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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H.
Autoren: Thomas Ziegler
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gestürzt.
    Das erklärt auch, warum die Polizei keinen Abschiedsbrief gefunden hatte. Es war kein Unfall gewesen, kein Selbstmord – sondern Mord.
    Kaltblütiger Mord.
    »Ich muß telefonieren«, sagte er heiser. »Sofort.«
    Archimedes deutete auf das Telefon. »Bediene dich. Zahlt alles die Krankenkasse. Wen willst du anrufen? Sophie? Um ihr zu sagen, daß sie ihren Job doch nicht verliert?«
    »Nicht Sophie. Sondern die Polizei«, sagte Markesch.
    Er nahm den Hörer ab und wählte Enkes Privatnummer. Er mußte es lange klingeln lassen, bis am anderen Ende der Hörer abgehoben wurde. Aber er wurde abgehoben. Und Kriminalkommissar Enke war sehr interessiert an dem, was Markesch zu sagen hatte.
     
    Das Therapiezentrum Clean Life lag in einem langgestreckten Tal, das nicht einmal eine halbe Autostunde vom Haus der Hillings entfernt war. Die Hänge waren dicht bewaldet, als hätte das Waldsterben an den Hügelkämmen haltgemacht, und ein fast schon verdächtig sauberer Bach schlängelte sich entlang der kurvenreichen Zufahrtstraße durch die fast unberührte Landschaft und verschwand kurz vor einem hohen Metallgitterzaun, der die Weiterfahrt versperrte, im Unterholz.
    Das Tor war geschlossen und wurde von einem mürrisch dreinschauenden Mann bewacht, der es an Größe und Häßlichkeit ohne weiteres mit Herb, dem Riesenbaby, aufnehmen konnte. Im Hintergrund sahen einige Häuser zwischen hohen, dicht an dicht stehenden Nadelbäumen hervor, Fachwerkgebäude und umgebaute Scheunen. Auf einer Wiese direkt am Zaun waren ein Dutzend junge Leute damit beschäftigt, schwere Steine von einer Seite zur anderen zu schleppen, eine Tätigkeit, die in ihrer perfiden Sinnlosigkeit jedem Strafbataillon zur Ehre gereicht hätte.
    Vermutlich Teil der Rothschen Arbeitstherapie, dachte er. Kein Wunder, daß die Patienten reihenweise Selbstmord begingen. Steineschleppen statt Heroin. Das wird Enke bestimmt gefallen.
    Er ließ den Wagen bis dicht vor das Tor rollen und kurbelte das Seitenfenster hinunter.
    »Was wollen Sie?« fragte der Torwächter mit der Freundlichkeit eines Dampfhammers. »Das hier ist Privatbesitz. Sie können hier nicht durch. Und wenn Sie einen von den Patienten besuchen wollen, können Sie das gleich vergessen. Besuch ist keiner erlaubt.«
    »Ich habe eine Verabredung mit Doktor Roth. Ich komme vom Landschaftsverband Rheinland. Es geht um die Zuschüsse, die er beantragt hat. Der Chef hat sie endlich genehmigt, und ich brauche vom guten Doktor ein paar Unterschriften, damit die Millionen überwiesen werden können.«
    Markesch schenkte ihm ein zähnebleckendes Grinsen.
    »Aber wenn es Ihnen nicht paßt, verschwinde ich wieder. Kein Problem. Mir ist es völlig egal, ob der gute Doktor pleite geht und Sie Ihren Job verlieren. Ich bin nur der Bürobote.«
    Er legte demonstrativ den Rückwärtsgang ein.
    »He, warten Sie!« Der Koloß fuchtelte nervös mit den baumstammdicken Armen. »Ich konnte doch nicht wissen, daß Sie wegen dem Geld kommen. Das ist ja großartig, einfach wundervoll! Ich öffne sofort das Tor!«
    Das Tor schwang auf, und Markesch gab Gas.
    »Doktor Roth ist im Hauptgebäude«, rief ihm der Koloß nach. »Die Straße führt direkt hin. Sie können’s gar nicht verfehlen!«
    Markesch winkte, passierte die steineschleppenden Exjunkies und erreichte hinter der nächsten Biegung ein frisch gekalktes Fachwerkhaus mit einem angeberischen Schild aus goldbedampftem Metall an der Tür:
     
    Clean Life – Therapiezentrum – Ärztehaus.
     
    Vor dem Haus parkte Roths feuerwehrroter Porsche.
    Als er aus dem Wagen stieg, schwang die Tür auf und Doktor Roth erschien auf der Schwelle, so unerträglich gesund wie immer, in einem weißen Ärztekittel und mit saloppen Nike-Sportschuhen an den Füßen. Eine Mischung aus Verblüffung, Schrecken und Ärger huschte über sein Gesicht und verschwand eine Sekunde später unter der Maske eines professionellen Lächelns.
    »Markesch! Was führt Sie denn hierher? Warten Sie – natürlich, Sie wollen Ihren Scheck abholen!«
    »Ich dachte, Hilling würde mich bezahlen.«
    »Sicher, aber Sie wissen doch, daß der Oberst schwer krank ist. Keine Sorge, ich habe eine Vollmacht.« Er lachte nervös. »Irgend jemand muß sich schließlich bis zu Angelikas Rückkehr um alles kümmern. Kommen Sie mit in mein Büro. Ich schreibe Ihnen den Scheck sofort aus und …«
    Roth brach ab.
    »Warum sehen Sie mich so an?« fragte er irritiert.
    »Ich habe den Koffer«, sagte
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