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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H.
Autoren: Thomas Ziegler
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auf, brachte aber nur unartikulierte Laute hervor. Herb grunzte so entsetzt wie ein Mastschwein am Schlachttag.
    »Zehn Riesen?« kreischte Schorsch schließlich. »Woher sollen wir denn zehn Riesen nehmen? Sehen wir aus, als hätten wir zehn Riesen in der Tasche? Wir sind doch arme Knackis, Alter, total abgebrannte Knackis!«
    Terjung lachte häßlich. Offenbar gefiel ihm der Gedanke, daß er nicht der einzige sein würde, der für die Zerstörung des Cafés zahlen mußte. »Rück das Geld ruhig raus, Herb«, sagte er mit unüberhörbarer Schadenfreude. »Es hat keinen Zweck. Er weiß sowieso Bescheid. Er hat mitbekommen, wie ihr euch über euer Honorar unterhalten habt. Er weiß, daß jeder von euch zehntausend Mark in der Tasche hat.«
    Schorsch und Herb sahen Terjung an, als wollten sie ihn erschlagen, dann Markesch, dann die Magnum in Markeschs Hand. Die Magnum überzeugte sie. Resignierend warfen sie ihren Verbrecherlohn auf den Tisch. Pfeifend sammelte Markesch das Geld ein und ließ sich die gute Laune auch nicht durch die Blicke verderben, die ihm das Trio zuwarf, Blicke voller Haß und Mordlust.
    Sie waren lausige Verlierer.
    Dabei hatten sie noch verdammtes Glück gehabt. Manche Verlierer endeten mit einem maßgefertigten Betonschuh auf dem Grund des Aachener Weihers. Andere sprangen im fünften Stock aus dem Fenster. So gesehen waren die drei sogar Gewinner.
    Aber manche Leute, dachte Markesch, sind eben nie zufrieden.
    In seiner Tasche knisterten die fünfzigtausend hart, aber ehrlich verdienten Deutsche Mark. Das Knistern hörte sich gut an. Irgendwie versöhnlich, irgendwie …
    Weihnachtlich, dachte er. Es hört sich tatsächlich weihnachtlich an.
    Pfeifend ging er hinaus in den Sturm.

 
12
     
    »Ich faß’ es nicht!« sagte Archimedes zum hundertsten Mal. »Ich faß’ es nicht, ich faß’ es nicht, ich faß’ es einfach nicht!«
    Es klang wie ein Mantra.
    Markesch lehnte sich in seinem Besucherstuhl zurück und beobachtete wohlwollend, wie der Grieche in den Tausendmarkscheinen wühlte, die wie große müde Schmetterlinge auf seiner Bettdecke lagen. Durch das Fenster fiel das klare Sonnenlicht eines erstaunlich schönen Samstagmorgens, von keiner Regenwolke und keiner Sturmfront getrübt.
    »Fünfundzwanzig Riesen!« sagte der Grieche. »Ich faß’ es nicht. Aber wie hast du das geschafft?« Er warf ein paar Geldscheine in die Luft und verfolgte fasziniert, wie sie durch das Krankenzimmer flatterten. »Malaka, du hast doch nicht etwa zu irgendwelchen illegalen Methoden gegriffen, oder?«
    »Alles nur eine Frage der richtigen Verhandlungsstrategie«, erklärte Markesch. »Dynamik, Überzeugungskraft, Zähigkeit. Das ist das ganze Geheimnis.«
    »Und du bist sicher, daß das Café in Zukunft von Anschlägen und unerfreulichen Besuchen verschont bleibt?« Archimedes kniff in einem Anflug von Mißtrauen die Augen zusammen. »Du willst mich doch nicht mit diesem unverhofften Geldsegen beruhigen, und morgen geht eine Bombe im Regenbogen hoch, oder?«
    »Keine Sorge. Laurel und Hardy werden es nicht einmal wagen, an das Café auch nur zu denken, und Terjung hat jedes Interesse an weiteren Immobiliengeschäften verloren. Das Café ist gerettet, die Gerechtigkeit hat triumphiert und jeder von uns hat fünfundzwanzig Riesen in der Tasche.«
    Er rieb sich die müden Augen.
    »Unter diesen Umständen hätte es keinen Sinn, den Anwalt und die beiden Armleuchter anzuzeigen. Sie haben für ihre Verbrechen in harter Deutschmark bezahlt.«
    »Ganz deiner Meinung«, stimmte Archimedes sofort zu. »Unter diesen Umständen fühle ich mich auch spontan geheilt.« Um seine Worte zu bekräftigen, sprang er aus dem Bett und rannte zum Kleiderschrank. »Es ist zwar keine schlechte Klinik – gutes Essen, kompetente Ärzte und einfühlsame Krankenschwestern, die die Pflege der Patienten noch ernst nehmen – aber ich habe das Gefühl, daß ich im Café dringender gebraucht werde.« Er schlüpfte aus seinem seidenen Schlafanzug und zog sich an. Plötzlich hielt er inne. »Andererseits kassiere ich pro Tag dreihundert Mark Krankenhaustagegeld. Vielleicht sollte ich doch noch eine Weile bleiben. Schon um die einfühlsamen Krankenschwestern nicht zu enttäuschen.«
    Markesch warf ihm einen schrägen Blick zu, stand auf und trat ans Fenster. In der Ferne verdunkelte sich der Himmel. Offenbar zog eine neue Sturmfront herauf.
    »Was ist mit Roth?« fragte er. »Hast du etwas herausgefunden?«
    »Jede Menge«, nickte der
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