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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H.
Autoren: Thomas Ziegler
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Archimedes um, der hinter den Tresen eilte, gleichzeitig Espressomaschine und Saftpresse bediente, eine Flasche Retsina entkorkte und zwischendurch auch noch Zeit fand, den Scotch vom Regal zu angeln. Als er nach einem Glas griff, hob Markesch gebieterisch die Hand.
    »Erspar dir die Mühe. Gib mir gleich die ganze Flasche! Dann bin ich für den Rest des Abends versorgt, und du kannst dich ganz deinen anderen Gästen widmen.«
    »Malaka!« fluchte der Grieche. »Willst du deine Gesundheit ruinieren? Und mich gleich dazu? Du hast in diesem Monat schon mehr Whisky getrunken als ein Ire in seinem ganzen Leben, und alles auf Kredit!« Er schob die Flasche über den Tresen. »Ston diabolo, ich hoffe nur, du bekommst bald einen neuen Fall, oder ich kann noch vor Weihnachten Konkurs anmelden.«
    »Na, das hoffe ich aber auch«, versicherte Markesch und fischte den Scotch vom Tresen. »Wenn das Regenbogen dicht macht, verliert die Privatdetektei Markesch das einzige Büro, das sie sich leisten kann, und damit wäre niemand gedient. Dem Scotch am allerwenigsten.«
    Mit einem selbstzufriedenen Lächeln wandte er sich vom Tresen ab, und sein Lächeln gefror.
    Laurel und Hardy standen in der Tür.
    Die Tatsache, daß alle Tische besetzt waren, hatte sie nicht abgeschreckt, und irgendwie hatte Markesch nicht das Gefühl, daß sie nur gekommen waren, um friedlich ein Täßchen Pfefferminztee zu trinken. Der magersüchtige Kleine stemmte die kurzen Arme in die Hüften, wippte auf seinen schätzungsweise fünfzig Zentimeter hohen Plateausohlen und starrte die hübschen Studentinnen am Ecktisch auf eine Weise an, die von Rechts wegen schon genügen sollte, ihn wegen sexueller Nötigung für zwei Jahre hinter Gitter zu bringen. Sein drüsenkranker Gorillafreund grinste derweil mit der Grausamkeit eines irren Kindes, das von seinen irren Eltern einen Satz Folterwerkzeuge zu Weihnachten geschenkt bekommen hat und es kaum erwarten kann, sie auszuprobieren.
    Markesch schob die Flasche Scotch an den Rand des Tisches bis zur Fensterbank, wo sie vor einer eventuellen Zuspitzung der Lage sicher war. Er erkannte Ärger, wenn er ihn sah, und die beiden sahen nach mehr Ärger aus, als allen Beteiligten guttun konnte.
    Laurel und Hardy marschierten durch das Spalier der Tische zum Tresen. Als sie an Markesch vorbeikamen, schlug eine Duftwolke über ihm zusammen, eine Mischung aus Veilchenparfüm und ranzigem Schweiß. Der magersüchtige Kleine lehnte sich an die Theke, wippte wieder auf seinen Plateausohlen, als wäre er in einem früheren Leben Eintänzer in einer Fischbratküche gewesen, und grinste Markesch frech an.
    »Na, Sportsfreund, wie läuft’s denn so?«
    »Es ist zum Davonlaufen«, knurrte Markesch und schenkte sich einen Whisky ein. »Aber keiner weiß, wohin.«
    Der Kleine lachte. Es klang wie das Meckern eines kastrierten Ziegenbocks. »Haste das gehört, Herb?« fragte er und stieß dem Großen seinen spitzen Ellbogen in die Seite. »Der Sportsfreund ist ein echter Komiker. So was trifft man heute nur noch selten.«
    Herb grunzte nur und starrte Markesch feindselig an. Offenbar mochte er keine Komiker.
    Markesch entschied, daß der Zeitpunkt gekommen war, sich verschärft mit den Nachrichten des Tages zu beschäftigen, und schlug den Express auf.
    Während er sich ohne rechte Begeisterung in den Artikel über die Schutzgeldmafia und die gesprengte Ring-Pizzeria vertiefte, wandte sich der Kleine an Archimedes.
    »Netter Laden, Meister«, meinte er mit unverhohlener Gier in der Stimme. »Floriert ja prächtig, was? Alles gerammelt voll. ’ne echte Goldgrube, oder?«
    »Es reicht gerade zum Leben«, sagte Archimedes. »Reich dabei wird nur das Finanzamt.«
    »Klar, Meister, klar, die Sprüche kennen wir. Haben wir schon oft gehört. Können wir gar nich’ mehr glauben.« Er stimmte wieder sein meckerndes Lachen an. »Aber ehe wir zum Geschäft kommen, schieben Sie mal zwei Klare rüber, und zwar flott!«
    »Tut mir leid«, sagte Archimedes kühl, »aber erstens wird nur an den Tischen serviert und zweitens haben wir keinen Klaren. Vielleicht versuchen Sie’s mal in der Spelunke nebenan. Natürlich können Sie auch draußen warten, bis einer der Tische frei wird, aber so, wie’s hier aussieht, kann das noch Jahre dauern.«
    Markesch grinste hinter seiner Zeitung, doch der magersüchtige Kleine war von Archimedes’ Ironie sichtlich überfordert.
    »Was soll das heißen, draußen warten?« fragte er aufsässig. »Ich hör’ wohl
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