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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H.
Autoren: Thomas Ziegler
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für mich? Über Laurel und Hardy?«
    »Ich hab’ den Computer abgefragt. Und deine Beschreibung der beiden Personen trifft exakt auf Georg Krohler und Herbert Merk alias Schorsch und Herb zu, in der Szene auch als Duo banane bekannt. Zwei kleine Ganoven, die zur Zeit in Ossendorf sitzen. Raubüberfall auf einen Kiosk.«
    Markesch verbarg seine Enttäuschung. Verdammt, das hatte er schon von Ronnie dem Zwerg erfahren! Und das bedeutete, daß sie als Tatverdächtige endgültig ausschieden.
    »Die beiden haben in den letzten Wochen mehrfach Hafturlaub bekommen«, fügte Enke hinzu. »Eine von diesen sogenannten Resozialisierungsmaßnahmen.« Aus seinem Mund klang es wie eine Obszönität. »Von Rechts wegen sollten sie eigentlich in ihren Zellen verfaulen. Aber sie haben einen cleveren Anwalt. Mit einem guten Anwalt kann man heutzutage eine ganze Stadt ausrotten und bekommt dafür höchstens ein Bußgeld wegen Ruhestörung aufgebrummt.«
    Enke stieß Markesch an.
    »Vielleicht wäre das auch der richtige Rechtsverdreher für dich – bei deinem Job und deinem Lebenswandel brauchst du einen Anwalt noch dringender als deine tägliche Flasche Scotch!« Er lachte freudlos. »Der Mann heißt Terjung. Merk dir den Namen. Andreas Terjung.«
     
    Es gab Tage, an denen war das Leben auf Falltüren gebaut, die sich eine nach der anderen öffneten. Und wenn man glaubte, endlich festen Boden unter den Füßen zu haben und Licht am Ende des Tunnels zu sehen, dann verwandelte sich der Boden unversehens in Treibsand und das Licht in ein Irrlicht, das einen immer tiefer in den Sumpf der Lügen führte, aus dem es kein Entrinnen gab.
    Markesch saß in der Nähe des Stadtwaldes in seinem rostigen Ford, beobachtete Terjungs luxuriöse Villa, die sich mit Mauern, Hecken und Sträuchern vom Rest Köln-Lindenthals abkapselte, und philosophierte bei einer Flasche Scotch über die unerträgliche Dreistigkeit des Scheins.
    Was für ein Tag! dachte er fast bewundernd. Was für ein grauenhafter Tag!
    Ein Weihnachtsmann, der sich als Kidnapper seiner Halbschwester ausgab und – Falltür Nummer eins – doch nur ein betrogener Betrüger war, ein Entführer ohne Entführte, der keine Ahnung hatte, wo Angelika Hilling steckte.
    Ein Psychiater, der den selbstlosen Familientherapeuten spielte und – Falltür Nummer zwei – eine Viertelmillion Lösegeld unterschlug, mit dem eigentlich seine verschwundene Patientin freigekauft werden sollte.
    Ein Cafétier, der vorgab, bis zum letzten Blutstropfen gegen die Schutzgelderpresser kämpfen zu wollen, und der – Falltür Nummer drei – sein Café bei der erstbesten Gelegenheit an den nächstbesten Spekulanten verhökerte, Sophie um ihren Job und Markesch um sein Büro brachte.
    Zwei Kleinkriminelle, die angeblich in der JVA Ossendorf in einer Zelle saßen, aber – Falltür Nummer vier – jedes Wochenende Hafturlaub bekamen, um als Mafiosi getarnt die schmutzigen Geschäfte eines Immobilienspekulanten zu besorgen.
    Ein Sanyit, der im Café anrief und ihn sprechen wollte und – Falltür Nummer fünf – sich dem Gespräch per Sprung aus dem Fenster entzog.
    Und ein Anwalt, der als seriöser Hauskäufer auftrat und – Falltür Nummer sechs – planmäßig Terroranschläge auf das Café Regenbogen verübte, um den Kaufpreis um hunderttausend Mark zu drücken.
    Sechs Falltüren, dachte Markesch. Das ist zuviel für einen Tag. Selbst für ein ganzes Leben ist das zuviel.
    Deprimiert trank er einen Schluck Scotch und sah wieder zu der Villa hinüber. Terjung war zu Hause, aber er war nicht allein, wie die schattenhaften Gestalten hinter den zugezogenen Vorhängen verrieten. Drei Personen – die eine klein und mager, die andere groß und fett, die dritte unauffälliger Durchschnitt.
    Schorsch und Herb, die Schutzgelderpresser auf Hafturlaub, und ihr sauberer Anwalt. Wahrscheinlich feierten sie ihren Erfolg. Wahrscheinlich waren sie in großartiger Stimmung.
    Markesch schraubte die Whiskyflasche zu, verstaute sie im Handschuhfach und stieg aus. Ohne Eile, von einer kalten, bösen Entschlossenheit erfüllt, schritt er zum schmiedeeisernen Tor und drückte auf den Klingelknopf.
    »Ja?« drang eine plärrende Stimme aus der Wechselsprechanlage. »Wer ist da?«
    »Mein Name ist Markesch«, sagte er. »Ich komme vom Café Regenbogen. Ich soll den Kaufvertrag für das Haus abgeben.«
    Kurzes Schweigen. Dann: »Den Kaufvertrag? Ich dachte, er sollte erst am Montag … Sie haben es ja ziemlich eilig, was? Sieht ja
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