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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H.
Autoren: Thomas Ziegler
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Markesch.
    »Den Koffer? Welchen Koffer?«
    »Sie hätten die Viertelmillion nicht unterschlagen sollen, Doktor. Es war nicht klug, all das viele Geld gegen Zeitungspapier auszutauschen. Wirklich nicht.«
    Roth begann zu schwitzen. »Ich verstehe kein Wort!« behauptete er dreist. »Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Und es war auch nicht klug, ihren ehemaligen Patienten Matthias Gronewold alias Bikshu Arupa aus dem Fenster zu stürzen.« Markesch schüttelte tadelnd den Kopf. »So etwas nennt man Mord, und Mord sieht die Polizei gar nicht gern.«
    »Sie … Sie müssen wahnsinnig sein! Wie können Sie es wagen, eine so ungeheuerliche Unterstellung …«
    Markesch packte ihn am Kragen seines Ärztekittels. »Es ist aus, Doktor«, zischte er. »Aus, verstehen Sie? Ich bin hier, um Angelika zu holen. Sie ist hier. Ich weiß es. Und Sie werden mich jetzt zu ihr führen, oder bei Gott, ich schlage Ihnen den Schädel ein. Haben Sie das verstanden? Ob Sie das verstanden haben?«
    Roth begann zu zittern.
    Er zitterte am ganzen Körper, er bebte, er schlotterte. Es war, als würden sich die Verspannungen und Verbiegungen eines ganzen Lebens in dieser einen Sekunde Bahn brechen. Sein soeben noch so rosiges, vor Gesundheit strotzendes Gesicht war jetzt fahl, verkrampft, um Jahre gealtert. Und in seinen Augen …
    Markesch fröstelte.
    Er ist verrückt, dachte er. Großer Gott, er ist wahnsinnig!
    »Sie verstehen das nicht«, flüsterte Roth. »Mann, Sie verstehen einfach nicht, um was es geht! Angelika ist krank. Krank. Begreifen Sie? Alle hier sind krank. Die Drogen haben ihren Verstand zerfressen, die Drogen haben sie zerstört, und ich bin der einzige, der sie retten kann. Ich merze alles Kranke in ihnen aus, ich merze das Kranke und Verfaulte und Verrottete in ihnen aus und mache neue Menschen aus ihnen. Sie kommen tot hierher und ich gebe ihnen das Leben zurück. Aber es gibt so viele Neider, wissen Sie, so viele, die nichts verstehen, die mich vernichten wollen, mein Werk zerstören …«
    »Sagen Sie das nicht mir«, knurrte Markesch. »Schreiben Sie ein Buch darüber, wenn Ihnen das hilft. Ich bin an Ihrer Geschichte nicht interessiert. Ich will Angelika. Wo ist sie?«
    »Sie wollen Angelika?« sagte Roth. Er atmete schwer, keuchend, wie ein alter Mann. »Aber Angelika ist krank. Ich muß sie heilen. Alles zerstören, was krank ist, und ihr dann neues Leben einhauchen.«
    »Sicher. Und nebenbei erleichtern Sie sie um ihr Erbe. Und dann? Wollten Sie sie auch umbringen? Wie Arupa?«
    »Ich habe ihn nicht umgebracht!« schrie Roth. Er wand sich in seinem Griff, aber Markesch hielt ihn unerbittlich fest. »Ich wollte doch nur mit ihm reden! Reden, verstehen Sie? Ich habe ihn gepackt und geschüttelt, nur geschüttelt, damit er endlich zuhört, und er riß sich los, riß sich einfach los, und da war das offene Fenster … Er stand zu nah am Fenster, verdammt, viel zu nah am Fenster! Ich wollte ihn nicht töten! Ich wollte ihm nur Angst machen, nur Angst …!«
    »Das können Sie alles der Polizei erzählen. Ich will jetzt wissen, wo Angelika ist. Sagen Sie es mir!«
    »Sie ist … im Haus drei. Am Ende des Weges. Sie ist im Haus drei. Sie ist ein schwerer Fall. Schwere Fälle gehören ins Haus drei. Sie können sie nicht mitnehmen! Sie ist …«
    Markesch ließ Roth los und rannte den Weg hinunter. Er hatte kaum zehn Schritte zurückgelegt, als hinter ihm ein Motor aufheulte und Roths Porsche mit quietschenden Reifen davonschoß, dem Tor entgegen. Aber er drehte sich nicht um. Roth würde nicht weit kommen. Dafür hatte er mit seinem Anruf bei Kommissar Enke gesorgt.
    Er erreichte das Ende des Weges.
    Haus drei mußte einst ein kleiner Stall gewesen sein, kaum größer als eine Garage. Es gab eine Tür, durch ein schweres Vorhängeschloß gesichert, und ein vergittertes Fenster mit undurchsichtiger Scheibe.
    Zorn kochte in ihm hoch. Eingesperrt wie ein Tier.
    Er rüttelte an der Tür, aber das Schloß gab nicht nach.
    »He, Sie! Sie da! Was machen Sie da?«
    Er fuhr herum. Ein Pfleger stürmte mit wehendem weißen Kittel auf ihn zu.
    »Sind Sie verrückt? Sie können da nicht rein! Das ist die Isolierstation! Wer sind Sie überhaupt? Wie kommen Sie …« Der Mann keuchte und starrte entsetzt auf die Magnum in Markeschs Hand. »Großer Gott!«
    »Haben Sie den Schlüssel zu der Tür?« herrschte ihn Markesch an. »Den Schlüssel! Antworten Sie!«
    Der Pfleger nickte. Er war aschfahl.
    »Offnen Sie!«
    Der Mann gehorchte.
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