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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition)
Autoren: Susan Wiggs
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Gerichtsentscheidung viele Menschenleben gerettet worden waren.
    Vielleicht später, dachte sie. Vielleicht würde sie im Sommer reisen und Max mitnehmen, auch wenn das bedeutete, dass sie die einwöchigen Festlichkeiten verpasste. Im Moment jedoch wollte sie die neue Nähe zu ihrer Familie genießen, die sie in Avalon gefunden hatte. Es hatte nicht den einen großen Moment gegeben, der alles verändert hatte. Vielmehr hatte sie einfach durch ihre Anwesenheit Stück für Stück eine Brücke zwischen sich und ihren Kindern gebaut. Anstatt wie früher für kurze Besuche vorbeizukommen, konnte sie jetzt in dem Wissen entspannen, dass sie alle Zeit der Welt hatte.
    Zeit. Langsam freundete sie sich auch mit dem Gedanken an, einen viel jüngeren Mann zu lieben. Sie war entschlossen, den Altersunterschied zwischen ihnen keine Rolle spielen zu lassen. Sie glaubte, je mehr sie sich in das neue Leben in dieser Gemeinde einfügte, desto weniger würde sie daran denken, dass Noah gerade auf die Highschool gekommen war, als sie ihr Juradiplom gemacht hatte.
    Sich in die Gemeinschaft einzufügen, ging sie genauso an, wie sie alles anging – indem sie einen Plan aufstellte und sich penibel daran hielt. So suchte sie zum Beispiel aktiv nach Häusern, die zum Verkauf standen. Eine weitere wichtige Komponente ihres Plans war das Schließen von Freundschaften. Sie hatte einige enge, wertvolle Freunde in ihrem Leben. Ihre Freundinnen vom College, die für sie da gewesen waren, als sie von ihrer ungeplanten Schwangerschaft überrascht worden war. Tariq aus Den Haag, dessen Humor und Anteilnahme ihr über die einsamen Zeiten ohne ihre Kinder hinweggeholfen hatten. Aber die waren jetzt alle so weit weg. In der Nähe hatte sie nur Gayle Wright. Wenn Sophie in Avalon bleiben wollte, musste sie ihren Freundeskreis erweitern. Aber wie? Sie hatte erkannt, dass sie hier nicht mit dem Denken der alten Sophie weiterkam. Die letzten paar Wochen hatten ihr gezeigt, dass hier andere Regeln galten. Früher oder später würde sie gute Freunde finden. Bis dahin würde sie einfach anfangen, Beziehungen zu knüpfen.
    Bislang hatte sie Hattie Crandall, der Besitzerin des Buchladens im Erdgeschoss des Hauses, in dem sich die Kanzlei befand, einen Kaffee mitgebracht. War mit Becky Murray ins Kino gegangen – Becky war die Frau, die Daisys Geburtsvorbereitungskurs geleitet hatte. Heute war sie mit Daphne McDaniel zum Lunch verabredet. Die Empfangsdame der Kanzlei war jung und hip. Es würde Sophie bestimmt nicht schaden, ein wenig Zeit mit jemandem wie ihr zu verbringen.
    Sie gingen in ein beliebtes Café am Markplatz, wo die biologisch-vegetarischen Speisen nach Charakteren aus
Der Herr der Ringe
benannt waren.
    „Ich nehme das Boromir-Sandwich“, sagte Sophie dem Mädchen hinter dem Tresen.
    „Du hast dir ja gar nicht alles angesehen“, meinte Daphne.
    „Bei ‚Boromir‘ hatten sie mich schon. Er ist so eine tragische Gestalt. Er hat seine Freunde betrogen und doch Erlösung gefunden, aber zu welchem Preis.“ Das Sandwich war bei Weitem nicht so dramatisch wie sein Name – Weizenpita mit Alfalfasprossen und Hummus.
    „Du klingst wie ein wahrer Tolkien-Fan“, merkte Daphne an.
    „Ich muss die Bücher noch mal lesen.“ Sophie erkannte mit Schrecken, dass ihre Ausgaben bestimmt schon ein Vierteljahrhundert alt waren. „Und du? Ich habe gesehen, dass du Robert Silverberg liest.“
    Daphne nickte. „Ich steh schon eine ganze Weile auf so Science-Fiction-Sachen. Einer meiner Exfreunde hat mich an das Thema herangeführt, und ich bin bei Silverberg und Theodore Sturgeon hängen geblieben.“
    Noah war auch Science-Fiction-Fan. Sophie beschloss, dem Genre eine Chance zu geben.
    „Exfreund?“ Sie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Daphne. „Hast du im Moment jemanden?“
    Daphne schüttelte den Kopf. Ihr Lächeln wirkte ein wenig sehnsüchtig. Sie war sehr hübsch, wie Sophie fand, allerdings fiel das auf den ersten Blick nicht gleich auf. Der Anime-Stil – neonpinke Strähnen im Haar, unbequem aussehende Piercings im Gesicht und glänzend schwarze Klamotten – überschattete ihre Schönheit. Sophie schalt sich insgeheim. Sie dachte wie eine Mutter, nicht wie eine Freundin oder Kollegin. Nicht wie jemand, für den das Alter nur eine Zahl war.
    „Es ist schon eine Weile her“, erklärte Daphne. „Ich … mein letzter Freund und ich haben vor ein paar Monaten Schluss gemacht. Oder nein, warte mal. Mein Gott, es ist schon acht oder
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