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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis
Autoren: Caroline Richter
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Kapitel 1
    Charles Dickens hätte den Weihnachtsabend nicht märchenhafter beschreiben können. Schnee, der genau am Vorabend vom Himmel gerieselt war, glitzerte im Laternenlicht von allen Dächern, Bäumen, Autos und Gehwegen. Die Sterne standen hoch im klaren, schwarzen Himmel und in den Straßen hallte Kinderlachen aus den Wohnzimmern der Häuser wider.
    In einer Wohnung war es jedoch recht still. Sie lag im Dachgeschoss und dort saß ein junges Mädchen in einem selbstgestrickten Pullover auf dem Sofa und las Weihnachtspost.
    »Haha, Mama, echt zum Totlachen«, murmelte sie, als sie ein in rotes Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen öffnete und zwei unechte Blütenketten und eine Bermuda-Shorts herausfischte.
Fröhliche Weihnachten von Hawaii! Wir hoffen, du hast auch ohne uns ein schönes Fest! Mama und Bernhard,
stand auf der beiliegenden Karte.
    Alleine zum Fest der Liebe – in den Augen ihrer Mutter war das sicher ein neuer Tiefpunkt.
    Doch Lea konnte sich ehrlich gesagt Schlimmeres vorstellen, als mit einer großen Tasse warmen Kakaos auf der Couch zu lungern und Geschenke auszupacken. Von ihrer Tante Elsa hatte sie den dicken Pulli bekommen, den sie trug, und auf dem vorne ein Rentier aufgestickt war. Lea war es unbegreiflich, wie man handwerklich so begabt sein konnte wie Elsa; sie hatte ihr lediglich einen neuen Terminplaner geschickt. Ihre beste Freundin Sally hatte ihr einen edlen Füller gekauft, den Lea mindestens eine halbe Stunde eingehend studierte, ehe sie fortfuhr, die Grußkarten ihrer Familie zu lesen.
    Ganz unten im Stapel wartete ein Paket, das erst an diesem Morgen mit der Post eingetroffen war. Es war kein Absender angegeben, weswegen sie besonders neugierig das Papier abzog.
Der Traummann zum Selberbacken,
stand in glitzernden Buchstaben auf dem Karton, der etwa so groß wie eine Cornflakes-Packung war.
    »Ach, Mama«, jammerte Lea und rollte mit den Augen. »Das kann nicht dein Ernst sein!«
    Auf der Rückseite war genau beschrieben, wie der Teig angerührt werden musste; sogar eine Backform mit der Figur eines Pfefferkuchenmannes war dabei. Kopfschüttelnd schob sie die Fertigmischung zusammen mit den anderen Geschenken und Postkarten ans andere Ende des Sofas und schaltete den Fernseher ein.
    Ja, sie war Single. Und ja, sie war es auch schon immer gewesen. Doch das war und blieb ihr Problem und partout nicht das ihrer Mutter.
    Lea dachte an den Wunschzettel, den sie gestern geschrieben und auf ihr Fensterbrett gelegt hatte. Klar, war es ein wenig albern, aber wenn man schon Heiligabend alleine verbringen musste, konnte man sich doch wenigstens einen Spaß mit sich selbst erlauben, oder?
    Wie auf magische Weise war das zusammengerollte Blatt Papier an diesem Morgen wirklich verschwunden gewesen, aber da sie immer mit offenem Fenster schlief, war daran wohl doch nicht so viel Magie beteiligt. Doch wer wusste es? Wenn schon nicht der Weihnachtsmann, dann meinte esvielleicht wenigstens das Schicksal im nächsten Jahr ein wenig besser mit ihr.
    Ein bisschen Hoffnung konnte jedenfalls nicht schaden und zu Weihnachten gelang das sogar der sonst eher praktisch veranlagten Lea.
    Noch einmal blickte sie zu dem Stapel von Briefen, aus dem die Traummann-Packung hervorlugte, ehe sie sie mit einem Seufzen und einem Augenrollen noch tiefer unter die Kissen trat. Wenigstens hatte sie damit etwas Unterhaltsames für den zweiten Weihnachtsfeiertag, wenn Sally mit ihrem Neuen zum Kaffee kam.
    Zwei Nächte über diesen Gedanken geschlafen, war sich Lea nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, dem glücklichen, neuverliebten Pärchen einen Ich-bin-so-dermaßen-Single-ich-bekomme-Traummannbackmischungen-geschenkt-Kuchen zu backen. Dumm nur, dass es kaum Alternativen gab.
    Sie konnte nicht wirklich sagen, wie es dazu gekommen war, aber offensichtlich hatte sie über die Feiertage hinweg sämtlichen weihnachtlichen Süßkram weggenascht; nur die Schachtel Kekse mit der Limetten-Ingwer-Füllung hatte sie verschont.
    Schicksal
, dachte sie,
das kannst du dir merken: Mein Traummann muss damit leben können, dass ich von Süßigkeiten lebe!
    Um ihre eigenen Backzutaten war es allerdings auch nicht besser gestellt: Drei tote und eine lebende Mehlmotte verrieten ihr, dass sie nicht mal ein Blech Muffins zaubern könnte. Also blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als den Spaß ihrer Mutter mitzuspielen und so, wie sie ihre Freundin Sally kannte, war sie für solche Albernheiten ohnehin zu haben. Und zur
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