druck und Verarbeitung: Friedrich Pustet, Regensburg
    ISBN (Print) 978-3-8353-1359-0
ISBN (E-Book, pdf) 978-3-8353-2589-0
ISBN (E-Book, epub) 978-3-8353-2590-6

Gregor Sander
Abwesend
Roman

    Nominiert für den
Deutschen Buchpreis
2007
    156 S., geb.,
Schutzumschlag
ISBN 978-3-8353-0143-6
(2007)
    Gregor Sander ist einer der ersten, der für eine gesamtdeutsche Literatur steht. Große Kunst auf kleinem Raum
.
    Deutschlandfunk
    Schicht für Schicht legt »Abwesend« die Psychopathologien der Figuren frei, mal analytisch, dann wieder metaphorisch und anekdotisch. Andeutungen, Verknappungen und Zeitsprünge halten die Lektüre spannend
.
    Beate Tröger, Frankfurter Allgemeine Zeitung
    Mit dem Debüt »Abwesend« gelingt Sander ein berührendes Porträt der Wendegeneration mit ihren Problemen in der Gegenwart
.
    Berliner Zeitung

Gregor Sander
Winterfisch
Erzählungen

    Deutscher
Erzählerpreis
2013
    192 S., geb.,
Schutzumschlag
ISBN 978-3-8353-0843-5
(2011)
    Ein großartiges Buch!
Ernst A. Grandits, 3sat
    Ein hervorragender Erzählband, der einem, käme er aus Amerika, aus der Hand gerissen würde. Manche großen biographischen Stoffe erschließt man sich aus zwei Nebensätzen. … Ein
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